Ausfallrechnung bzw Stornogebühren ? 22

[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
18.02.2013
Ein Pärchen hat bei mir eine Hochzeitsreportage für dieses Jahr gebucht. Mit Email-Bestätigung über die Annahme meines Angebotes.

Heute kam sinngemäß diese Mail:
Ein Freund der Familie möchte dem Pärchen die Hochzeitsbilder (die er anscheinend selbst fotografieren will) zur Hochzeit schenken. Daher möchten sie meine Dienste nicht mehr in Anspruch nehmen.

Ich habe das Pärchen darauf aufmerksam gemacht, dass durch ihre Email mit der Bestätigung des Auftrags ein Vertrag zustande gekommen sein. Da ich in der Zwischenzeit schon einige Male den Termin hätte anderweitig vergeben können und nicht weiß, ob noch ein Auftrag für den entsprechenden Tag hereinkommt, habe ich ihnen mitgeteilt, dass ich eine Ausfallrechnung bzw. Stornogebühren erheben werde, falls die Termin nicht neu besetzt werden kann. Der Grund ist für mich einfach nicht akzeptabel - bei einer Absage der kompletten Hochzeit hätte ich übrigens aus Kulanz bis 3 Wochen vor dem Termin nichts berechnet.

Ich dachte dabei an 25 % des ausgehandelten Preises (1200 Euro = 300 Euro Ausfallrechnung). Zur Erklärung: Hochzeitsreportagen über mehrere Stunden werden hier üblicherweise im Februar für den folgenden Sommer angefragt. Ab März kommen fast nur noch Anfragen für stundenweise Hochzeitsbilder.

Wie handhabt ihr (Profifotografen) das?
Bei einem großen Verlagshaus bekomme ich übrigens 30 % Ausfallgage für den Fall, dass ein Shooting abgesagt wird. Bei einer Hochzeit hatte ich noch die eine nachträgliche Absage.
18.02.2013
War denn im Vorfeld eine Stornogebühr vereinbart oder steht etwas ensprechendes in Deinen AGB (wenn vorhanden)?
[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
18.02.2013
Das war leider nur mündlich abgesprochen. Aber ich hatte bereits Kosten (Emailverkehr, 2-stündiges Treffen zur Vorbesprechung).
18.02.2013
Du fragst da reichlich spät.

Zitat: Unter Stornogebühr versteht man eine Vergütung, die im Falle der Ausübung eines Rücktrittsrechts vereinbart wird. Stornogebühren können auch an bestimmte Bedingungen (z.B. Rücktrittsgründe) geknüpft oder zeitlich befristet werden.

Das Schlüsselwort hier: „vereinbart“. Hat denn dein Kunde vorab von den Konsequenzen einer Stornierung gewusst? Hast du ihm deine AGBs zukommen lassen und hat er ihnen zugestimmt?

Du kannst dich auf den Standort stellen, dass dein Kunde und du einen gültigen Vertrag haben. Du erbringst deine Leistung und berechnest sie ihm (ob der Kunde deine Fotos noch braucht oder nicht, ist ja nicht dein Problem). Falls er dich am Fotografieren hindert, kannst du ihm deinen Verdienstausfall berechnen. Nachteil: du musst dir den Tag auch frei halten und darfst keinen anderen Auftrag annehmen.

Ich bin kein Jurist, aber insgesamt erstaunt mich deine Frage. Du berechnest 1200 € pro Tag und hast aber nicht mal einen Anwalt über deine AGBs drüber sehen lassen bzw. mit ihm besprochen, wie du deine Interessen im Konfliktfall wahren kannst. Ich würde an deiner Stelle immer etwas schriftlich machen, dein Angebot auf Geschäftspapier per Post und deine AGBs auf der Rückseite. Wenn er dann dein Angebot annimmt (per Mail), hat er deine AGBs geschluckt und Stornogebühren laufen entsprechend der AGBs. Oder du verlangst 25% Anzahlung (wer besitzt, hat schon zu 90% Recht – wenn du die 300 € als Anzahlung in deiner Tasche hättest, wäre seine Position viel schwächer und deine entsprechend stärker – er müsste das Geld von dir zurück klagen). Wenn du schon Vorgespräche machst, nimm ein Auftragsformular mit und lass ihn drei Kreuze drunter setzen.

Sprich mit deinem Anwalt, lass dir von ihm die Stärke deiner Position erklären und verhandle dann über eine Stornogebühr. Jetzt aus deinem Ärger heraus irgendetwas durchsetzten zu wollen, könnte nach hinten losgehen. Ärgerlich bist du doch in Wirklichkeit nicht über deinen Kunden sondern über deine Dusseligkeit, dich nicht rechtzeitig abgesichert zu haben.

