Das Aktfotobuch in Zeiten des Internets 18

3 years ago
Vor zwanzig Jahren konnte man von Fotobüchern zum Thema Akt noch einige Tausend Exemplare verkaufen, heute jedoch sind hohe Auflagen eher selten der Fall. Einzige Ausnahmen sind wohl die Bücher von international (und multilingual) operierenden Verlagen wie TASCHEN und teNeues, und solche von Fotografiestars wie Ren Hang oder Bettina Rheims. Unbekanntere Fotografen und Fotografinnen haben es heute schwer, Auflagen von mehr als 500 Exemplaren zu veräußern. Das liegt mit Sicherheit auch (oder sogar vor allem) an der im Internet zugänglichen Aktfotografie und Pornografie. Auch ich bin Netzkonsument. Dennoch ist mir das Buch nach wie vor Lebensmittel; ich kaufe viele und schaue mir noch mehr an. Aktfotografie im Original in Ausstellungen zu sehen oder in gedruckter Form im Buch, ist für mich nach wie vor das Non-plus-Ultra. Dies ist auch der Grund, warum ich selber alle meine wichtigen Fotos printe und nach Möglichkeit auch veröffentliche. Ende 2021 wird ein neues Buch mit Aktfotografien von mir in einem kleinen Berliner Verlag erscheinen, Auflage: 600 Exemplare. Es ist absehbar, dass dies das Limit ist, das sich in einem überschaubaren Zeitraum verkaufen lassen wird, auch bei internationaler Vermarktung.

Frage: Welche Bedeutung hat das Aktfotobuch für euch? Kauft ihr regelmäßig welche, weil euch die Arbeiten einzelner Fotografen und Fotografinnen interessieren, sie euch möglicherweise inspirieren? Publiziert ihr selber Bücher? Im Selbstverlag oder in Kooperation mit Verlagen und Buchdesignern? Wenn ja, in welchen Auflagen plant ihr, oder bevorzugt ihr das teurere und in der Qualität dürftigere Print-on-Demand-Verfahren?

Zum Schluss noch ein kleiner und passender Auszug aus einem früheren Interview, das ich mit der Verlegerin Claudia Gehrke vom Konkursbuchverlag geführt habe. Thomas Karsten hat mir die darin geäußerte Beschreibung der Verkaufszahlentwicklung für seine Bücher kürzlich in einem längeren Telefongespräch bestätigt.

Jens Pepper: Was würdest du von einem erotischen Fotoband halten über ungleiche Paare, also in Bezug auf das Alter. Zum Beispiel ältere Frau und jüngerer Mann, aber natürlich auch älterer Mann und jüngere Frau. Gesellschaftlich ist das ja nach wie vor ein Thema, das nicht ehrlich und offen diskutiert wird. Vorurteile und heimliche Ablehnung sind hier eher an der Tagesordnung. Vielleicht ist da ja Neid im Spiel, wenn die Ablehnung zu harsch geäußert wird.

Claudia Gehrke: Klingt spannend. Die Frage ist leider nur, wie bei vielen guten Themen: gibt es genug potentielle Interessenten, die mehr als schnelle Blicke ins Internet zu einem Thema wünschen, also einen schön gestalteten Fotoband kaufen würden?

Jens Pepper: Was sagst du als Verlegerin: Wie risikoreich wäre es für ein solches Buch zum Ladenhüter zu verkommen?

Claudia Gehrke: Mit Vorhersagen ist es schwer, da habe ich mich schon oft vertan, in beide Richtungen. Ein Buch, von dem ich bessere Verkäufe erhoffte, wurde zum Ladenhüter und umgekehrt. Wichtig ist, nicht an der Hoffnung auf große Auflagen zu kleben, sondern sich über Reaktionen zu freuen, über kleine Fankreise zu den unterschiedlichen Themen!

Jens Pepper: Wie hoch sind die Auflagen deiner Fotobücher in der Regel?

