Vertragsbruch Konsequenzen für Model und Fotograf 20

8 years ago
Hallo Community,

heute ein paar grundsätzliche und spezielle Fragen rund um das Thema TfP-Shooting:

1. Das Model hat keine Kopie von dem Vertrag bekommen. Welche Folgen hat das?

2. Das Model hat also laut Punkt 1 keinen schriftlichen Vertrag und der Fotograf hat ihn verloren. Besteht der Vertrag noch bzw. welche Folgen hat das?

3. Das Model hat seit drei Jahren nicht seine Vergütung von zwei TfP-Shootings erhalten. Vertragsbruch? Wie lässt sich das mit Punkt 1+2 im Zusammenhang verstehen?

4. Der Fotograf hat auf allen bearbeiteten Bildern sein Logo, welches stark vom Bild ablenkt. Das Model möchte die Bilder ohne das Logo, aber bestätigt, dass der Fotograf namentlich genannt wird. Es bekommt sie nicht. Wer hat hier recht (wenn es keine Klausel im Vertrag dazu gibt, bzw. der Vertrag rechtswidrig ist)?

5. Der Fotograf hat auf seine Website die bearbeiteten Bilder ohne Logo (!) hochgeladen und macht Werbung mit den Fotos. Wenn der Vertrag, aus welchen Gründen auch immer, nicht gültig ist: Durfte er ohne nochmals eingeholte Erlaubnis diese Bilder überhaupt veröffentlichen?

6. Kein Vertrag. Das Model schlägt vor, einen Datenträger zu versenden, auf welchem nochmals alle Shootings mit allen Bildern im Raw-Format geladen werden. Der Fotograf verneint das für die ersten Shootings, wo das Model mit JPG-Dateien entlohnt wurde. Zum Teil wurden Bilder am Anfang auf CDs gebrannt, welche sich heute nicht mehr lesen lassen. Hätte das Model ein Backup machen müssen, und sind die vorangegangen Bilder der Shootings für das Model jetzt verloren?
6.a. Falls der Fotograf auf diesen Vorschlag eingegangen wäre, hätte er seine Urheberrecht abgetreten?

7. Darf das Model auch nachdem es entlohnt wurde diese Bilder in höherer Qualität vom Fotografen verlangen?

Falls ihr mir da weiter helfen könnte, wäre ich furchtbar dankbar!
[gone] User_209100
8 years ago
1. Das Model muss wohl zum Telefon greifen und den Fotografen um eine Kopie bitten. Oder gar nicht erst unterschreiben, dass es eine Kopie erhalten hat, wenn dem nicht so ist.
2. Neuen Vertrag aufsetzen, ansonsten Zeugen suchen, gerichtlich versuchen vorzugehen. Wird teuer.
3. Du meinst, das Model hat keine Bilder erhalten, wie im Vertrag, den es nicht gibt, festgehalten?
4. Kommt auf die erwähnten Klauseln im o.g. Vertrag an. Ich zum Beispiel erlaube keine Fremdbearbeitung im Normalfall und gebe nichts ohne Logo fürs Internet raus. Wenns stört, kann man die Rechte allerdings auch erwerben. Machen die meisten so.
5. Hier bin ich überfragt und würde dich an nen Anwalt verweisen.
6. Wieder kommts auf den Vertrag an. In der Regel geben Fotografen fertige Bildnisse in den Formaten Tiff, JPG, manchmal auch png raus. RAW ist eher der ganz seltene Ausnahmefall.
6a. Das Urheberrecht kann nicht abgetreten werden (gesetzlich).
7. Verlangen kann das Model viel. Ist wie in der Politik, fordern ist okay, obs dann auch dazu kommt, bleibt offen. Da würd ich auf nen freundlichen Dialog mit dem Fotografen hoffen und auch wieder den Vertrag konsultieren. Die meisten geben allerdings auf Nachfrage hochauflösendes Material raus, hatte jedenfalls noch nie das Problem.
 
