Drei Fragen zu einem Arbeitsvertrag 12

30.05.2009
Hallo allerseits!

Im Arbeitsvertrag (nicht mein eigener) soll nach Wunsch des Arbeitgebers stehen:

Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts oder die Erhebung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages durch den Arbeitnehmer im Falle von Gehalts- bzw. Lohnrückständen ist ausgeschlossen.


1. Frage: Das heißt übersetzt: Auch wenn kein Lohn gezahlt wird, muss der Arbeiter weiter arbeiten?

2. Frage: Ist das eine übliche Formulierung? (Mir selbst ist sie noch nie untergekommen)

3. Frage: Ist eine solche Klausel legal? (Klar gibt es Vertragsfreiheit. Aber schützt eventuell der Gesetzgeber vor einer solchen Klausel?)

Ich freue mich auf sachdienliche Hinweise. (Ist zwar Laberecke, aber deshalb muss das Thema ja nicht ausufern =) )
Vielen Dank und eine gute Nacht!
Kay
30.05.2009
3. in der klammer : ja

bei lohnrückständen mahnen, klagen und des doppelte kassieren ;o)
30.05.2009
Original von kajus (HH)


1. Frage: Das heißt übersetzt: Auch wenn kein Lohn gezahlt wird, muss der Arbeiter weiter arbeiten?

Kay


Hier ein Link dazu, den ich gerade ergoogelt habe

Ich *glaube*, ja.

Ich würde das nicht unterschreiben, oder streichen.
30.05.2009
nach § 273 BGB ist das in meinen augen nicht zulässig. dort steht, dass der arbeitnehmer die arbeit einstellen kann, wenn der arbeitgeber zwei monate im rückstand ist. in § 615 BGB heißt es, dass die nicht gearbeitete zeit auch dann nicht nachgearbeitet werden muss, wenn der arbeitgeber schlussendlich zahlt.
zu 1) würde ich auch so lesen.
zu 2) ich habe schon viele arbeitsverträge gesehen und habe eine solche formulierung noch nie entdeckt.
zu 3) formulierungen in verträgen, die eine einseitige benachteiligung eines vertragsnehmers darstellen, verstoßen gegen treu und glauben.
meine nicht-juristische laienhafte meinung: das dürfte hier der fall sein.
30.05.2009
Schon mal vielen Dank für die zahlreichen hilfreichen Rückmeldungen! Der Link von Karl und die Angabe von Hennig würden zusammen genommen bedeuten:

Bis zu 1,5 bis zwei Monaten Gehaltsrückstand darf ich meine Arbeit so oder so nicht nieder legen. Die Vertragsklausel wäre für diesen Zeitraum also redundant. Greifen würde sie erst danach. Und meine grundsätzlichen Bauchschmerzen teilen wohl noch mehr Leute. Sonst noch Einschätzungen?
[gone] www.trash-pixel.de
30.05.2009
Ich spreche jetzt mal aus meiner Erfahrung als ehemaliger Betriebsrat:

Eine solche Klausel in einem Arbeitsvertrag, die eine Vertragspartei deutlich und einseitig benachteiligt ist sittenwidrig. Würde es zu einem Verfahren kommen, hätte der Arbeitgeber in diesem Fall sehr schlechte Karten, die gängige Rechtsprechung neigt dazu, diesen Teil des Vertrages als nichtig und unwirksam einzustufen und dem Arbeitnehmer vollen Schutz zu gewähren.
Das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmersist das einzige probate Mittel, den Arbeitgeber an seine Hauptpflicht zu erinnern, nämlich die Zahlung von Lohn.

Natürlich sind hier Formen und Vorschriften zu wahren für den Arbeitnehmer:

1. schriftlich in Verzug setzen mit 14 Tagefrist
2. Arbeitgeber abmahnen mit Androhung der Zurückbehaltung
3. Beweissicherung (Kontoauszüge, Nachweise ect) für den Schadensersatz

Der Arbeitnehmer wäre im Fall des Verfahrens in der Beweispflicht.
Zwar sagen die Gerichte, 1,5 Gehälter sind das Minimum um tätig zu werden, man neigt aber schon dazu, dass man bereits nach 1 Gehalt tätig werden kann, wohl auf Grund der privatwirtschaftlichen Situation der Arbeitnehmer.

Erste Hilfe für den Fall der Fälle:

Sofortige Klageerhebeung
Antrag bei der ARGE auf Lebensunterhalt (Falls es schon mehrere Gehälter sind)
Nachdruck verleihen beim Arbeitgeber (täglich Vosprechen ob das Geld denn nun da ist und ggf sofort wieder die Arbeit aufnehmen wenn ja)

Unterschreiben kann man so ein Vertrag schon, wie gesagt im Fall des Falles wäre die Klausel unwirksam. Wenn schon im Vertrag so was steht, dann würden bei mir als Arbeitnehmer die Arlamglocken schreien!

§ 320 BGB
Einrede des nicht erfüllten Vertrags.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.


Das ist der entscheidende Paragraph dazu ...
Die Meldung bei der ARGE ist auch deshalb von Bedeutung, weil für den Fall, daß dieser Arbeitgeber die Hufe hochreißt (Insolvenz anmeldet) das Insolvenzgeld sonst nicht rückwirkend gezahlt wird und der rückständige Lohn definitiv eingebüßt und nicht einklagbar ist.
Also trotz unserer gutgemeinten Ratschläge alle Schritte mit Arge und Arbeitsgericht rechtzeitig!! abstimmen.
Und diese Klausel ist sittenwidrig und hätte keinen Bestand. Wenn der Arbeitsvertrag vom AG deswegen gelöst wird - klagen
[gone] Die Biggi
31.05.2009
Leute hört auf Euch in Vermutungen zu verstricken. Da gehen einem ja die Nackenhaare hoch. Die MK ist mitnichten der richtige Ort um einen Arbeitsvertrag bzw. einzelner darin enthaltener Klauseln prüfen zu lassen. Übrigens haben die meisten bisherigen Schreiber hier das Thema weitestgehend verfehlt!!!
Hier kann die Gewerkschaft und/oder ein Arbeitsrechtler helfen. LG Birgit
[gone] Nasty World Media
31.05.2009
@Wolfgang Blachnik:

Was hat die Meldung bei der Arge damit zu tun ob der rückständige Lohn bei einer Insolvents definitiv eingebüßt und nicht einklagbar ist?

Einklagbar ist der Lohn doch mit Sicherheit auch wenn bei einer Insolvenz fraglich ist was quotenmässig bei rauskommt. Aber eine zuspäte Meldung bei der Arge ändert doch an der Lohnquote nichts die man ausbezahlt bekommt?


Gruß
Nasty
Wenn Du Dich rechtzeitig bei der ARGE meldest, bekommst Du von denen den ausstehenden Lohn rückwirkend für drei Monate vor Insolvenzantrag. Wenn Du Deine Lohnforderung erst mit Bekanntwerden des Insolvenzantrages stellst, ist das Geld praktisch verloren. Auf die Quote aus einem möglicherweise eröffneten Insolvenzverfahren zu hoffen, ist wie Teilnahme am Hütchenspiel.
Ansonsten wie schon mehrfach geschrieben: Ab zum Arbeitgericht oder zur ARGE, wir Wunderdoktoren hier werden es nicht richten !
Schönen Sonntag
[gone] Nasty World Media
31.05.2009
@Wolfgang Blachnik:

Danke für die Info - so macht das Ganze natürlich Sinn. ;)


Gruß
Nasty

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