Claudia Gehrke: Früher waren sie höher. Die ersten Bücher von Thomas Karsten wurden in einer Auflage von 3000 Stück plus Nachauflagen verkauft. Jetzt machen wir limitierte Auflagen von 1000 Stück.
3 years ago
@ pepper :
Prima Beispiel : Genau eines dieser in Auflage 1000 Stück produzierten Bücher von Thomas Karsten habe ich, nämlich das über Marina Anna Eich, die zusammen mit Antje Mönning in den wtp-Filmen von Roland Reber spielt.
Oder den Bettina Rheims Sammelband von 2017, aber die nicht signierte Version (die für 50 oder 40 €). Viele kaufe ich aber erst als Remittente bzw. reduziert beim Stöbern in den Sonderangeboten, z.B. habe ich "Exposed" von Trevor Watson mal reduziert für ca. 10 oder vielleicht sogar nur 5 € mitgenommen. Der Monica Bellucci Bildband, vor 10 Jahren bei Schirmer & Mosel verlegt und fotografiert von denen, die wir gerade thematisierten, nämlich u.a. Bettina Rheims, Ellen von Unwerth, Peter Lindbergh und Helmut Newton, war mir dann doch zu teuer, als ich ihn für 100 € sah. Tja, und der kostet jetzt 200 € ...
Die meisten meiner Bildbände habe ich vor meiner MK-Zeit gekauft, also vor mehr als 10 Jahren. Die zunehmende online-Verfügbarkeit ist ein Grund, aber auch eben, daß ich nun meine eigenen Resultate aus der Modelfotografie habe und somit selbst etwas erreichte, wofür ich früher eben auf die Werke anderer angewiesen war. Früher ... hat aber noch einen weiteren Grund, nämlich meine Retro-Affinität : Wenn ich die Wahl habe zwischen einem Playboy-Heft von 2015 oder einem von 1985, werde ich höchstwahrscheinlich das von 1985 nehmen.
3 years ago
Bücher, gerade Bildbände haben diverse Schwierigkeiten. Damit sie wirken brauchen sie eine gewisse Größe. Die wenigsten Leute wohnen aber in einem Buchladen oder eine Bibliothek. Bei denen müssen sich die Bücher den Lebensraum mit allem anderen teilen und zum irgendwo im Keller verstauben sind die ja zu schade. Zumal Bildbände dazu tendieren teuer zu sein. Gerade bei Bildbände wird online gerne mit Einsichten in das Buch gegeizt, aber warum soll ich mir 10kg Bilder die ich nicht mag in mein Wohnzimmer legen? Beim örtlichen Buchdealer liegen die auch nicht aus und dann gibt es durchaus viele Leute die alles was sie fotografieren als Kunst ansehen und in einen Bildband pressen. Die Chance für einen Fehlkauf ist also real.
Ich habe hier durchaus Bildbände stehen, aber nachdem da auch schon einiger Schund dabei war ist der Reiz irgendwas zu kaufen was nicht sowieso jeder als Meisterwerk beschreibt sehr gering (das ausgeschöpfte Budget tut sein übriges).
3 years ago
FadingSun32 Nicht alle Fotobücher sind schwergewichtige coffee table books. Ich würde mal schätzen, dass 80% meiner Aktbildbände unter 2 KG wiegen, viele davon unter einem KG, wie z.B Lena C. Emerys Buch "RIE", das von der Kominek Galerie in Berlin in einer Auflage von 750 Exemplaren herausgegeben wurde und 78 Seiten umfasst. Oder Calin Kruses "Schmetterling", das ca. A-5-Format hat und 64 Seiten umfasst, also eher ein Zine ist. Kruse ist übrigens nicht nur Fotograf, sondern auch einer der besten Fotobuchdesigner Deutschlands und Verleger.

Ich denke mal, dass die meisten Fotobücher, Akt eingeschlossen, in kleinen Auflagen von kleinen Verlagen sowie Galerien und ausstellenden Institutionen herausgegeben werden. Etliche erscheinen auch im Selbstverlag. Der bereits erwähnte Ren Hand publizierte anfangs ausschließlich im Selbstverlag. Sein mächtiger Bildband bei TASCHEN erschien erst kurz vor seinem Freitod, als er bereits international mit seinen Aktaufnahmen Furore gemacht hatte. Calin Kruse hat übrigens für die Ren Hang Ausstellung bei Ostlicht in Wien vor einigen Jahren den riesigen Posterkatalog in Folioformat gestaltet, Auflage relativ gering, ich glaube, es sind 600 oder 800 Exemplare. Wenn man noch ein Exemplar im Antiquariat, bei Ebay oder Amazon oder auf einer Fotobuchauktion entdeckt, wird es teuer gehandelt. ich habe im letzten Jahr ein Exemplar für rund 1000 € bei Ebay gesehen, weiß aber nicht, ob es zu diesem Preis veräußert wurde. Ich hatte seinerzeit ca. 50 € dafür gezahlt.