8 years ago
Ich bin kein Jurist, insofern sind die folgenden Antworten mit Vorsicht zu genießen:
1. Nur der Fotograf weiß genau, was im Vertrag steht. Das Modell hat schlechte Karten, Vertragsinhalte einzufodern, weil es sie nicht beweisen kann.
2. Der Vertrag besteht zwar noch, hätte aber vor gericht keinen Bestand, da er nicht "als Beweismittel" zur Verfügung steht. De Fakto wurde ohne Vertrag geshootet.
3. Vertragsbruch: Ja. Im Zusammenhang mit 1+2: Pech gehabt...
4. ? So etwas sollte man vorher regeln.
5. Ohne gültigen Vertrag, kein Hochladen von Bildern. Verträge können auch mündlich geschlossen werden, die Beweislage ist dann aber schwierig...
6. Ja. Es sei denn, der Fotograf ist gnädig...
6a. Nein, die Bearbeitungserlaubnis müsste vereinbart werden. Ferner bleibt der Fotograf immer Urheber.
7. Dürfen tut es, ein Rechtsanspruch besteht meiner Ansicht nach nicht.
Gruß
Jens
8 years ago
Ich bin ja kein Jurist und darf daher keine Rechtsberatung machen. Der gesunde Menschenverstand sagt mir aber: Der Fotograf ist ein A...

zu 1. und 2. Die Folgen sid klar: Es lässt sich von keiner Seite beweisen, was im Vertrag steht. Es gibt nur Bilder, die beweisen, dass ein Shooting stattgefunden hat. Mir ist unverständlich, warum unter solchen Bedingungen offenbar mehr als ein Shooting stattgefunden hat. Das Fotomodell muss sehr dumm sein.

zu 3.-5. Das gehört zu den Folgen aus 1. und 2. Das ist alles schlecht beweisbar und somit bewegt sich auch der Fotograf auf dünnem Eis. Beispielsweise könnte das Modell fordern, die Bilder nicht mehr zu verwenden. Wäre ich dann Fotograf, würde ich mich mit dem Modell auf einen (neuen) Vertrag einigen.

zu 6. Intelligente Menschen machen Backups. Und wenn etwas nicht mehr lesbar ist, dann helfen sich vernünftige Menschen aus. Ich habe auch schon mal eine weitere CD verschickt, weil das Modell eine verloren hatte. Eine Verpflichtung besteht wohl nicht und wenn das Modell alle 3 Monate die Bilder verliert, würde ich das auch nicht lange mitspielen.
zu 6a. Natürlich NICHT.

zu 7. wie es im Vertrag vereinbart ist. Aber wenn keiner da ist, wo die Qualität geregelt ist ...
8 years ago
Danke für diese schnellen Antworten! Ich werde die Tage im Internet und Foren weiter nach Antworten und nach Präzedenzfällen suchen. Trotzdem hoffe ich auf eine sehr schlichte und friedliche Klärung. Falls noch mehr Leute Lösungen zum vorschlagen haben, immer her damit.

@Cat Mason: Bei deiner Antwort zu Punkt 3 musste ich ja selbst schmunseln ;)
Und bei Punkt 4: Wie erwerbe ich mir die Rechte?
8 years ago
Zu Deiner letzten Frage: in dem Du mit dem Modell eine passende schriftliche Vereinbarung triffst. Wenn das nicht möglich ist: Pech gehabt...
8 years ago
@Jens Homann: Ich bin nicht der Fotograf in diesem Fall. Aber danke für deine Antwort!
8 years ago
(Leicht offtopic) Bei Threads, in denen es darum geht, dass nach einem TFP-Shooting sich Model und Fotograf nicht gütlich einigen können und dann Rechtsfrage hochkommen, frage ich mich immer: Ist das einen Rechtsstreit wert? Ja, ist blöd, das so etwas passiert. Aber im Normalfall beschränkt sich doch der "Invest" eines Models in der Zeit und den Anreisekosten.
Lohnt es sich dafür, sehr viel mehr Energie, Zeit, Ärger und Geld in die Hand zu nehmen, um dann doch noch an die Bilder zu kommen? Ist es nicht viel einfacher, das unter "blöd gelaufen" abzuhaken und einfach ein neues Shooting mit einem anderen Fotografen auszumachen?
Das Risiko, dass Bilder nicht so toll werden wie ursprünglich erhofft, gibt es ja immer, und da kann man auch nicht gegen Klagen.

