Frage zum Thema Urheberrecht 19

8 years ago
Zuerst einmal kurz vorab: Das, was ich hier nachfolgend beschreibe, ist heute Morgen im Amtsgericht Köln wirklich so geschehen! Kein Witz! Kein Scherz! Mit ist echt nicht zum Lachen!

Ich musste einen eingetragenen Verein verklagen, weil dieser ein Foto und zwei Texte von mir a) ungefragt und b) ohne Urheberrechtsnennung auf dessen Website veröffentlich hatten. Eine Unterlassungserklärung wurde seitens des Vereins abgegeben. Man streitet sich nun um die Höhe des Schadenersatzes.

Der Richter erklärte gleich zu Beginn des Termins, dass er von Urheberrecht gar keine Ahnung hätte ...

Nach dem üblichen Geplänkel zwischen den Parteien meinte der Richter, dass er, Zitat, "von dieser MFM-Liste noch nie etwas gehört hätte" und er erst einmal googlen musste um festzustellen, dass es die wirklich gibt! :-oDanach bezweifelte er grundsätzlich erst einmal, dass die darin genannten Fotohonorare überhaupt rechtmäßig wären. Außerdem würde er die Liste nirgendwo herunterladen können, wisse also gar nicht, was denn nun genau in der MFM-Liste stehen würde!

So, und nun kommt der absolute Oberhammer:

Er hat mir und meiner Rechtsanwältin aufgetragen, als Beweismittel (!) eine Originalausgabe der MFM-Liste von 2014 vorzulegen. Diese würde er dann zu seinen Akten nehmen und könnte dann auch zukünftig dort nachschauen, wenn entsprechend Verfahren auf ihn zukämen!

Den entsprechenden Beweisbeschluß seitens des Herrn Richters werden wir in den nächsten Tagen erhalten. Die MFM verlangt 33 € für die Liste - und ich bin nicht bereit, diese Liste dem Herrn Richter zu schenken, damit er dann demnächst da reinschauen kann!

Jemand eine Idee, wie man das Thema umschiffen kann? Das Verfahren zieht sich sowieso schon seit über einem Jahr, weil es AG-intern Kompetenzgerangel um die zuständige Kammer gab ...
8 years ago
33,00€ sind Dir zu viel?
Dann lass Deine Klage fallen!

Du könntest aber auch diesen Betrag von der Gegenseite zurück fordern. Schon mal dran gedacht?
8 years ago
Moin !

Deine Anwältin soll die 33 € bezahlen, kommt auf Ihre Rechnung an Dich, die dann der Verein, wenn er unterliegt eh mitbezahlen muß.
 
8 years ago
Sieht es mal so - immerhin weiß der Richter, dass es ein Internet gibt :)

Ich bin kein Jurist, kann dir also nicht sagen, ob solche "Arbeitsmittel" vom Gericht selbst beschafft werden müssten. Der Weg, das als "Beweismittel" beibringen zu lassen, hat einen gewissen Charm - aber den letzten Satz mit den zukünftigen Verfahren hätte er sich klemmen können :)
8 years ago
Frag doch mal den https://www.model-kartei.de/sedcards/fotograf/6829/daniel-ktz/ hier in der MK, er ist sicher derjenige der die beste und professionelleste Antwort auf Dein Problem geben kann, im Gegensatz zu den vielen selbsternannten Hobbyjuristen-Trolle ...
8 years ago
Die Beweisführung obliegt in der Regel den streitenden Parteien (Kläger und Beklagte) und nicht der Judikative - außer es handelt sich um ein Offzialdelikt, dann kann diese auch als Prozessbeteiligte durch die Staatsanwaltschaft (Kläger) erfolgen.

Die Kosten hierfür tragen die Parteien, diese werden im Falle eines Prozessgewinnes der unterlegenen Partei auferlegt.
eine Klage gegen einen Verein  hat Ähnlichkeit mit einem Bumerang.  Man wirft einen, und ein paar kommen zurückgeflogen. Ob sich das auszahlt?
8 years ago
na ist doch insgesamt recht lustig. Lass deine Anwältin die Liste besorgen (hätte sie dir eh anbieten können) und wenn du den Prozess gewinnst dann kriegst die Kohle doch wieder. Du wirst doch wegen 33.- jetzt nicht aufgeben ???
[gone] User_6449
8 years ago
Um welchen Betrag geht es denn im Rechtsstreit? Was möchtest Du also vom
Beklagten haben?