Ich kaufe Bücher übrigens nur nach vorherigem Durchgucken, nie blind, es sei denn, mir ist das Werk des Fotografen oder der Fotografin bereits sehr vertraut und ich möchte einfach eine Publikation von ihm oder ihr besitzen. Platz für (Foto-)bücher habe ich immer, dafür besitze ich so gut wie kaum etwas anderes, so dass sie kein zusätzlichen Platzproblem darstellen können. Bei mir verstauben sie auch nicht, denn ich schaue mir die Bücher, die ich wirklich erwerbe, auch gelegentlich an, aus Freude und aus beruflichem Interesse, da ich über Fotografie schreibe, Interviews mit Fotografen, Galeristen, Verlegern, Fotohistorikern etc. führe und Ausstellungen kuratiere. Selber zu fotografieren ist nur ein Teil meines Berufsbilds.

In Berlin bin ich natürlich in der wunderbaren Situation, hier auch fast alle Wunschbücher in Fachbuchhandlúngen ansehen zu können, bei Walther König, im Bücherbogen oder aber bei Bildband Berlin, einer Buchhandlung im Prenzlauer Berg, betrieben von zwei Fotobuchenthusiasten, die auf Messen und Reisen ins Ausland auch hierzulande unbekannte Werke einkaufen, um sie in Berlin anbieten zu können. Bildband Berlin ist mittlerweise so bekannt, dass Fotografen und Fotografinnen aus aller Welt bei einem Berlinbesuch vorbeischauen und ihre eigenen Bücher vorstellen. Da bleibt dann auch schon mal ein spannendes Werk aus Japan, Polen oder sonstwoher im Laden hängen und bereichert das Angebot.
Hier bei mir gibt es außer Taschen keine Aktfotografie als Bildband zu kaufen. Selbst Landschaftsfotografie im Kunstbereich ist im Buchladen kaum bis gar nicht direkt erhältlich. Da stehen nur die üblichen Reisebildbände.

Ich kann da nur von mir selbst reden. Akt in der Öffentlichkeit, erst recht - gefühlt - wenn es im "ländlichen Raum" stattfinden soll ist richtig, richtig schwer geworden. Meine letzten Ausstellungen waren sämtlich "aktfrei", in den Galerien liegen/hängen nur Landschaftsaufnahmen. Akt-Kalender zu platzieren wird auch immer schwerer. Mein "Hausverlag" hat schon abgewunken. Es fehlt das Publikum für nochmals 3000 Exemplare. Das war schon beim letzten ein Kraftakt und nur über "immerwährend" machbar. Der im Hinterkopf geparkte Bildband ist damit auch vom Tisch. Andere Kalender bei den bekannten Onlineverlagen verkaufen sich zusehends schlechter, bzw. neue werden gar nicht mehr aufgelegt.

Die Folge ist der Versuch das mit Print on Demand (Blurb) selbst in die Hand zu nehmen. Als echter Selbstverlag (also Druck, Vertrieb, etc) braucht es entweder ein großes, nicht so schnell erschütterbares Konto oder viel, viel Kaltschnäuzigkeit und einen laaangen Atmen. Und dann sind wir doch mal ehrlich. Ein Buch in einer Auflage unter 1000 ist nicht viel mehr, als sich selbst den Bauch zu reiben. Satt wird man davon nicht.
3 years ago
FadingSun32:
Bücher, gerade Bildbände haben diverse Schwierigkeiten. Damit sie wirken brauchen sie eine gewisse Größe.

Mir sind kleinformatige Bände deutlich lieber. Ob ein Foto gut ist, sehe ich auch bei einer Kantenlänge von 20 cm, zumindest bei Portrait oder Akt, und in der Größe kann man sie gut in der Hand halten und durchblättern.
Mit großformatigen und womöglich auch noch dicken Bänden kann man selbst im Sessel sitzend kaum noch umgehen, die muss man fast auf einen Tisch legen. Wenn ich da an Newtons "Sumo" denke - und ich habe nur die "kleine" Version - da zählt das Durchblättern in der Hand fast als Krafttraining.
Und hinzu kommt noch die Angst, irgendwann von seinen Billys erschlagen zu werden.
3 years ago
Nude & Erotic Deine Beobachtungen teile ich und es macht auch zusammen genommen Sinn. Der online-Handel boomt, dadurch reduziert sich die "Schmökerei" im lokalen Buchhandel. Kleine Buchläden schlossen dauerhaft ihre Türen in meiner örtlichen Umgebung. Teilweise mangels Umsatz, teilweise, weil der Inhaber aus Altersgründen keinen Nachfolger findet....es überleben aufgrund der Skaleneffekte nur noch die ganz großen Buchhandlungen mit viel Laufkundschaft. Hohe Ladenmieten bedingen den Druck, weniger zu lagern und zu zeigen oder eben nur die Verkaufsschlager. Da richtet man dann lieber eine größere Spielecke für die Kinder ein oder eine Kaffee-Nische, als ein paar weitere Bücher zur Auslage zu stellen. Das schwierige Auffinden von qualitativ hochwertigen Arbeiten hat zur Folge, dass weniger Menschen danach noch Ausschau halten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass unbekannte Künstler es ungleich schwerer haben als renommierte Akteure.