Daneben: Ich verstehe die Einstellung von Fotografen nicht, warum sie bei jemandem, mit dem sie erfolgreich zusammengearbeitet haben (da fpr den Fotografen brauchbare Bilder rausgekommen sind), danach so einen Terz veranstalten und mit den Bilder so rumzicken. Da sind doch die sozialen Kosten, sich den Ruf bei weiteren Models zu versauen, viel höher als der Aufwand, den man dadurch hat, dass man die Bilder nochmals dem Model gibt.

Zu den Fragen, kein Expertenwissen, sondern nur Laienwissen:

1. 2. 3. Ein Vertrag ist zustande gekommen und gilt. Das hat nichts mit der Auffindbarkeit des Stückchen Papiers zu tun. Das Problem ist hier die Beweisbarkeit. Wenn der Kläger nicht beweisen kann, dass es einen Vertrag gibt und was in dem Vertrag drin stand, hat er schlechte Karten.
4. Ohne Vertragsklausel vermute ich, dass es Ermessensspielraum des Richters ist, wie verfremdend das Logo wirkt und ob damit der Vertragsgegenstand (die Bildlieferung) so noch erfüllt ist. Einschränkungen zur Bildbearbeitung des Urhebers gibt es nur bei starker Verfremdung der abgebildeten Person, und das ist hier vermutlich nicht der Fall.
5. Guter Ansatzpunkt für das Model: Natürlich hat das Model Persönlichkeitsrechte, welches verbietet, dass jemand die eigenen Bilder ohne Erlaubnis veröffentlicht. Um zu beweisen, dass er das darf, muss er den Vertrag herausrücken, und damit hat das Model das beweisbare Recht, die eigenen Bilder zu fordern. Tut er das nicht, kann das Model Schadensersatz fordern. Ob die Bilder, die veröffentlicht wurden, auch so dem Model zustehen, hängt vom Vertrag ab. Je nachdem, wie risikofreudig das Model drauf ist, kann es das Bild von der Fotografenseite runterladen und dann gucken, ob der Fotograf Klage einreicht und wie er das begründet.
6. Wenn die CD irgendwann mal lesbar war, dann hat der Fotograf seinen Vertragsbestandteil erfüllt. Was das Model mit den Bildern macht, liegt nicht in der Verantwortung des Fotografen. Ob der Fotograf die RAWs liefern muss, hängt wieder vom Vertrag ab, aber aus meiner Erfahrung ist das seeeeehr unüblich, dass Fotografen sich dazu verpflichten, dem Model die RAWs zu geben.
6a. Nein. Wer Bilder auf einem Speichermedium hat ist vollkommen unabhängig von der Frage, wer Rechte daran besitzt. Wie schon gesagt: Urheberrecht hat IMMER der Urheber, Nutzungsrechte sind Verhandlungs- und Vertragssache. Aber nur weil ein Model die RAWs besitzt, verliert der Fotograf keine Rechte.
7. Hängt vom Vertrag und ohne entsprechende Klausel bei Klage vom Ermessensspielraum des Richters ab.
[gone] User_2972
8 years ago
Für mich die wichtigste Frage- Sind die Bilder gut? Meist sind sie den Ärger in derartigen Fällen nicht wert. 
Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob sowohl Fotograf als auch Model noch kleine Kinder sind .... das ganze Verhalten von beiden lässt darauf schließen. *Kopfschüttel*
8 years ago
Lösungsvorschläge :
1 : Das Model erhält endlich die Bilder aus dem Shoot, Model und Fotograf machen einen neuen Vertrag bei einer Tasse Kaffee und alles ist gut.
2: Model und Fotograf machen keinen neuen Vertrag. Der Fotograf hält sich an die gesetzlichen Regeln zu Fotografien von Personen. Das Model hat Pech und sieht keine Fotos.
3: Man klagt sich so durch die Instanzen ohne nennenswerten Erfolg.
[gone] schallkoerper fotografie
8 years ago
wenn die Bilder ernsthaft so wichtig sind: n richtigen Anwalt fragen. und das nicht in einem Forum. dafür muss man dann aber Lust haben sich echten Stress zu machen. 
#13
[gone] rs|f
8 years ago
Ich weiß nicht, aber manchmal hab ich den Eindruck einige hätten sich als Hobby lieber "Rechtsanwalt-leichtgemacht" ausgesucht, als Fotografieren...
Macht das Fotografieren Spaß oder überlegt ihr schon beim Knipsen, welche rechtlichen Folgen der Druck auf den Auslöser jetzt hat?
8 years ago
Die alten shoots einfach vergessen und bei neuen shoots vorher überlegen was man will. Sicher findet sich ein Knipser für jeden Vertrag :)  Ob der dann eingehalten wird .... 
8 years ago
Sehr viele, sehr interessante Meinungen!