Zum Schluss noch ein Kompliment: wenn das hier dein erstes Storno ist, bist du eigentlich ein erfolgreicher Fotograf.
18.02.2013
Stefan hat vieles schon geschrieben.
Wenn dein ehemaliger Auftraggeber nicht bereit ist, etwas zu zahlen,
wird es heikel werden. Du nimmst vor allem vorab Geld in die Hand
um den Anwalt zu entschädigen. Der will nämlich auch nicht für lau
was tun.
Es gibt Branchenverbände, die regeln Ausfallenschädigungen. Aber das
muss jeweils im Aufragsschreiben erwähnt sein. ZB in den AGB.

Ich würde meine Kraft nutzen, einen neuen Kunden an Land zu ziehen
und nicht versuchen, mit einem Silberfaden den fortschwimmenden
Walfisch zu halten.

Heiner
Da kann ich Stefan komplett beipflichten. Aber leider sind vertragliche Vereinbarungen immer lästig und können Kunden sogar abschrecken. Ich nehme keine Hochzeiten mehr ohne 20-30% Anzahlung mehr an. Viele zahlen freiwillig sogar mehr an, damit sie nach der Hochzeit nicht mehr so viel bezahlen müssen. Solange keine Anzahlung geleistet wurde, halte ich den Termin auch nicht frei und das sage ich den Kunden ganz klar. Falls die Entfernung für die Kunden zu groß für ein persönliches Vorgespräch und die Baranzahlung ist, funktioniert das auch prima per Überweisung.

Ciao Marco
18.02.2013
Mal Abseits jeder - nicht zulässigen - Rechtsberatung:

"Stornokosten*" können nur in Rechnung gestellt werden, wenn dies vorher wirksam vereinbart wurde. Mittels Vertrag, mittels AGB. Wobei dabei bedacht werden sollte, daß im beschriebenen Fall ein Vertragsverhältnis Unternehmer (Fotograf) - Verbraucher (Kunde) besteht und daraus folgend Stornokosten-Regelungen schnell zum brüchigen Eis werden können, weil sie nicht selten den Kunden unangemessen benachteiligen. In der Ausgestaltung einer solchen Regelung geht ohne anwaltliche Beratung rein gar nix...

Von solchen vorab vereinbarten Stornokosten abgesehen ist es grundsätzlich möglich, gemäß §670 BGB "Auslagenersatz" zu beanspruchen, aber auch da gilt wieder: im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher ein heikles Thema. Vor allem müssen Auslagen bezifferbar sein und belegt werden.

Ohne eine vorherige Storno-Vereinbarung 25% der Auftragssumme haben zu wollen halte ich persönlich für gewagt und bezweifle, daß das vor einem Gericht Bestand hätte, aber das ist eine Einschätzung aus dem Bauch heraus.

_________________________________

*) "Gebühren" sind durch eine staatlich genehmigte "Gebührenordnung" festgelegte Entgelte. (Z.B. GOÄ - "Gebührenordnung für Ärzte", BRAGO - "Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte" usw.) Alles andere sind schlicht Kosten bzw. Preise.
Hallo Tom,
wäre ein möglicher Ansatz auch "Entgangener Gewinn" oder "Verdienstausfall", weil ja zuvor andere Abmachungen getroffen wurden und ein gleichwertiger Ersatzauftrag oft nicht kurzfristig zur Verfügung steht?

Ciao Marco
18.02.2013
das was er haben will nennt sich pauschalierter schadensersatz - kann er so vergessen ...
18.02.2013
Ich würde meine Kraft nutzen, einen neuen Kunden an Land zu ziehen und nicht versuchen, mit einem Silberfaden den fortschwimmenden Walfisch zu halten.

Da fehlt mir der „like it“ Knopf.

Aus Schaden kann man klug werden. Verwende deine Kraft auch dazu, deine Prozesse so zu ändern, dass dir so etwas nicht wieder geschieht und du das nächste Mal besser abgesichert bist.

Der Februar ist noch nicht vorbei, du hast noch gute Chancen, einen Ersatzauftrag zu erhalten.
18.02.2013
wäre ein möglicher Ansatz auch "Entgangener Gewinn" oder "Verdienstausfall", weil ja zuvor andere Abmachungen getroffen wurden und ein gleichwertiger Ersatzauftrag oft nicht kurzfristig zur Verfügung steht?