Zudem hat sich das Verbraucherverhalten verändert. Wann ward ihr das letzte Mal in einer Buchhandlung bzw. seid sogar extra nur zum Bücher sichten angereist? Wer sitzt heute noch Abends auf der Couch und nimmt sich regelmäßig ein schönes Buch (was er schon kennt), wenn er auf dem Tablet, Smartphone oder PC nach Schlagworten so ziemlich alles an Themen und Bildern in Sekundenschnelle finden kann und nebenbei noch mit Freunden kommunizieren kann.

Ich selbst kaufe nur ganz wenige Bücher, aber auch immer erst nach Durchsicht und in den letzten Jahren keine Aktfotografien. Die Inflationär nackte Haut im Netz hinterlässt Spuren. Es wird vieles auch nur noch kopiert. Der Betrachter will Herausragendes und Neues sehen. Durch das kinderleichte Selbstfotografieren werden Aktfotografie-Interessierte motiviert, ihre eigenen Reihen zu fotografieren. Das führt sogar dazu, dass mäßig talentierte ihre eigenen Bücher schreiben und publizieren (warum auch immer sich ein Verleger finden lässt, wird für mich im Verborgenen bleiben) oder Kalender produzieren. Berlin ist wahrscheinlich die einzige Stadt in Deutschland, die noch ein so breites Angebot auf so hohem Niveau zu bieten hat. In Frankfurt/M sieht das schon sehr viel düsterer aus.

Die von dir erläuterte Auflagenhöhe von ca 1000 Exemplaren erscheint mir als logisch und sinnvoll.
3 years ago
Um mal aus eigener Erfahrung zu erzählen.. ich hab noch vor 15 Jahren ab und an Bücher in großen Buchhandlungen gekauft und da auch ab und an Aktfotobildbände. Besonders weil man manchmal noch durchblättern konnte. Ich bin dazu auch gerne mal in die Stadt gefahren (München oder Augsburg).

Aber irgendwann haben dann alle größeren Buchhandlungen umgestellt und genau die gleiche Massenmarktware angeboten. Egal in welchem Bereich und natürlich auch bei Fotobänden.

Da lohnt das nicht mehr. Und Bildbände online, da ist schon das Problem das man gerne mal reinschauen möchte bevor man dann 50-100€ auf den Tisch legt.

Und einen Eindruck habe ich.. die verkauften Themen sind zahmer geworden. Nicht weniger nackt oder so, aber irgendwie thematisch zahmer und weniger edgy oder empörend.
3 years ago
christian-forster Es gibt online Möglichkeiten, interessante Fotobücher virtuell durchzublättern und tiefergehende Informationen über sie zu erhalten, unter anderem auf der Webseite des Österreichers Josef Chladek, der dort ein "Virtual Bookshelf" betreibt. Eine echte Fundgrube.
https://josefchladek.com/

Auch die slovenische Seite https://theangrybat.com/ bietet die Möglichkeit, sich zu informieren. Auf Vimeo stellt der Macher dieser Seite, Matej Sitar, Bücher als Video ein, also er filmt das langsame Durchblättern der Fotobücher, so dass der Betrachter sie Seite für Seite sieht.
https://vimeo.com/user15724647

So kann man sich auch in ländlichen Regionen wunderbar über die aktuelle Fotobuchproduktion informieren und, wenn neugierig geworden, ein Buch beim Verleger bestellen.