Mittlerweile bin ich, auch dank der hilfreichen Antworten, zu diesen Ergebnissen gekommen:

1) Der Vertrag findet sich. Es wird geredet. Das Model bekommt die Fotos von den letzten zwei Shootings, je nach Vereinbarungen im Vertrag.

2) Es findet sich kein Vertrag. Beide benutzen die Bilder nicht für die Eigenwerbung und sonstige Zwecke und gehen getrennte Wege.

Merci
Die gesamte Fragestellung hört sich doch schon völlig verworren an:
1. Wieso hat das Model keine Kopie vom Vertrag bekommen? Hat der Fotgraf die Herausgabe verweigert oder hat sie den Vertrag liegen lassen oder verloren?
3. Welche Vergütung außer Bildern war denn vereinbart?
4. Also hat das Modell offenbar doch Fotos bekommen und stört sich an dem Logo?
5. Der Urheber bestimmt über die Verwendung seiner Werke.
6. siehe 5
8 years ago

1. Das Model hat keine Kopie von dem Vertrag bekommen. Welche Folgen hat das?

Rechtliche? Gar keine. Praktische? Das Model kann nicht im Vertrag nachlesen... Logisch irgendwie, oder.
2. Das Model hat also laut Punkt 1 keinen schriftlichen Vertrag und der Fotograf hat ihn verloren. Besteht der Vertrag noch

Selbstverständlich.
bzw. welche Folgen hat das?

Praktische, wenn's um die Beweisbarkeit von Vertragsinhalten geht. Der Fotograf könnte ohne freundliche Mithilfe des Models nicht mehr nachweisen, was im Vertrag vereinbart wurde.
3. Das Model hat seit drei Jahren nicht seine Vergütung von zwei TfP-Shootings erhalten. Vertragsbruch? Wie lässt sich das mit Punkt 1+2 im Zusammenhang verstehen?

"Vergütung" bedeutet sowohl im allgemeinen deutschen als auch im speziellen juristischen Sprachgebrauch "Geldzahlung für eine Leistung". Insofern gibt's bei TfP keine "Vergütung".
4. Der Fotograf hat auf allen bearbeiteten Bildern sein Logo, welches stark vom Bild ablenkt. Das Model möchte die Bilder ohne das Logo, aber bestätigt, dass der Fotograf namentlich genannt wird. Es bekommt sie nicht. Wer hat hier recht (wenn es keine Klausel im Vertrag dazu gibt, bzw. der Vertrag rechtswidrig ist)?

Wenn der Vertrag nichts dazu sagt, muss das Model sich mit dem abfinden, was der Fotograf rausgibt. Wenn der Vertrag "rechtswidrig" ist, ist er nichtig und nicht wirksam, dann hat keiner daraus irgendwelche Ansprüche. Logisch, oder?
5. Der Fotograf hat auf seine Website die bearbeiteten Bilder ohne Logo (!) hochgeladen und macht Werbung mit den Fotos. Wenn der Vertrag, aus welchen Gründen auch immer, nicht gültig ist: Durfte er ohne nochmals eingeholte Erlaubnis diese Bilder überhaupt veröffentlichen?

Sofern nicht einer der "Ausnahmetatbestände" des KunstUrhG - "Recht am eigenen Bild" - vorliegt, dürfen Fotos vom Model überhaupt nicht ohne Einwilligung des Models veröffentlicht werden. Eine Einwilligung liegt entweder vor, oder sie liegt nicht vor - "ein bißchen schwanger" gibt's nicht. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt.
Kein Vertrag.

