Tipps & Tricks zur Selbstreflektion 49

[gone] User_6449
4 years ago
Zitat: Ivanhoe ...

Wenn wir hier auch Frauen hätten, würde es jetzt nur noch Minuten dauern, bis eine "Man sieht nur mit dem Herzen gut." schreibt.

Der Spruch geht ja noch weiter:

"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

Wenn man das nun philosophisch reflektieren möchte, könnte man eine Kamera
auch dazu nutzen, mehr zu sehen als das Auge. Um damit dem Herzen näher zu
kommen:

"Den Fokus auf das Wesentliche richten, es im Bruchteil einer Sekunde festhalten."

Aber der Ansatz ist nicht von mir. Ich glaube es war Henri Cartier-Bresson, der mal
sinngemäß gesagt hat: "Die Welt in 1/125 Sekunde.". Die Belichtungszeiten waren
damals noch länger als heute ... ;-)
4 years ago
Das Problem der Selbstrefelxion ist der blinde Fleck in der Selbstwahrnehmung, der eine oder andere ehrliche Kritiker hilft vermutlich mehr als jeder Selbstzweifel ...
4 years ago
Kritik Außenstehender hilft sicher immens.
Die Auswahl derer nimmt das Ergebnis vorweg.
4 years ago
Das ist wohl nicht richtig. Doch, hat er. Das Potentielle ist schon reale Grundbedingung, auch wenn man das nicht immer erkennt. Man entscheidet immer. Das "alternativlos" gibt es nicht. "... wie es sein sollte" betrifft vielleicht nur die Erkenntnis bzw. das Bewusstsein, dass man frei ist und jedes Handeln Verantwortung mit sich bringt.


Marcello, ich habe Sartre vor knapp 20 Jahren das letzte Mal gestreift, aber das hast du gründlich missverstanden. Dass man immer entscheidet, heißt erstens nicht, verantwortungsvoll zu handeln und zweitens ist es ein unhaltbarer Rigorismus. Die meisten Menschen, gerade heute, entscheiden seltener und geben häufiger nach bzw. haben ihren Widerstand gegen etwas aufgegeben (dazu zähle ich auch mich). Das ist ein Riesenunterschied. Nimm meinetwegen den durchschnittlichen mittelständischen Mitteleuropäer der Gegenwart: Er steht unter dem Zwang der Selbstverwertung, um an Geld zu kommen, und muss dafür Dienst an fremdem Eigentum verrichten; er ist politisch medial irregeleitet, versteht die Voraussetzungen und Folgen seines Lebensstandards nicht; was "Leben" bedeutet, wird ihm in Begriffen von Konsumieren und Kaufkraft vermittelt, seine Beziehungen und seine Sexualität orientieren sich an tradierten und medial vermittelten Vorbildern und Wertvorstellungen. Ihm zu unterstellen, er habe sich zu diesem Lebensentwurf "entschieden", ist ebenso infantil wie die Behauptung, er habe sich dazu entschieden, daran festzuhalten. Er hat einfach nur getan, was er immer schon getan hat. Er ist den Wegen des Systems schon gefolgt und hatte seinen vorgesehenen Platz darin eingenommen, lange bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte.
Einfacheres Beispiel: Wenn du einem Kerl gegenüberstehst, der dich garantiert in die Pfanne haut, und dich dem Kampf entziehst, ist das angesichts der Gegebenheiten sehr viel weniger ein Entscheiden als ein Einsehen und Nachgeben. Elementare Schmerzvermeidung übernimmt die Führung, lange bevor die Kognition greift, die ist anschließend mehr damit beschäft, die Rolle des Instinkts als willentlichen Entschluss umzudeuten. Wer alle menschlichen Handlungen aber nach dem Grad ihrer Verantwortung einstufen möchte, wird dieses Tun rigoros als "Entscheidung" bezeichnen, um den Einsehenden/Nachgebenden im Nachhinein für die Folgen seines Tuns verantwortlich machen zu können. Unter anderem darum ging es Sartre, nicht weil es ihm Spaß machte, Menschen zu verurteilen, sondern weil er dafür argumentieren wollte, dass Menschen immer entscheiden und nicht nur auf hedonistische Impulse, Affekte bzw. schlicht ihren Vorteil hören sollen. Deshalb ist Sartre auch brandaktuell, vielleicht aktueller als damals, weil Menschen in einer konsumorientierten Welt mehr denn je fremd- und lustgesteuert sind. Psychologisch ist dieser Rigorismus des allgegenwärtigen Entscheidens aber unhaltbar.