T | BICHLER - Workshops & Coachings Auflagen unter 1000 Exmplare sind keineswegs Eigen-Bauchpinselei. Ich habe gerade das neue Buch von Miron Zownir bekommen, "Romania Raw", erschienen bei POGO Books, mit einem Risographen gedruckt, handgenähte Fadenbindung. Auflage 120 Exemplare. Das Buch war ruckzuck vergriffen und ist schon jetzt ein Sammlerstück. Irgendwann wird es auf Fotobuchauktionen auftauchen, einfach weil es eine großartige handwerkliche Arbeit ist und fantastische Dokumentarfotos zeigt. Für den Verleger war es eine Liebhaberei, für den Fotografen ist es ein Produkt, dass seine aktuelle Museumsausstellung in Rumänien begleitet. Sein Geld verdient Zownir durch den Verkauf seiner Fotos durch die Galerie Bene Taschen in Köln (ja, es ist der Sohn von Benedikt Taschen [Senior])

Leben kann man nie von Fotobüchern, die Zeiten sind unwiderbringlich vorbei, auch nicht bei einer Auflage von 1000 Exemplaren. Wer Wert auf Ausstattung (Einband, Bindung, Papierqualität, Satz etc.) legt und mit einem Buchdesigner zusammenarbeitet, der wird schon bei einer Seitenzahl von 96, mit Fadenbindung und französischer Broschur, Format z.B. 30 x 24 cm, ganz schnell 10.000 € los. Das kriegt man über den Verkauf kaum wieder rein. Man müsste den Preis nach oben drehen, was dann jedoch die Anzahl der potentiellen Käufer verringert.

Das Fotobuch ist heutzutage ein Aushängeschild für die eigene Arbeit, mit dem man auf sich aufmerksam macht, Kunden gewinnt, Sammler, Auftraggeber und Redaktionen erreicht. Und ein gut gemachtes Fotobuch bleibt in Erinnerung, und sei es nur in Fach- und Sammlerkreisen. Für jemanden, der ein Werk aufbaut, ist das ein nicht zu unterschätzender Wert.
[gone] User_432557
3 years ago
#8 In der Musik ist das wie mit der Fotografie. Die Beatles waren vor 60 Jahren noch Elternschreck, heute erfreut man sich des kultivierten musikalischen Niveaus jener Combo.
Was vor 20 Jahren in der Fotografie noch empörte, erzeugt heutzutage oft nur ein müdes Lächeln.
Sa-La-Mie wie wie der Franzose sagt *lol*.
3 years ago
[@432557] Das klingt so, als ob für Dich nach den Beatles nichts mehr kam in der Musik, was in der Lage gewesen wäre, bekannte Hörgewohnheiten herauszufordern. Gab es natürlich und gibt es weiterhin. Und so verhält es sich auch mit der Fotografie. Es kommen immer wieder Bilder und Werke, die verstören, überraschen, neue Herangehensweise an ein Sujet aufzeigen etc. Lanweilig wird die Fotografie nie, man muss sich nur die Mühe machen, die Perlen aus der Flut der akademisierten Fotografie und der privaten Schnappschuss- und Hobbybildnerei herauszufischen.
Nude & Erotic Ja, was Bildbände/Fotobücher angeht, da gebe ich Dir Recht. Aber bisher konnte ich vom Buchverkauf über Verlage ganz gut mein Dasein aufhübschen. Da hat es schlicht die Masse die Kasse gemacht. Das ist aber massiv eingebrochen.

Mit Bauchreiben meinte ich genau dieses. Ein Bildband poliert mein Ego auf, macht vll auch ein wenig Werbung. Aber da sehe ich andere Möglichkeiten. Und wie Du schon sagst, es braucht ein gut gefülltes Konto, egal ob das eigene oder das von Papa, Oma, Onkel...

Und wenn die xxx Stück zu regulären Preisen vergriffen sind, habe ich leider als Verfasser nichts mehr davon, wenn selbige sich nachher als Sammlerstück nach oben schaukeln.
zu deinen fragen:

ich habe selber um die 50 oder 60 bücher ( die meisten zum thema akt ), aber auch von einzelnen fotografen alle bücher die sie heraus gegeben haben. für mich persönlich hat ein buch schlicht und ergreifend einen ganz anderen stellenwert als ein bild online anzusehen. ich möchte mich in ruhe hinsetzen können und die fotos auf mich wirken lassen.
die bücher stehen zwar hin und wieder auch einige jahre nur im regal, aber von zeit zu zeit blättere ich gern durch meine bildbände ( sei es um mal wieder neue anregungen zu bekommen, oder auch nur zum zeitvertreib ).

