wo bleibt die kreativität? 294

3 years ago
@Marcello Rubini:
Um #193 (z.B.) mit einem Zitat von David Lachapelle zu ergänzen: "... bei guter Fotografie geht es um die Realisierung von Konzepten und darum, etwas so darzustellen, wie es vorher noch nie gesehen wurde."

Das ist mir zu verengt.

Gute Fotografie ist es zum Beispiel auch, ein perfekt ausgeleuchtetes Foto einer Maschine für einen Katalog zu erstellen, oder von Schuhen, von Geschirr, was auch immer.

Also im Prinzip eine Art "dreidimensionales Reprofoto".

Das in allen Bereichen wirklich gut, gar erstklassig zu machen ist eine verdammt große Leistung. Da kann man nämlich dann nicht sagen: "Nun, das ist eben mein Konzept. Ich zeige eine neu Sichtweise."

Da geht es darum, daß die Schrauben an der Maschine bis in die letzte Ecke scharf sind, daß sich nix spiegelt, die Materialoberfläche perfekt zu erkennen ist, usw.usf.

(Ich könnte auch sagen: Geniales Möbel-Design ist eine Sache, aber einen Stuhl so zusammenzubauen, daß ein 200kg-Mensch darauf sitzen kann, ohne daß was knackt, und so, daß das Ding auch in 25 Jahren noch intakt ist.. Das muss man erstmal können.)
#201Report
3 years ago
Hier muß ich Tom zustimmen, denn Kreativität ist vielfältig. Sie ist manchmal nicht so augenfällig sichtbar, sondern zeigt sich erst im Detail dem aufmerksamen Betrachter oder ist überhaupt nur für Insider erkennbar.
Manchmal liegt die Kreativität auch in einer Lösung, die komplett unsichtbar ist und somit komplett neue Wege, auch im Ausdruck, ermöglicht.
Und manche Lösungen sind so subtil, daß sie nur im Unterbewußtsein wirksam werden.

Sowas ist natürlich ungleich schwerer als Kreativität zu erkennen, als "Ich-hau-Dir-auf-die-Augen-Kleines-Bilder". Daher haben die ersten Wortmeldungen zu diesem Thread vermutlich auch wohlweislich das Thema Definition außen vor gelassen.
#202Report
3 years ago
Wieder ist richtig, was Tom schreibt. Aber er beschreibt "gute" Fotografie - das Wort "kreativ" kommt in seinem Beitrag nicht vor. Insofern passt
"Hier muß ich Tom zustimmen, denn Kreativität ist vielfältig."
nicht so wirklich.
#203Report
3 years ago
@eckisfotos:
Wieder ist richtig, was Tom schreibt. Aber er beschreibt "gute" Fotografie - das Wort "kreativ" kommt in seinem Beitrag nicht vor. Insofern passt
"Hier muß ich Tom zustimmen, denn Kreativität ist vielfältig."
nicht so wirklich.

Ebend. "Kreativ" bedeutet "schöpferisch". "Gute Fotografie" ist nicht zwingend "kreativ" - sie kann auch um x.Mal ein Vorbild wiederholen, wenn z.B. im Katalog zum X.Mal die Schuhe perfekt fotografiert sind. Aber eben jedesmal letztlich gleich, nur eben immer wieder neue Schuhe.

Umgekehrt ist "kreative Fotografie" nicht zwingend auch "gute Fotografie". Auch mit einem handwerklich lausigem Foto kann man eine neue Sichtweise zeigen.

Gute Fotografen sehen das dann und denken sich: "Die Idee ist klasse, die Umsetzung ist mau. Da muss man noch mal ran."

Und lassen sich dann von der Kreativität des ersten Fotografen inspirieren, machen das Foto aber richtig gut.

Irgendwie ist natürlich auch das wieder kreativ, denn man braucht eine gewisse Kreativität, um aus einer guten Inspiration, die in Form schlechter Ausführung daherkommt, eine gutes Bild zu machen.
#204Report
3 years ago
Um nochmal den Eingangspost heranzuziehen ... wo und wie sehr lassen wir uns von (08/15) Bildern überschwemmen, daß die eigene Kreativität ins Hintertreffen gerät ?
Da stelle ich (mir und Euch) die Frage, wieviele Bilder man denn binnen der vergangenen Woche auf sich einwirken ließ ? Waren es 50, waren es 200, waren es 500, waren es 2.000, gar 5.000 oder noch mehr ? An welche davon kann man sich heute, nach einem, 2,3,4 oder 5 Tagen noch erinnern ? Was hat Euch noch seit Montag dem 1.6. beeinflußt ?
Waren da handwerklich perfekte Bilder dabei, die man noch spannender, noch außergewöhnlicher machen könnte ? Waren das technisch mißratene dabei, die aber - wie Tom Rohwer gerade schrieb - eine klasse Idee und die perfekte Steilvorlage für eine optimale Werkschöpfung liefern ? Jetzt stellt sich aber auch die Frage, ob sich diese Idee überhaupt in einer perfekten Umsetzung realisieren läßt.
Ein "das hätte ich besser gekonnt" kann ggfs. auch die Kenntnis aller Gegebenheiten und Umstände erfordern. War man "nah dran" und hat mit dem 16mm Weitwinkel aus 2,5 m Entfernung fotografiert, weil der Berghangweg nur 3,5 Meter breit ist ? Oder hätte man 50 m Platz hinter sich gehabt, und trotz der 3 anderen Festbrennweiten mit 35, 50 und 85 mm wurde eben das 16 mm Weitwinkelobjektiv benutzt ?
#205Report
[gone] User_6449
3 years ago
Albert Einstein soll angeblich gesagt haben:

"Kreativität ist die Intelligenz, die Spaß hat."

Wenn Intelligenz die Voraussetzung ist, wird klar,
weshalb es oft auch um die Kreativität nicht gut
bestellt ist.
#206Report
3 years ago
Wer hat da mal geschrieben :
"Ich suche nicht, ich finde"

In diesen Sinne glaube ich, Theorie und krampfhaftes Suchen nach Neuem führt zu nichts.
Einfach machen, der Phantasie spielerisch freien lauf lassen ist sicher viel erfolgreicher.
#207Report
3 years ago
WHS Photografie: Das war Picasso, von dem das Zitat stammt. Stimmt, ein ziemlich Kreativer, der auch Intelligenz und Spaß hatte.
Und mit "Gute Fotografie", Tom, meint Lachapelle sicher nicht handwerkliche Qualität. Der Bezug ist vorwiegend hier besonders hip, in dem Fall hast du sicher recht.
#208Report
3 years ago
Ach Marcello, was soll es denn bringen, wenn wir nur kreative Fotos als gut bezeichnen, solange man sich hier noch nicht einmal geeinigt hat, was kreativ ist? Und wenn es um bessere Fotos in der MK geht, dann wäre es wohl sowieso besser, erst einmal auf die handwerkliche Qualität zu schauen, bevor man auf Kreativität achtet. Dabei ist ja überhaupt nicht geklärt, inwieweit das von Modellen gewünscht wird. Ein Modell wollte im Rahmen eines TFP-Jobs auch an ein biometrisches Passbild kommen. Andere wollen Aussehen, Kleidung oder Fähigkeiten für Bewerbungen fotografisch dokumentiert haben. Für die sind genau die Fotos gut, die sich für den gewünschten Zweck eignen. Ich behaupte mal, dass mindestens 1/4 der MK-Fotografen an solchen vermeintlich trivialen Aufgaben scheitern. Menschen, die beim Beantragen eines Ausweises mit dem "kreativen" Passbild scheitern, werden dies ebenso wenig gut finden, wie ein Modedesigner die Lowkey-S/W-Aufnahme seines knallbunten Entwurfes eines Kleides. Da nützt Kreativität gar nichts - besonders dann nicht, wenn die Kreativität aus der Not einer fotografischen Unzulänglichkeit geboren ist. Das ist zum Beispiel dann, wenn man sich bei einem Bild fragt, ob das lowkey oder nur unterbelichtet ist. "Ist das Kunst oder kann das weg?"
#209Report
3 years ago
Mir sind gerade ein paar weise Worte eines Musikers über den Weg gelaufen: "Anybody can play. The note is only 20 percent. The attitude of the motherfucker who plays it is 80 percent."
#210Report
3 years ago
@ eckisfotos

Kreativität und handwerkliche Qualität sind zwei ganz verschiedene Dinge.
Oft muss man gerade Regeln brechen um zu kreativen Bildern zu kommen.

Wo entsprechen die "Distortions" von Kertesz, die Akte von Bill Brandt oder die "Schadografien" von Christian Schad (es gäbe noch unzälige Beispiele) handwerklichen Regeln?