Er hat überhaupt nicht die Möglichkeit, "selbst zu bestimmen"... ihm fehlen schlicht die Optionen. Das Umfeld schafft Situationen, drückt Knöpfe... und er reagiert... wie er es eben kann... wie er es immer gemacht hat.


So ist es. Das Potentielle ist Grundbedingung dafür, von den Menschen verlangen zu können, dass sie verantwortlich handeln. Es heißt nicht, dass sie es bereits tun - dazu will Sartre sie erst bringen. Und an dieser Stelle muss sich eben die Philosophie die Erkenntnisse der Psychologie anhören: Selbst zu entscheiden, eigenverantwortlich zu handeln, überhaupt daran glauben zu können, dass du etwas vollbringen kannst, muss dir vorgelebt werden. Geschieht das nicht, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man es noch lernt.

Sartre nimmt nicht das Ziel seiner Lehre vorweg, er beschreibt keine Welt voller Individuen, die sich mannhaft der Verantwortung stellen, sondern was wir tun sollten und wozu wir folglich auch in der Lage sein müssen (denn sonst könnte man es nicht von uns verlangen). Er würde sich (wie alle Philosophen) niemals zur Aussage versteigern, alle Menschen handelten bereits verantwortungsvoll (was seine Lehre überflüssig machen würde), nur weil diese Möglichkeit in ihnen angelegt ist. Nimm Die Wege der Freiheit, gleich den Einsteiger, die Zeit der Reife - Matthieu ist ein passiver Nutznießer seiner Umwelt, er verändert sie, indem er Vorteile aus ihr bezieht, stellt sich aber nicht den Folgen. Erst als seine heimliche Geliebte schwanger wird, erkennt er, dass er aktiv handeln, d.i. Verantwortung tragen muss, und dass das Gegenteil ein abgekoppeltes Verharren im Schwebezustand ohne wahren Bezug zu seiner Umwelt und seinen Mitmenschen wäre.

Triebstau: Entsteht bei mir kaum durch
regelmäßige Entspannungen.


Fotocowboy, ein Unterschied zwischen uns ist, dass ich solche Dinge ebenso wie

Bin ich tatsächlich ein Sexmonster, weil ich mich freue,
wenn ein Model bei einem Dusch-Shooting aus eigener
Entscheidung nur ein weißes T-Shirt und Shorts anhat
und das Shirt dann sogar noch auszieht ?


niemals öffentlich schreiben würde, generell nicht und gleich zehnmal nicht in einem Thread über Selbstreflexion, weil diese Schwachheiten keine Fragen sind, sondern plump als Frage verpackte Aussagen mit der umgehend nachgelieferten Aufforderung zur Bestätigung, die die Unreflektiertheit und die Bedürfnisnöte des Aussagenden eindrücklich demonstrieren. Allein dieser eine spezifische Antwort vorwegnehmende Kommunikationsstil ist unaufrichtig und deutet daraufhin, dass es dir an Differenzierungsfähigkeit ebenso fehlt wie an kontextuellem und konnotativem Sprachverständnis, deshalb sagst du ständig mehr über dich, als du willst. Bei deinen Shootings verhält es sich auf nonverbaler Ebene genau gleich: Deine erzwungene Gelassenheit ist durchschaubar, deine Models spüren, dass die lockere Atmosphäre nicht einfach zustandekommt, sondern laufend neu inszeniert werden muss, um eine darunter liegende Anspannung zu verbergen. Woraus diese Anspannung resultiert, wissen sie nicht, aber sie ahnen es.

