Gewohnheitsrecht in der Fotografie? - Bildveröffentlichung 36

[gone] Dirk Jacobs Fotografie
8 years ago
Hallo Forum

Die Vorgeschichte:
2012 fotografierte ich die Hochzeit von Freunden, zu Übungszwecken kostenlos, mit der Erlaubnis die Bilder auf meiner Webseite ect. veröffentlichen zu dürfen. Da es Freunde waren ohne Vertrag sondern per Handschlag (sozusagen)

Mittlerweile ist das Paar seit gut 2 Jahren geschieden und kommen nun auf den Trichter mir die veröffentlichung nachträglich zu verweigern. Streitobjekt ist ein Video das ich vor über einem Jahr erstellt und veröffentlicht habe: Danke an alle Models - Best of 2012 bis 2014

In dem Video sind vereinzelt Bilder der Hochzeit für jeweils ca. ~ 1-2 Sek. zu sehen. Beide verlangen das ich die rausschneide. Nach deren Aussagen soll ich nun, weil sie geschieden sind, auch die Bilder von meiner Webseite entfernen.

Klar kann man nun so argumentieren das es keinen schriftlichen Vertrag gibt, wohl aber einen mündlichen. Ich habe das Löschen der Bilder bzw. löschen des Videos aufgrund der mündlichen Absprache verweigert. Beide drohen mir nun mit einem Anwalt und haben mir eine Frist gesetzt.

Eigentlich sehe ich dem ganz entspannt entgegen, denn die Bilder sind seit Jahren online, sowie auch das Video seit über einem Jahr online ist. Hinzu kommt, unter Umständen, auch das Gewohnheitsrecht:
Gewohnheitsrecht ist ungeschriebenes verbindliches Recht. Es entsteht durch längere tatsächliche Übung und durch die Überzeugung der Beteiligten, diese Übung als verbindliche Rechtsnorm anzuerkennen. Das Gewohnheitsrecht füllt Gesetzeslücken und ergänzt das geschriebene Recht.

Zum Gewohnheitsrecht gibt es diverse Theorien, inwieweit das dogmatisch begründet werden kann. Weitgehend unstreitig ist aber, dass die zeitlichen Dimensionen nach den Umständen des jeweiligen Falles richten. Nach drei Jahren kann man aber meist schon von einem wie auch immer gearteten Gewohnheitsrecht ausgehen.

Ob und in wie fern es in der Fotografie, zum Beispiel in diesem Fall oder anderen, zum tragen kommt würde mich brennend interessieren. Gibt es da Erfahrungen eurerseits?

Lg und ein sonniges Wochenende :)
8 years ago
Moin,

inwieweit das Persönlichkeitsrecht vor einem Gewohnheitsrecht geht weiß ich nicht. Ich würde aber mal tippen, Persönlichkeitsrecht geht vor. Gewohnheitsrecht findet eher in andere Bereichen seine Anwendung.
Die zweite Frage, die ich mir stelle ist: lohnt sich das Anwaltsgedöns? Selbst wenn du gewinnen solltest (was ich bezweifle), ist der Kosten/Nutzen-Aufwand einfach zu hoch, würde ich sagen.
Eben: Ganz entspannt die 1, 2 Sekunden rausschneiden und gut ;)
Jetzt nicht wieder mit der Aussage kommen: "Es geht ums Prinzip!" - Ganz Legionen von Anwälten wären arbeitslos, ginge es den Deutschen nicht so oft (sinnlos) ums Prinzip.

Gruß
mARc
 
[gone] Dirk Jacobs Fotografie
8 years ago
Keine Sorge, ich komme nicht mit "Prinzip", darum geht es mir gar nicht.

ICH gehe nicht zum Anwalt, erst wenn da wirklich was von denen kommt (was ich stark bezweifle) handel ich. Ein mündlicher Vertrag ist ja ebenso bindend wie ein schriftlicher, zudem die Tatsache das die Bilder seit Jahren online sind spricht für sich. Mich interessiert halt ob es in der Fotografie ein Gewohnheitsrecht gibt und in wiefern :)
8 years ago
Ob man zum Anwalt geht oder es so weit treibt, dass ein anderer hingeht, macht für mich keinen großen Unterschied. ;)
Gewohnheitsrecht verliert in meinen Augen immer gegen Persönlichkeitsrecht. Ich bin zwar kein Jurist, arbeite aber seit über 20 Jahren beim Gericht mit entsprechender Ausbildung. Und meine Erfahrung und die "Grundausbildung" die ich habe, sagt mir: Persönlichkeitsrecht geht vor. Es gibt eben stärkere und schwächere Rechte. Zumal auch schriftliche Verträge immer wieder zugunsten der Modelle durch Gerichte aufgehoben werden, weil das Persönlichkeitsrecht als hoch einzustufendes Gut gilt.
8 years ago
Das ist genau der Grund warum ich auch bei "Freunden" immer ein paar Zeilen als Willenserklärung aufsetze.
In deinem Fall, wenn diemündliche Vereinbarung nicht EINDEUTIG nachweisbar ist, würdeich dieSachen rausnehmen.