Ohne das zu wissen, lässt sich nicht abschätzen, was sich an Aufwand lohnt.

Viele Grüße
Peter
8 years ago
Es gibt ein diesjähriges Urteil des Landgerichts Düsseldorf, in dem die Anwendung der MFM-Liste als gerechtfertigt auch in Bezug auf die Höhe des eingeforderten Betrags angesehen wird: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/12_O_370_14_Urteil_20150826.html
Also lohnt es sich wohl, die Investition von 33 Euro zu tätigen ;)
8 years ago
Du hast einen Rechtstreit...
....und Rechtsbeistand.

Ich vermute mal dein Beistand sollte wohl die erste Adresse für deine Frage sein und weniger das Forum 
[gone] photokrates
8 years ago
Vielleicht solltest Du darüber nachdenken einen Anwalt mit entsprechenden Spezialisierung zu beauftragen um Deine Interessen wahr zu vetreten?
8 years ago
Also heute Morgen im Amtsgericht Köln ist es wirklich so geschehen, dass in einem Rechtsstreit
vom Richter vorgeschlagen wurde, Unterlagen als Beweismittel zu beschaffen ?


Dir (dem TO)  ist echt nicht zum Lachen ?
Wieso auch ?

Nach meinen gemachten Erfahrungen und abgesehen von dem Einzelfall des TO
ist Rechtssprechung ja wohl immer konkret, nicht übertragbar
und ehe es zu einem rechtsgültigen Urteil kann es in unserem Rechtssystem
sehr lange dauern mit vielen, vielen Kniffen, Fallstricken und Hürden, die ein
tatsächlich gerechtes Urteil (auch im Sinne des Gesetzbuches und GG) erschweren können.
Was im ersten Rechtszug passiert ist meistens eh nicht relevant! Liefere die Liste für die paar Euro und sei froh, dass vom Gericht kein Gutachter bestellt wurde. Letzter würde dann Kosten von ca. 80 Euro pro Stunde abrechnen, wahrscheinlich sind die Kosten der Anwälte höher als die Sache überhaupt!
[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
8 years ago
Vor Gericht und auf See...
8 years ago
Nach dem üblichen Geplänkel zwischen den Parteien meinte der Richter, dass er, Zitat, "von dieser MFM-Liste noch nie etwas gehört hätte" und er erst einmal googlen musste um festzustellen, dass es die wirklich gibt! :-oDanach bezweifelte er grundsätzlich erst einmal, dass die darin genannten Fotohonorare überhaupt rechtmäßig wären.

Damit befindet er sich genau auf der Linie des BGH, der vor Jahren schon befunden hat, daß die in der MfM-Liste genannten Honorare nicht ungeprüft als Richtschnur oder gar als Honorarsätze für ein Honorar im Sinne der Lizenzanalogie verwendet werden dürfen. Es müssten vielmehr, so der BGH, die marktüblichen Honorare für den jeweiligen Einzelfall ermittelt werden.

Das finde ich absolut korrekt, denn die in der "MfM-Liste" genannten Honorare sind reine "Mond-Honorare", die nirgendwo in der Branche tatsächlich gezahlt werden. Davon abgesehen ist die "MfM-Liste" schon qua definitionem alles andere als auch nur ansatzweise objektiv, denn "MfM" steht für "Mittelstands-Vereinigung Foto-Marketing" und ist ein Interessenverband von mittelständischen deutschen Bildagenturen...
Außerdem würde er die Liste nirgendwo herunterladen können, wisse also gar nicht, was denn nun genau in der MFM-Liste stehen würde!

Auch da hat er völlig recht - die "MfM-Liste" muss man, so absurd es ist, eigentlich kaufen. Auch wenn im Internet kostenlose Versionen kurzsieren...

So, und nun kommt der absolute Oberhammer:

Er hat mir und meiner Rechtsanwältin aufgetragen, als Beweismittel (!) eine Originalausgabe der MFM-Liste von 2014 vorzulegen. Diese würde er dann zu seinen Akten nehmen und könnte dann auch zukünftig dort nachschauen, wenn entsprechend Verfahren auf ihn zukämen!