Ist praktisch nicht möglich... Ein mündlicher oder konkludenter Vertrag wird immer vorliegen, wenn Fotograf und Model ein Fotoshooting miteinander machen.
Das Model schlägt vor, einen Datenträger zu versenden, auf welchem nochmals alle Shootings mit allen Bildern im Raw-Format geladen werden. Der Fotograf verneint das für die ersten Shootings, wo das Model mit JPG-Dateien entlohnt wurde. Zum Teil wurden Bilder am Anfang auf CDs gebrannt, welche sich heute nicht mehr lesen lassen. Hätte das Model ein Backup machen müssen, und sind die vorangegangen Bilder der Shootings für das Model jetzt verloren?

Es ist das einzuhalten, was vereinbart wurde. Wer seinen Krempel nicht ausreichend sichert, kann nur auf die freundliche Kulanz des anderen hoffen.
Ausnahme: der Urheber hat einen gesetzlichen Anspruch auf "Zugang zu Werkstücken".
§ 25 UrhG Zugang zu Werkstücken
(1) Der Urheber kann vom Besitzer des Originals oder eines Vervielfältigungsstückes seines Werkes verlangen, daß er ihm das Original oder das Vervielfältigungsstück zugänglich macht, soweit dies zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken oder Bearbeitungen des Werkes erforderlich ist und nicht berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen.
(2) Der Besitzer ist nicht verpflichtet, das Original oder das Vervielfältigungsstück dem Urheber herauszugeben.

Will sagen: das Model müsste dem Fotografen ermöglichen, sich Kopien der gelieferten Bilder zu machen (sofern das Model sie denn noch hat), es sei denn, dem stündigen "berechtigte Interessen" gegenüber, aber die würde man erstmal begründen müssen.
6.a. Falls der Fotograf auf diesen Vorschlag eingegangen wäre, hätte er seine Urheberrecht abgetreten?

Nach deutschem Recht ist das Urheberrecht nicht übertragbar (außer durch Vererbung).
7. Darf das Model auch nachdem es entlohnt wurde diese Bilder in höherer Qualität vom Fotografen verlangen?

Das Model darf genau das verlangen, was vertraglich vereinbart wurde.
#19
8 years ago
@TomRohwer:

Das kannst du in aller Kollegialität den Freunden hier bis zum Jüngsten Tag erklären, es scheint nicht zu helfen. Wo das Problem ist, vor einem Shooting einen einfachen Vertrag oder Model Release vorzubereiten, das von Fotograf und Model unterschreiben zu lassen, um es dann in 99,99 Prozent der Fälle wieder zu vergessen, habe ich noch nie verstanden. Dazu muss niemand Rechtswissenschaften studiert haben. Ein paar Grundkenntnisse zum Thema Bild- und Persönlichkeitsrecht reichen aus.

Ein Problem scheint zu sein, daß viele Leute unbedingt dreiundreißigtausendvierhundereinundachtzig Einzelfälle in ihrem Model-Release regeln wollen. Wahrscheinlich, weil sie nicht wirklich erwachsen geworden sind. Wer nackt modelt und ein Model-Release für Aktfotos unterschreibt, der muss damit leben, daß er nicht wirklich kontrollieren kann, in welchen Zusammenhängen diese Fotos vielleicht irgendwo mal verwendet werden.
Vielleicht liegt's auch daran, daß manche Models "eigentlich" gar kein Model-Release geben wollen, sondern am liebsten jedesmal einzeln gefragt werden möchten und obendrein die Möglichkeit haben möchten, alle 10 Minuten ihre Meinung dazu zu ändern, und daß dann das Internet abgeschaltet werden muss. Oder so.

Ein anderers Problem ist, daß sich erschreckend viele Menschen nicht ansatzweise klar sind, daß ihre Handlungen Konsequenzen haben.