selber habe ich bisher zwei bücher publiziert, das erste in kooperation mit einem verlag ( würde ich nicht mehr machen, außer es kommt ein großer verlag;-) ), das zweite komplett im eigenverlag ( also sowohl produktion, als auch vertrieb selbst übernommen ). die bücher sind beide groß, schwer und dick ;-) - aber das wollte ich zusammen mit meinem artdirector auch genau so haben und bin deshalb hoch zufrieden. natürlich ist die ganze sache ein hochrisikogeschäft gewesen, aber der eigenverlag bringt den vorteil, dass man alles so umsetzen kann, wie man es sich vorstellt und keine kompromisse eingehen muss.

weil du die qualität beim druck wissen wolltest: für mich kommt hier nur offset druck in frage - print on demand geht meines erachtens gar nicht. der nachteil ist leider, das man eine höhere auflage braucht wenn man offset druck möchte.

es ist natürlich schwierig die bücher an den mann zu bringen, aber bei mir war das auch eher ein herzensprojekt:-)

eines ist fix: buch nummer drei wird kommen ;-) - wann auch immer das sein wird
3 years ago
Mit ihren Beiträgen hier haben MAINpics, T BICHLER und der TO selbst eigentlich schon vieles richtig erwähnt.

Aus eigener Erfahrung kann ich nur folgendes ergänzend dazu beitragen:
Seit fast 25 Jahren lege ich selbst einen sehr hochwertig gedruckten, großformatigen (50 x70) Kalender im Duplex Druck Verfahren auf. Schutzfolie etc. alles inbegriffen. Auflagen in der Spitze 2.000. Inzwischen nur noch 400 Stück!

Die Gründe sind vielfältiger Art und würden den Rahmen sprengen darauf näher einzugehen. Im übrigen weicht dies auch zu weit vom Thema ab.

Von nahezu allen Produktionen habe ich noch heute Rest Exemplare. Gerade aktuell bestellte zwar ein Kunde neben dem Kalender für 2021 noch einen aus 1999 (Arizona). So etwas kommt immer wieder mal vor. Mein Kalender 2005 (Namibia - Auflage 1.000) war (die große Ausnahme) innerhalb von nicht einmal 5 Wochen vergriffen. Worauf meine Agentur meinte es wäre ratsam noch einen Bildband aufzulegen. Gesagt, getan. Erschienen in 2007 mit einer Auflage von 1.000 Exemplaren. Ebenfalls in hochwertiger Aufmachung (mit Kunsteindruck) im Format 33 x 24. Noch heute sitze ich auf etwa 250 Exemplaren. Warum? Nun nicht wenige meiner Kalender Stammkunden argumentierten etwa wie "soll ich mir den Bildband an die Wand hängen?"

Will sagen: Kalender und Buch Kunden sind ein völlig anderes Klientel!

Selbst wenn ich das Risiko nochmals eingehen würde, erneut einen Bildband aufzulegen, dann nur mit einem Co-Produzenten zusammen, der für eine nicht unwesentliche Stückzahl zeichnen müsste.

Nur um so etwas aber in Angriff zu nehmen, dazu fehlt mir aber Lust und Laune. Und wie Thomas Bichler richtigerweise ausführt, dient das im Endeffekt nur zur Selbstbestätigung und eigenem "Bauchbepinseln".
3 years ago
T | BICHLER - Workshops & Coachings Norbert Hess
Ich denke, dass wir einfach von unterschiedlichen Berufsvoraussetzungen ausgehen, wenn ich schreibe, das Buch sei weit mehr als Bauchpinselei für einen selbst und ihr es wohl primär als das anseht.

In meinem Berufsumfeld habe ich es mit Fotokünstlern zu tun und mit freiberuflichen Fotojournalisten und Dokumentarfotografen. Die alle benötigen Bücher für ihr persönliches Fortkommen (unabhängig davon, dass sie auch dem eigenen Ego wohltun). In einem Gespräch mit Ute Mahler (Agentur der Fotografen Ostkreuz) bestätigte sie mir, dass das Buch für sie und ihren Mann Werner, aber auch für ihre Studenten und Studentinnen wichtig sei. Für die Jüngeren dient das Buch die zumeist selbstfinanzierten Fotoprojekte zu bündeln und abzuschließen (Redaktionen zahlen heutzutage in den seltensten Fällen vorab etwas für Reportagen, sie wollen sie fertig auf dem Tisch haben, vorfinanziert von den Fotografierenden). Ist aber einmal ein Buch da, erhalten sie oftmals - im Sog der Presseberichterstattung darüber - die langersehnten Aufträge. So geschehen beispielsweise bei Andrea Diefenbach, deren Uniabschlussarbeit ihr Projekt (und BUCH) "Aids in Odessa" war, ein wirklich grandioses Werk, sehr beeindruckend und mitfühlend. Es war dieses Buch, dass ihr in der Folge Aufträge einbrachte, unter anderem von der Zeitschrift Brigitte, die sie nach Moldavien schickte, um dort eine Dokumentation zu machen. Das Buch war für sie ein Türöffner.