anTon
[gone] User_100258
8 years ago
Der Knackpunkt is der hier "Hochzeit von Freunden"
Ich habe auch Hochzeiten bei Freunden fotografiert. Und wenn mich eines der Paare bitten würde, Bilder zu entfernen, würde ich es sofort tun, selbst wenn ich mit denen schriftlich etwas anderes vereinbart hätte. Es sind schließlich Freunde und mit denen würde ich nie eine solche Prinzipienreiterei anfangen.
Ich weiß warum ich auf einen schriftlichen Vertrag im Freundes- und Bekanntenkreis noch viel mehr Wert lege als bei allen anderen Personen. Genau aus solchen wie vom TO gesdchilderten Gründen .... Ohne Vertrag/Vereinbarung wird nicht fotografiert - ganz einfach.
[gone] Dirk Jacobs Fotografie
8 years ago
Es sind schließlich Freunde

Waren, bis vor 3 Jahren, aber das ist ne andere Geschichte und lag nicht an mir :)

Ich habe bisher keinen Streit wegen der Bilder angefangen. Mein letztes Wort zu deren Drohungen war: Ich überleg mir das mal in Ruhe.
[gone] User_100258
8 years ago
Dann würde ich sie erst recht runter nehmen. Schon alleine um meine Ruhe zu haben.
Egal ob man im Recht ist, oder nicht. Ich frag mich dann halt, ist es den Stress wert.
8 years ago
Wenn dieses Ex-Paar trotz Scheidung sich genau in dem Punkt einig sind, daß sie diese gemeinsamen Bilder aus ihrer Vergangenheit nicht mehr neu verbreitet haben wollen, dann würde ich mich daran halten - zumal die beiden eben nicht als "Modelpaar" für Deine Bildidee, Dein Konzept und unter Deiner Regie posiert haben (und auch nicht im Rahmen einer Bühnenshow oder sonstigen öffentlichen Performance agierend aufgetreten sind), sondern bei deren eigener Hochzeit von Dir fotografiert wurden. Der Ablauf des Hochzeitsprogramms war deren Idee und Gestaltung und Du hast sie dokumentierend gefilmt - aber unter "geladenen Gästen" und nicht in der Öffentlichkeit bzw. unter dem gewollten oder bewußt in Kauf genommenen Besucherzugang einer beliebigen, unselektierten und unbestimmten Anzahl von schaulustigen Zuschauern. 

Oder vereinfacht gesagt : Wer einen so gestalteten Auftritt "hinlegt", daß Dutzende oder Hunderte von Zuschauern mit ihren Smartphones mitfilmen, dann sehe ich keinen Grund, diese Sequenzen zu löschen bzw. nicht weiter zu veröffentlichen.
Wenn aber nur wenige, ausgewählte Personen mitfilmen oder fotografieren und es eben doch ein privater Anlaß war, dann würde ich verstehen, daß die professionelle Doku auch kein ständig fortwährendes Veröffentlichungsrecht hat.
Gewohnheitsrecht dürfte hier nicht greifen, da sich die beiden – vollkommen zu recht – auf geänderte Umstände berufen können. Da die beiden geschieden sind, haben sie ein gesteigertes Interesse daran, diese Bilder entfernt zu wissen. Selbst wenn die Schwierigkeiten, Deinen "mündlichen Vertrag" nicht beweisen zu können, nicht wären, fallen die Gerichtsentscheide in den letzten Jahren immer mehr zugunsten der "Modelle" aus. Wenn Du das also weiter verfolgst und bis vor Gericht gehen lässt, dürftest Du – mit einem sehr guten Anwalt – ungefähr eine Chance von 0,01 Prozent haben, zu gewinnen.

Darüber hinaus sagt Deine Weigerung, die Bilder zu löschen sehr viel mehr über Dich und Deine Einstellung zu anderen Menschen aus, als Dir lieb sein dürfte. Wirft kein gutes Licht auf Dich.
[gone] Dirk Jacobs Fotografie
8 years ago
Darüber hinaus sagt Deine Weigerung, die Bilder zu löschen sehr viel mehr über Dich und Deine Einstellung zu anderen Menschen aus, als Dir lieb sein dürfte. Wirft kein gutes Licht auf Dich.