Das sind Ansichten wie sie von den Akademien Ende des 19. Jahrhunderts gegenüber der Moderne verteten wurden, also wirklich Klamottenkiste.
#211Report
3 years ago
@WHS
Zitat: "Kreativität und handwerkliche Qualität sind zwei ganz verschiedene Dinge."
Ja, da stimme ich Dir ganz und gar zu - nichts anderes propagiere ich.
Es gibt aber zwei Probleme:
1. Hier werden immer neue Begriffe in die Diskussion gebracht - zuletzt "gut" - was dazu führt, dass man aneinander "vorbeiredet".
2. Man muss zwar "oft" Regeln brechen, um kreativ zu sein - es ist aber trotzdem von Vorteil, dass man es bewusst und (handwerklich) gekonnt tut. Es besteht für mich kein Widerspruch zwischen Kreativität und (handwerklichem) Können. Es ist aber nicht kreativ, auf Handwerkszeug zu verzichten. Und um bei Deinem Bild der "Klamottenkiste" zu bleiben: Wer es für kreativ hält, eine alte Analogkamera aus eben jener Kiste zu holen und sie zu benutzen, der ist schlicht "rückwärtsgewandt". Er wird höchstens Respekt dafür bekommen, dass er mit der alten Technik noch umgehen kann (also Handwerk :-)). Auch das ist ein schönes Hobby - vergleichbar mit dem Betrieb einer Museumseisenbahn mit Dampflok usw.
#212Report
3 years ago
Was für ein Unsinn. Genauso könnte ich Dir entgegnen Leute, denen es in ihrer Fotografie allein darum geht ob ihre Kamera "Vollformat" und die jahresbesten technischen Spezifikationen hat (so klingt Dein Gefasel) haben es nicht verdient sich jemals Künstler zu schimpfen. Ob ein Bild einen bleibenden Eindruck hinterlässt hat rein garnichts mit der verwendeten Technik zu tun, und manche Leute fühlen sich durch Prozesse "aus der Klamottenkiste", andere durch neueste Bestwerte inspiriert. Was Du hier zeigst sind bestenfalls Scheuklappen, aber eher ein Brett vorm Kopf. Entgegnest Du denselben Mist Künstlern, die noch mit Pinsel und Farbe anstatt auf dem iPad Pro malen?
#213Report
[gone] User_6449
3 years ago
Zitat: WHS PHOTOGRAPHIE ...

Wo entsprechen die "Distortions" von Kertesz, die Akte von Bill Brandt oder
die "Schadografien" von Christian Schad (es gäbe noch unzälige Beispiele)
handwerklichen Regeln?

Ich habe mir einige Bilder der besagten Fotografen angeschaut. Die entsprechen
durchaus den üblichen handwerklichen, technischen und gestalterischen Regeln
in der Fotografie. Mir fällt dazu noch Man Ray ein, der ähnliche Bilder gemacht
hat, auch recht experimentell.

Umgekehrt würden die Bilder nicht wirken, wenn sie techchnisch, handwerklich
und gestalterisch schlecht ausgeführt wären - sie würden aussehen wie "gewollt
und nicht gekonnt" ...
#214Report
3 years ago
Um nochmal den Eingangspost heranzuziehen ... wo und wie sehr lassen wir uns von (08/15) Bildern überschwemmen, daß die eigene Kreativität ins Hintertreffen gerät ?

"Wir" ist dabei die erste Verallgemeinerung.
Richtig ist aber sicher, daß viele Fotografen sich von dem beeinflussen lassen, was sie aktuell als "state of the art" sehen. Völlig frei davon ist m.E. kaum jemand, wie sehr sich jemand beeinflussen lässt, ist individuell.

Da stelle ich (mir und Euch) die Frage, wieviele Bilder man denn binnen der vergangenen Woche auf sich einwirken ließ ? Waren es 50, waren es 200, waren es 500, waren es 2.000, gar 5.000 oder noch mehr ? An welche davon kann man sich heute, nach einem, 2,3,4 oder 5 Tagen noch erinnern ?

Auch das ist individuell - als Bildredakteur habe ich mehr als 2000 Fotos am Tag angeschaut...
An wie viele man sich erinnert? Das ist gar nicht wirklich entscheidend. Entscheidend ist, welche Wirkung die Masse unterschwellig hat. Als Masse...

Waren da handwerklich perfekte Bilder dabei, die man noch spannender, noch außergewöhnlicher machen könnte ?

Ob Bilder "handwerklich perfekt" sind, kann man im Mäusekino von SmartPhone oder auch Computerbildschirm kaum beurteilen. Auf dem SmartPhone-Display sieht selbst gruselig unscharfer Schrott noch toll aus, weil die Unschärfe in der kleinen Wiedergabe gar nicht auffällt.

Waren das technisch mißratene dabei, die aber - wie Tom Rohwer gerade schrieb - eine klasse Idee und die perfekte Steilvorlage für eine optimale Werkschöpfung liefern ?

Sowas läuft mir regelmäßig über den Weg. Gerade bei Instagram.

Ein "das hätte ich besser gekonnt" kann ggfs. auch die Kenntnis aller Gegebenheiten und Umstände erfordern. War man "nah dran" und hat mit dem 16mm Weitwinkel aus 2,5 m Entfernung fotografiert, weil der Berghangweg nur 3,5 Meter breit ist ? Oder hätte man 50 m Platz hinter sich gehabt, und trotz der 3 anderen Festbrennweiten mit 35, 50 und 85 mm wurde eben das 16 mm Weitwinkelobjektiv benutzt ?