Aus Kunstsicht kann ich die Notwendigkeit von Büchern aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Ich habe selber viele Jahre als Galerist gearbeitet und für mich war es immer wichtig, Publikationen mit Arbeiten der Künster und Künstlerinnen bzw. Fotografen und Fotografinnen zu haben, die ich vertreten habe. Damit konnte ich arbeiten, mich an Sammler wenden etc. Das Buch ist ein wesentliches Tool um Kunst und Fotografie verkaufen zu können. Und unterschätzt es nicht; Sammler und Käufer erwarten regelrecht, dass die von ihnen erworbenen Werke irgendwann auch in Büchern auftauchen, denn das ist auch für sie eine Bestätigung. Deshalb publizieren Galerien, so sie denn finanzstark genug sind, auch Kataloge, oftmals sehr opulente, in der die zu verkaufenden Werke enthalten sind. Die Galerie Kicken (ausschließlich Fotografie) beispielsweise hat immer Wert auf hervorragend gestaltete und inhaltlich dichte Bücher gelegt, die sie entwedr selber verlegt hat oder die sie als Co-Finanziers u.a. im Verbund mit Museen produziert haben. Und letztendlich ist das Enthaltensein von Werken in eigenen Büchern oder gedruckten Katalogen für diejenigen auch von allergrößter Bedeutung, die es mit der Zeit schaffen, in den Secondary Market und ins Auktionsgeschehen vorzudringen, denn spätestens da ist es regelrecht wertsteigernd bzw. wertfestigend, wenn die Arbeiten/abgedildeten fotografischen Werke durch Publikationen dokumentiert sind; je häufiger desto besser.

Ihr habt natürlich recht, wenn es sich um Fotografen und Fotografinnen handelt, die ihr Einkommen über Fotostudios oder als Auftragnehmer generieren, da mag es in vielen Fällen nicht von großer Bedeutung sein, mit einem eigenen Buch aufwarten zu können. Da ist für die Kundenpflege ein Kalender vielleicht das geeignetere Mittel. Oder eine gute Fotostrecke in einem Modemagazin.

Es gibt einfach unterschiedliche Notwendigkeiten in den verschiedenen Bereichen der Fotografie.

Es freut mich übrigens, dass hier ein paar interessante Ansichten von MKlern geäußert werden.
3 years ago
Damit (#15) ist das ursprüngliche Interesse der Buch- bzw. Katalogpublikation doch gut dargestellt, nämlich stets in engem Kontakt zum Interesse, auf dem Kunstmarkt eine Rolle zu spielen. Bildende Künstler sind in demselben Dilemma, sie wissen, dass auch Kunstsammler viel im Internet unterwegs sind und kontemplative Beschäftigung mit Büchern zwar nicht ausstirbt, aber doch nachläßt. Und die Konkurrenz außerdem immens gewachsen ist. (Wenn ich als Jugendlicher in Buchhandlungen gegangen bin, war das Angebot an Fotobildbänden auf dem Markt recht überschaubar, sogar an Kunstbildbänden.) Dilemma, weil die Auflagen-Produktion teuer ist und sich erst ab einem bestimmten Niveau lohnt und sich immer weniger Institutionen finden, die das finanzieren wollen (oder es drängen umgekehrt zu viele Bildautoren auf den Markt) und bei großer Konkurrenz weniger Käufer. Obwohl die Bände z.T. um die Hälfte billiger geworden sind, seit Taschen.
Ich habe das Gefühl, nachdem der Rausch (80er) günstiger Bildbände wieder nachgelassen hat, sind wieder vermehrt Liebhaber die Zielgruppe - bei ziemlich großer Angebotsbreite. Meine befreundete Buchhändlerin (Bücherbogen Berlin) nimmt nicht mal mehr interessante Werke in Kommission und musste sich ausserdem verkleinern als Mit-Marktführerin.