Was das Forum betrifft, empfehle ich dir, dich einfach langsamer zu äußern, d.h. erstmal viel länger darüber nachzudenken, was du NICHT vermitteln möchtest, ohne es aber im Einzelnen aufzuführen, was ermüdend wäre, sondern dafür den treffenden Ausdruck zu finden.
4 years ago
So wie es viele Eingangsfilter des Menschen für Sinneseindrücke
und Kommunikation an sich gibt, so gibt es auch eine Art von
Selbstzensur bei ausgehender Kommunikation, die Du mir ja
hier auch empfiehlst.

Solange es keinen persönlich angreift oder unangenehm
berührt, verzichte ich aber gern auf diese Option.
Gern dürfen sich andere ein Bild davon machen, wie ich
wirklich bin. Alles andere halte ich für unehrlich und verlogen.
Wenn sich jeder und alle immer fragen müssen, inwieweit ist
die Aussageeines anderen bereits verschlüsselt, zensiert oder
manipuliert, wird man nie zu einem Kern eines Gedankenaustausches kommen.

Mir im anderen Beitrag u.a. auch das Adjektiv "klammheimlich"
zuzuordnen, sollte eigentlich durch meine offene Art absurd sein.
Fast immer schreibe ich sehr direkt und konkret., was ich meine,
denke, mag und will. Zumindest versuche ich das. Wer dann meinen
Gedanklen dann noch etwas hinzudichtet oder sie in andere Richtungen
weiterführt, sollte mir das dann nicht zuschreiben.

Ganz konkret gibst Du, aspan hier im Forum an, Du wüßtest, wie meine
Shootings ablaufen und sogar, was ich eigentlich will und wie hinterlistig
ich meine Models in meinem Sinne manipulieren will.

Einerseits bist Du zwar nicht der Allererste, der das zu wissen meint
und das sollte mir und meiner Selbstreflexion zumindest soweit eine
Frage stellen, wie ich durch meine Kommunikation solche Gedanken
bei anderen verursache oder in Gang bringe, andererseits ist das
trotzdem eine sehr unverfrorene und aus der Luft gegriffene Aussage
von Dir.

Mag ja sein, dass Du in Deinem solzialen Miteinander viele Menschen
triffst und sie kennenlernst mit all ihren guten und weniger guten Charakter-
merkmalen, aber mir deshalb einige Eigenschaften anzudichten ist eine
negative Pauschalisierung eines Menschenbildes, das Du aus welchen Gründen
auch immer auf mich konkret projezierst.

Du liegst falsch.

Hilfe bei der Selbstreflexion meines Shootingverhaltens können mir
ausschließlich meine Models geben oder die Menschen, die dabei gewesen sind.
So gesehen, gehörst Du eben nicht zur diesbezüglichen Auswahl für mich.
Ebenso willst Du mehr über meine Hoffnungen wissen, die sich Deiner Meinung
nach während Shootings in Taten erfüllen sollen. Mag ja sein, dass Du mehr als
nur ein Hobbypsychologe sein möchtest, aber dann ist Dir auch sehr deutlich
bewusst, dass das, was Du in mich projezierst, letztlich ausschließlich aus
Deinem Kopf kommt. Darum kommst Du nicht drumrum.

Rede mit meinen Models, wenn Du wirklich etwas über mich erfahren willst
und suche nicht in Deinen eigenen dunklen Gedankengängen danach. Mit mir
kannst Du natürlich auch kommunizieren. Offen, ehrlich, direkt und realitätsbezogen.

Gern können wir bei dem Beispiel bleiben:
Bin ich tatsächlich ein Sexmonster, weil ich mich freue,
wenn ein Model bei einem Dusch-Shooting aus eigener
Entscheidung nur ein weißes T-Shirt und Shorts anhat
und das Shirt dann sogar noch auszieht ?"


Das ist keine Bedürfnisnot, sondern tatsächlich eine Aussage mit
einer zugegeben einer provokanten Anfangsfrage, die sich aber
aus der aktuellen haltung vieler (auch vieler MK-ler) fast zwangsläufig ergibt.