In den meisten Fällen kann man das durchaus sehen, wenn man etwas von Fotografie versteht. Davon abgesehen gehört es ja auch zum fotografischen Können, aus der gegebenen Situation des beste zu machen.
#215Report
3 years ago
er hat da mal geschrieben :
"Ich suche nicht, ich finde"


Finden und Suchen ist in dem Zusammenhang eigentlich dasselbe. Es findet nur der, der aufmerksam guckt. Und zum erfolgreichen Suchen gehört aufmerksam Gucken unverzichtbar dazu.

Ich erlaube mir mal die Eitelkeit, mich selbst zu zitieren, aus einem kleinen Workshop, den ich mal 2004 für den "Aktfotoclub" gemacht hatte:

Fotografieren findet in drei Stufen statt:

1.Gucken
2.Sehen
3.Fotografieren

"Gucken" ist die Bereitschaft, die Umgebung wahrzunehmen. "Sehen" ist die Fähigkeit, der Wille und die Konzentration, etwas zu sehen.
Und was fotografieren ist, brauche ich wohl nicht näher zu erklären...
#216Report
3 years ago
Das Leben fließt.
Wer das Leben als Inspiration annimmt,
der beschränkt sich mit Fotografie selbst,
anstatt es als Video aufzunehmen.

Wer sich in der MK wirklich über etwaige
fehlende Kreativität austauscht, kann eigentlich
auch gleich die letzten verbliebenen Hersteller von
Pferdekutschen fragen, warum sie bei der Entwicklung
von mitlenkenden, Tageslicht-LED-Scheinwerfern so
hinterherhinken.

Mein Eindruck ist eher, dass ich noch nie soviel kreative,
neue Dinge in Bild, Video, Ton, Geruch und Geschmack
erlebt habe, wie in letzter Zeit.
Kommt bestimmt darauf an, wo man sich aufhält.

Ohne zu pauschalisieren und als reinblütiger Deutscher
darf ich außerdem noch anmerken, dass die wirtschaftliche
und gesellschaftliche Atmosphäre in meinem Land die
Kreativität in allen Bereichen eher nicht fördert, sondern
gezielt und recht organisiert torpediert, verteufelt usw.
#217Report
3 years ago
Tom Rohwer:
Finden und Suchen ist in dem Zusammenhang eigentlich dasselbe.
Geht es immer darum, gescheiten Leuten das Wort im Munde herum zu drehen, um sie doof hinzustellen? Finden meint hier natürlich etwas nicht Gesuchtes zu entdecken. Das kann nicht dasselbe sein. Und es ist eine gegensätzliche Schaffensprozedur, als einen vorgefertigten Plan auszuführen - der Zufall als Inspiration spielt die entscheidende Rolle. Und um die Inspiration geht es hier. (Noch ein Wort zur Diskussion hinzugefügt, haha ...)
#218Report
[gone] User_6449
3 years ago
Zitat: Marcello Rubini ...

Geht es immer darum, gescheiten Leuten das Wort im
Munde herum zu drehen, um sie doof hinzustellen?

Nicht immer - aber meistens ... ;-)
#219Report
3 years ago
Zitat Casa:
"Ob ein Bild einen bleibenden Eindruck hinterlässt hat rein garnichts mit der verwendeten Technik zu tun,..."

Ja, das klemm Dir mal an Deine Kamera oder an Deinen Spiegel, denn das ist genau richtig. Und deswegen ist es eben nicht kreativ, eine veraltete Technik zu benutzen.

Zitat Casa:
" Genauso könnte ich Dir entgegnen Leute, denen es in ihrer Fotografie allein darum geht ob ihre Kamera Vollformat und die jahresbesten technischen Spezifikationen hat (so klingt Dein Gefasel) haben es nicht verdient sich jemals Künstler zu schimpfen. "

Ja, auch eine teure und/oder moderne oder was auch immer garantiert weder gute Fotos noch kreative Fotos - eine Kamera aus dem Museum aber auch nicht.

Zitat Casa:
"Entgegnest Du denselben Mist Künstlern, die noch mit Pinsel und Farbe anstatt auf dem iPad Pro malen?"

Lieber Casa, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich! Wir wissen doch alle, dass man bei analogen Kameras UND bei Digitalkameras auf einen Auslöser drückt, der praktisch identisch ist. Zum Teil benutzt man die gleichen Objektive. Wir wissen auch alle, dass es unterschiedlichste Pinsel, unterschiedlichste Untergründe, unterschiedlichste Farben (nein, nicht blau grün .., sondern Wasserfarben Ölfarben …) gibt, die man vermutlich mit dem iPad Pro nicht simulieren kann - ganz abgesehen davon, dass die meisten Künstler auf Flächen malen, die weitaus größer als übliche Monitore sind.
#220Report

Topic has been closed