Ich selbst bin als "Liebhaber" zum Kunst- bzw. Fotobuch gekommen und habe jetzt beim Kauf das Gefühl, wieder in diesem Kreise zu sein. Das ist vielleicht ein bisschen elitär, aber schlimm finde ich das auch nicht.

Eine selbstverliebte Eigenproduktion ist doch legitim und der Markt bietet mit on demand da auch eine geeignete Zwischenlösung für jedermann. Sie repräsentiert eine gesunde Sicht auf den eigenen Stellenwert.

Jenseits der paar größeren Publikationen, wo ich mit etwas Glück mitvertreten war (und mich darüber gefreut habe), halte ich meine Arbeiten aber nicht für so spektakulär, dass ich glaube, auf dem Markt mitmischen zu können. Diesbezüglich sehe ich, auch unter Bildenden Künstlern, viele problematische Selbsteinschätzungen, die meist in großem Frust enden.

Das war jetzt leider etwas allgemeiner als speziell zum Aktfotobuch.
Nude & Erotic
Jein. :)
Ja, natürlich, Bücher lagen (und liegen) jeder Ausstellung und in jeder Galerie zur Ansicht und zur Nutzung, als Portfolioübersicht/Katalog für interessierte Kunden (den es ist ja jeweils nur ein Auszug im Original zu sehen) oder zum "Herumreichen" und zeigen wer da hängt, sei es an der Wand oder im Hängeordner. Aber das sind Kleinstauflagen im ein- bis zweistelligen Bereich.

Und ja, natürlich würde ich sofort von allen Themenbereichen schicke, haptisch wertvolle Bücher auflegen, könnte ich es mir leisten oder würde ich Verlage finden die da mitziehen. Kann ich aber nicht. Also muss ich abwägen: ist es Bauchstreicheln oder ein lukratives Geschäft? In fast allen Fällen ist es ersteres. Letztlich stirbt bei mir die Kunst am nicht vorhandenen Budget selbige zu fördern. Meine Bilder sind zu nackt (wobei das Thema Akt für mich hins. Buchveröffentlichung zweitrangig ist) und zu wenig "bissig" und polarisierend, um in der Presse anklang zu finden, mal von Lokalpresse und "Kunstmagazinen" abgesehen. Ich bin thematisch zu brav und zu alt, um das noch ändern zu wollen. :)
3 years ago
Akt-Photobücher, ein spannendes Thema. Ich liebe Photobücher und habe einige in meiner Sammlung.
Leider aber ist in letzter Zeit im Akt Bereich nicht mehr viel los. Der Taschenverlag war noch vor ein paar Jahren
sehr aktiv aber mir ist, dass seit der wunderbaren Ausgabe von Laurent Benaïm nichts mehr erschienen ist.
Auch beim Reussverlag ist nichts mehr spannendes rausgekommen, ausser Erweiterungen von etablierten Serien. Denselben Eindruck hab ich beim dienacht Verlag.
Trotz Internet ist es aufwändiger geworden spannende neue Akt Bücher zu finden. Empfehlen kann ich noch die Edition Bessard, der Pierre Bessard macht regelmässig wunderschöne Photobücher mit verschiedenen Künstler und Designer, wobei weniger Akt. Jetzt, aktuell mit dem Photographen Wu Liewei.
Ich hatte grosse Hoffnung, dass mit dem Durchbruch von Ren Hang, mehr chinesische Aktphotographie zu uns kommt aber wie mir scheint, wurde nichts aus der gelben Aktwelle.

Leider war dieses Jahr nichts mit den verschiedenen Photobuchfestivals. Polycopies in Paris (die zeitgleich mit Photo Paris läuft) ist immer ein spannender Ort neue Bücher zu entdecken. Meistens sind auch die Photographen vor Ort.
In Biel (Schweiz) wäre dieses Jahr auch das erste Mal ein Photobuch Festival gewesen, wurde aber leider auch auf nächstes Jahr verschoben. Ich wollte in Biel auch mitmischen (ich hab auch noch ein paar Kilos an Bücher die ich nie verkaufen konnte :-).
Falls mal jemand per Zufall in Lausanne (Schweiz) ist, dem kann ich die "librairie HumuS" sehr empfehlen. Die Buchhandlung ist spezialisiert auf erotische Bücher. Wobei mir das letzte Mal der Verkäufer gesagt hat, dass es für
ihn auch immer schwieriger wird neue Bücher einzukaufen.

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