Ich unterschreibe den Kaufvertrag für eine Waschmaschine? Oh... und die muss ich dann tatsächlich auch bezahlen? Was? Ein Vertrag hat auch eine Wirkung? Die Menschen in Deuschland sind durch 40 Jahre DDR und 50 Jahre bundesdeutschen "Verbraucherschutz" komplett entmündigt und infantilisiert worden. Heute geht unser Rechtssystem etwas überspitzt gesagt davon aus, daß ein volljähriger Verbraucher ungefähr die geistige Reife eines 3jährigen hat und deshalb vor allen Übeln der bösen Welt da draußen geschützt werden muss

Und dann kam das Internet, und jeder dritte meinte, einen Ebay-Shop aufmachen zu wollen, weil das so cool ist, und mancher stellte dann fest, daß er plötzlich Unternehmer war (ist ein Pay-Model übrigens auch! Immer!), und auf einmal all die schönen Verbraucherschutzrechte sich gegen ihn richteten. "Ja, dürfen die das denn wirklich?"

Pay-Models sind Gewerbetreibende, ergo Unternehmer. Und sollten sich verdammt noch mal endlich auch so verhalten.
Am allerwitzigsten bei diesen Diskussionen hier ist die Tatsache, dass es nicht um Projekte mit Stars hinter oder vor der Kamera geht, mit Megagagen und Bedeutung für den Markt. So in der Art Victoria´s Secret. Nein, es geht für das Gros der Fotografen und Models hier schlichtweg nur um ein Hobby. Wozu die Leute überhaupt seitenlange Verträge brauchen, wird mir ein Rätsel bleiben.

Das ging genau so lange gut, wie das höchste der Gefühle eine Veröffentlichung in einer der drei oder vier monatlich erscheinenden Fotozeitschriften war, und Otto Normal-Amateurfotograf im Leben nie eine Chance auf Veröffentlichung eines seiner Fotos hatte.
Heute haben wir die MK, jeder Dödel kann sich hier anmelden, und seine Fotos veröffentlichen. Und plötzlich braucht es Verträge und Kenntnis der Rechtslage. Ist wie mit den Ebay-Shops...

Ganz brutal gesagt, und ich weiß, daß das unfreundlich klingt, und ich fürchte, ich meine es mittlerweile auch unfreundlich:

Früher waren die Kinder auf dem Spielplatz, und die Erwachsenen haben das Erwachsenenleben gehabt. Heute dürfen die Kinder bei den Erwachsenen mitspielen - und damit fangen die Probleme an.

Klar kann man Vertragsausfertigungen verlieren. Verschlampen... Ist mir auch schon passiert. Dann muss man die Konsequenzen davon tragen. Daraus lernt man.
Unabhängig von schriftlichen Verträgen wäre Handschlagqualität angebracht. Besprochenes gehört eingehalten.

Da wären wir dann wieder bei den Erwachsenen. Die "hanseatischen Kaufmannstugenden" wurden von hanseatischen Kaufleuten entwickelt. Menschen, die vom Staat erwarteten, daß der einmal die groben Rahmenbedingungen für das kaufmännische Handeln schafft, und dann bitteschön die nächsten 50 Jahre die Füße stillhält.
Heute verabschiedet der Deutsche Bundestag in einer Legislaturperiode von 4 Jahren mehr Gesetze als der Deutsche Reichstag zwischen 1871 und 1945...

Die "Declaration of Independence", die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika, federführend von Thomas Jefferson verfasst und am 4.Juli 1776 vom Continental Congress verabschiedet, umfasst 1137 Wörter. Eintausendeinhundertsiebenunddreißig.

Die heute noch geltenden Paragraphen des "Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie" von 1907, die das "Recht am eigenen Bild" regeln, umfassen, wenn Word richtig gezählt hat, 627 Wörter.

Und das ist ein nach heutigen Maßstäben äußerst kurz gehaltenes Gesetz...

Die Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlenbergwerken (Dritte Bergbauspezialarbeitenarbeitsbedingungenverordnung - 3. BergbauArbbV) umfasst samt Anhang 1162 Wörter...
Sie ist übrigens am 31.3.2015 außer Kraft getreten und vermutlich durch eine Vierte Verordnung ersetzt worden, von der ich stark annehme, daß sie mehr als 1162 Wörter umfasst.

Das Wort  "Bergbauspezialarbeitenarbeitsbedingungenverordnung" hat übrigens 50 Buchstaben... Man fühlt sich unwillkürlich an den Ausspruch General de Gaulles über Frankreich erinnert - "Wie soll man ein Land regieren, in dem es 246 Käsesorten gibt?"

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