Kein "Oberhammer", sondern ein rechtlich absolut korrektes und übliches Verfahren.
DU willst etwas von einem Beklagten. DU stellst eine Forderung. Wer eine zivilrechtliche Forderung erhebt, muss beweisen, daß diese Forderung in Sache und Höhe begründet ist. Übliches Prozedere in allen Zivilprozessen. Daß Deine Anwältin nicht von vornherein die entsprechenden Unterlagen vorgelegt hat, finde ich...

Den entsprechenden Beweisbeschluß seitens des Herrn Richters werden wir in den nächsten Tagen erhalten. Die MFM verlangt 33 € für die Liste - und ich bin nicht bereit, diese Liste dem Herrn Richter zu schenken, damit er dann demnächst da reinschauen kann!

Dann wirst Du vermutlich gar nix bekommen...

Jemand eine Idee, wie man das Thema umschiffen kann? Das Verfahren zieht sich sowieso schon seit über einem Jahr, weil es AG-intern Kompetenzgerangel um die zuständige Kammer gab ...

?? Amtsgerichte haben doch gar keine "Kammern", die gibt es bei Landgerichten. Eine sehr toughe Rechtsanwältin aus NRW, die mich vor vielen Jahren mal erfolgreich in einer medienrechtlichen Zivilsache vertreten hat und auf die ich kam, weil die Dame zuvor schon mal den Axel Springer-Verlag (wg. BILD) in kleine portionsgerechte Häppchen zerlegt hatte, brachte mir gegenüber den lakonischen Spruch: "Urheberrechts- und Mediensachen müssen immer einen Streitwert von mindestens 5.001 DM haben. Das muss gleich zum Landgericht, Amtsrichter haben keine Ahnung von sowas!"

Aber ganz grundsätzlich: wenn Du einen Anwalt mandadiert hast, ist es hochgradiger Unfug, in WWW-Foren bei mehr oder weniger gut informierten Laien oder Halb-Laien Rat zu suchen. Wenn Du kein Vertrauen zu Deinem Anwalt hast, such Dir einen anderen.

Im übrigen gilt: Urheberrechts-Streitigkeiten gehören IMMER, OHNE AUSNAHME in die Hände von Experten, von Anwälten, die sich auf diese Materie spezialisiert haben. Dasselbe gilt für Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Medienrecht. "Feld-, Wald- und Wiesen-Anwälte" verstehen davon meistens so gut wie nix.
8 years ago
Ich bin kein Jurist, kann dir also nicht sagen, ob solche "Arbeitsmittel" vom Gericht selbst beschafft werden müssten.

Das Gericht muss gar keine Beweismittel beschaffen, und schon überhaupt nicht in Zivilverfahren. Es ist allein Sache der Prozessparteien, die ihren Vortrag bzw. ihre Forderungen stützenden Beweismittel vorzulegen.
8 years ago
Wenn ich mal darf...das oben erwähnte Urteil wurde von mir erstritten - hier gibt es mehr Info :).

Erfahrene Gerichte wenden die MFM an und kennen sie auch. Die grundsätzliche Nichtanwendbarkeit, von Tom Rohwer erwähnt, betrifft bestimmte Ausnahmen - üblich sind sie nach wie vor und das ist auch gut so, weil Sachverständigengutachten ca. € 1.500,00 kosten und damit € 1.467,00 mehr als eine Ausgabe der MFM-Honorare. Die Kosten dafür können ganz oder teilweise beim Gegner zu holen sein - zusammen mit den anderen Prozesskosten.

Mich wundert allerdings, dass das Ganze vor dem AG Köln so stattfindet, denn eigentlich sind dort fachlich geschulte Richter tätig, wie insbesondere auch beim AG Hamburg und AG Düsseldorf.

Schließlich: die Fragen gehören eigentlich tatsächlich dem eigenen Anwalt/der eigenen Anwältin gestellt, der/die diese auch so wie geschehen beantworten können müsste.

Viele Grüße,
Daniel Kötz (Fachanwalt...)

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