Ein Frauenkörper ist für mich tatsächlich etwas Wunderschönes,
Faszinierendes und Bewunderungswertes. Natürlich besonders, wenn er
sich in seiner reinsten Form meinen Blicken offenbart. Das sollte m.E.
für jeden heterosexuell orientiertem Mann der Normzustand sein.
Deshalb sehe nicht ich mich als Heuchler an, sondern alle die, die
das bestreiten.
Zu ergänzen ist in diesem Fall eben noch, dass meine letzte
Dusch-Shootingreihe ausschließlich auf TfP Basis stattfand und ich
allen Menschen vor meiner Kamera (auch Männern) die freie Auswahl
der Kleidung gewährt habe. Ohne Ausnahme.

Wenn sich dann meine schönsten Wünsche auf Basis der überein-
stimmenden Interessenlage verwirklichten, was ist dann dabei
"klammheimlich" oder in irgendeiner Art und Weise kritikwürdig ?

Das verstehe ich nicht. Wenn das aber eine falsche Selbstreflexion
meinerseits sein sollte, bin ich gerne bereit mir Meinungen dazu
anzuhören und erneut darüber nachzudenken. Von den Menschen, die
vor meiner Kamera waren, gab es diesbezüglich keinerlei Response.
4 years ago
Dieser Thread gefällt mir.
Die Beiträge zeigen u.a. Ansätze zur Selbstreflexion auf mehreren Ebenen:
Beobachten/Analysieren/Überdenken/Ändern
- der eigenen Einstellung (Haltung, Werte ...)
- des eigenen Verhaltens/Tuns/Kommunizierens ...
- der Produkte seines Tuns (insbesondere: seiner Bilder)

Ich denke, wer sich, sein Verhalten und die Produkte seines Verhaltens nicht immer wieder mal in Frage stellt, hat aufgehört sich zu entwickeln. Wer sich, sein Verhalten und die Produkte seines Verhaltens aber andauernd in Frage stellt, hat keine Kapazität mehr dafür, etwas zu tun.
4 years ago
@ Peter Herold:

Wenn es um Selbstreflexion in der Fotografie geht, versuche ich einen
gewissen zeitlichen Abstand zu meinen Fotos zu gewinnen"


Danke für diesen Tipp.
Nicht, dass er für mich völlig neu wäre,
aber mir wird wieder diese doch recht
naheliegende Möglichkeit sehr bewusst
und diese nutze ich selbst viel zu wenig.
Eventuell, weil ich die "Ernüchterung" nicht
besonders mag. Verständlich, aber ohne das
Gefühl des Ärgerns über einen selbst kommt
man wohl wirklich niemals auch nur einen Schritt weiter.

Ich selbst empfinde es dabei schon manchmal als
paradox, wenn ich mir wirklich bei mancher Aufnahme
etwas Zeit lasse und einige Kriterien im Sucher
überprüfe und dann nur 2 Sekunden später auf dem
Display am eigenen Bild fast sofort Mängel entdecke.
[gone] User_6449
4 years ago
Zitat: monochromatic ...

Das Problem der Selbstrefelxion ist der blinde Fleck in der Selbstwahrnehmung, der eine oder andere ehrliche Kritiker hilft vermutlich mehr als jeder Selbstzweifel ...

Das ist sehr treffend formuliert, denn wenn man vor dem Spiegel steht,
reflektiert ein blinder Fleck nicht - man nimmt ihn selbst gar nicht wahr,
bzw. erkennt nicht was dahinter verborgen ist.

Daher veröffentliche ich Fotos sehr gern auf Facebook, um möglichst viele
Betrachter zu erreichen, welche nur wenig oder gar nichts von Fotografie
verstehen. Klingt zwar ungewöhnlich, aber je weniger voreingenommen
Betrachter sind, desto ehrlicher ist die Resonanz. Die MK ist für solche
Reflexionen nicht geeignet, weil hier eben überwiegend Hobbyfotografen
um sich selbst kreisen und sprichwörtlich "den Wald vor lauter Bäumen
nicht sehen".
4 years ago
Peter Herhold, das sehe ich ähnlich. Ich nehme sogar ernst, wenn da nur steht "find ich gut" oder "find ich sch...", weil der Betrachter es nicht näher erklären kann. Schön bzw. viel ist das nicht, aber mehr als kein Kommentar.

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