Meines Wissens nur, wenn das vorher vereinbart wurde - das sind dann ja eben "Storno-Kosten", die haben den Zweck, das zu bewirken. Wie Bernd Saller schon schrieb - "pauschalisierter Schadensersatz" läuft nicht, bzw. nur, wenn er vorher vereinbart wurde. Und da wie gesagt sollte man sich nicht im Gestrüpp des "Unternehmer-Verbraucher-Gefälles" verlaufen.

Daß Kunden oder Aufträge ausfallen ist ein unternehmerisches Risiko. Natürlich kann man sich da mittels Storno-Regelungen teilweise abzusichern versuchen, aber das muß man dann eben auch vorher machen, und dazu gehört, daß man sich in Ruhe vorher mal geschäftliche Strategien für solche Fälle überlegt.
18.02.2013
Mal abgesehen davon, dass es schon schwierig werden könnte, vor Gericht einen rechtskräftigen Vertrag auf Basis einer E-Mail mit einem Endkunden nachzuweisen, würde ich in dem Fall über nicht explizit schriftlich vereinbarte Ausfallentschädigungen jeglicher Art gar nicht erst anfangen nachzudenken...

Mal ganz davon abgesehen, dass Du mit so was bei Endkunden mal gleich einen richtig guten Eindruck hinterlässt und dies für die Empfehlungsquote nicht gerade förderlich ist. Ich für meinen Teil gehe sogar so weit, dass meine Kunden von mir eine Zufriedenheitsgarantie bekommen. Falls Sie mit den Ergebnissen nicht zufrieden sind gibt es keine Rechnung und die Bilder wandern in die Tonne. Du kannst keinen Streit mit einem Endkunden gewinnen. Letzt endlich verlierst Du immer. Bei Geschäftskunden ist die Sachlage eine andere...

Und wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist der Termin erst im Sommer. Da dürfte es ja nun wirklich mit so viel Vorlauf nicht so schwer sein, den nun wieder freien Termin wieder zu belegen. Dass eine Beratung mal um sonst war ist bei einem Selbständigen unabhängig von der Branche i.d.R. normal. Handwerker aus anderen Bereichen schreiben auch das eine oder andere Angebot und kalkulieren es ein paar Stunden lang durch, um dann festzustellen, dass ein anderer den Zuschlag bekommt. Das gehört zum Job und wird in die Stundensätze mit einkalkuliert...

Gruß Ralf
18.02.2013
ich werde ihm hier nicht sagen wie es geht ... es sei denn er legt vorher die kohle aufn tisch

ich bin doch nicht bloed ...
lektüre, auch wenn bloss vom bauerngericht:
http://www.koetzfusbahn.de/media/downloads/Urteile/AG%20Mainz.pdf

geht nicht , gibts nicht.

war einmal kurz davor eine no-show einer kundin titulieren zu lassen, habs dann aber doch aus reputationsgründen sein lassen.
[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
18.02.2013
lektüre, auch wenn bloss vom bauerngericht

Na bitte...geht doch!

Wie auch immer ich mich entscheiden werden, finde ich es durchaus merkwürdig, dass hier Fotografen behaupten, es sei nicht möglich, aus einer Email-Zusage einen Vertrag und einen Verdienstausfall abzuleiten, die selbst in anderen Threads bei Nichterscheinen von Models oder einer simplen Nachfrage zur Löschung von Bildern nach Schadenersatz und Kostenerstattung schreien. ;)
18.02.2013
bin gespannt wieviel k-euros du rausholst oder in den sand setzt :-)
Und bevor du deine 300 Euro verplanst, würde ich empfehlen das Urteil zu lesen.
18.02.2013
@jan

wenn Du schon meine Komentare aus anderen Threads anführst und Dich wunderst, solltest Du nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Nicht um sonst habe ich von Endkunden gesprochen...

Und dass ich in dem anderen Thread nicht so falsch lag, belegt das eben zitierte Urteil ganz gut...

Gruß Ralf
18.02.2013
das ist wie bei den fotos

die leute interessiert nur das was sie hoeren wollen
ich rufe bei Hochzeiten immer nochmal eine Woche vorher an und einmal hat man mir dann gesagt, sie hätten sich nochmal umentschieden und gedacht, sie hätten im Geschäft Bescheid gesagt.
War natürlich eine Ausrede, ist mir aber lieber so, als das ich vor Ort erscheine und wieder gehen kann.
Der Aufwand hier einen Schadenersatz zu fordern ist zu aufwändig und unsicher, was dabei herauskommt.
Für Shootings im Laden nehmen wir immer eine Anzahlung, aber die Hälfte wird telefonisch vereinbart, da geht das nicht und ein Teil kommt nicht, ohne vorher abzusagen.
Ist manchmal sehr ärgerlich, aber ich denke, damit muß man leben.
Gruß
Manfred

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