Welche Einstellung lege ich denn an den Tag? Außer natürlich das ich nicht sofort springe, bzw. zu allem Ja und Amen sage, wenn jemand sowas von mir fordert? Das ganze ist noch keine 24 Stunden alt, also bitte nicht vorschnell auf meinen Charakter schließen, zudem das Thema nicht Löschen oder nicht löschen ist, sondern ob es ein Gewohnheitsrecht in der Fotografie gibt.
Mal ganz ehrlich,
Recht und Prinzip hin oder her, 
ist es dir der Stress wert ?
Wenn jemand seine Bilder nicht online haben möchte, nehme es hin.
Ich selber habe noch soviel Bildmaterial was ich aus Rücksicht und Wunsch der Modelle nicht veröffentlicht habe, 
wo ich mich zwar aufregen könnte, dass ich es nicht online stelle bzw. online stellen darf, nur wären so halt viele andere Bilder und Shootings nicht zustande gekommen.
Also mit anderen Worten, scheiß mal auf ein Bild oder wenige Sekunden Videosequenz.
Es spart Ärger, Streß und macht vermutlich den Weg frei für andere Shooting.
Zumindest vom Kopf her.
Gruß
R.
Umbauen,  Umplanen,  abtauchen, abhauen oder abmelden,  geht auch
@DJ-Fotoart
Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Gewohnheitsrecht in der Fotografie gibt, schätze ich sehr gering ein.
Das Persönlichkeitsrecht steht an oberster Stelle.
 
8 years ago
Genau, wieso sich wehren und darauf pochen, dass andere sich an Verträge halten, wenn man auch seine Ruhe haben kann? Ist das den Stress wert? 
Wieso wählen gehen, wenn AfD und Co. einem die Bürgerrechte beschneiden wollen, wenn man auch seine Ruhe haben kann? 
Wieso gegen Nazis demonstrieren, wenn man auch seine Ruhe haben kann? 
Wieso für Meinungs- und Pressefreiheit eintreten, wenn man auch einfach nichts mehr sagen und seine Ruhe haben kann? 
Wozu seine Mails verschlüsseln, wenn man auch drauf scheissen kann, ob der Staat mitliest und dann seine Ruhe haben kann? 

Ist das alles den Stress wert? 
Am besten gleich immer in den ersten fünf Sekunden einknicken, dann hat man seine Ruhe und die anderen Leute erkennen dann sicher, was für ein verständnisvoller, vernünftiger Mensch man ist und versuchen in Zukunft nicht mehr einen zu verarschen. 
[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
8 years ago
Jedem TFP-Model darf durchaus nach einem Shooting einfallen, dass ihr die Bilder nicht mehr passen und sie die Aufnahmen von einer Webseite gerne gelöscht hätte. Das ist bei Brautpaaren sicher ähnlich. Da sie aber deine Zeit und deine fotografischen Qualitäten im Ausgleich für Referenzbilder auf deiner HP und in deinem Video in Anspruch genommen haben, besteht sehr wohl ein Vertrag. Deine Bezahlung waren die Veröffentlichungsrechte. Der Beweis für einen Vertrag liegt schon alleine in der Tatsache, dass du auf ihrer Hochzeit fotografiert hast. Einen dem Brautpaar unbekannten Fotografen würde wohl niemand auf der Hochzeit fotografieren lassen. Die Hochzeitsbilder haben sie ja bestimmt auch dankend angenommen.

Jedoch muss das Brautpaar - genau wie ein Model - WICHTIGE Gründe für das Verlangen einer Löschung vorbringen. Wichtige Gründe können bei einem Model sein, dass sie jetzt einen Führungsposten erhält und nicht möchte, dass z. B. Nacktfotos von ihr auf einer Fotografen-HP zu sehen sind. Oder in eine erzkonservative Familie einheiratet. Ich waage aber zu bezweifeln, dass eine Scheindung als Grund ausreicht. Hochzeitfotos sind ja auch nach einer Scheidung nichts ehrenrühriges.

Mach ihnen doch das Angebot, die Bilder quasi "freizukaufen". Also die Hochzeit nachträglich zu bezahlen.
[gone] Dirk Jacobs Fotografie
8 years ago
Liebe Leute,
ich möchte euch bitten nicht so sehr auf das "Löschen oder nicht" rumzureiten. Das ist nicht das Thema. Klar, ich habe es als Beispiel angeführt und im Zuge meiner Überlegungen bin ich auch auf das Gewohnheitsrecht gekommen. Da ich über dieses Thema bisher nie irgendetwas gelesen habe, im Bezug auf die Fotografie (andere Bereiche ja), interessiert mich das. Aus dem Grund habe ich hier im Forum gefragt ob es sowas gibt, ob sowas überhaupt vorhanden ist, mehr nicht.

Ich werde mit Sicherheit, wie immer, eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden, blöde bin ich ja nun wirklich nicht :)
[gone] jan wischnewski photography | berlin | potsdam
8 years ago
Aus dem Grund habe ich hier im Forum gefragt ob es sowas gibt, ob sowas überhaupt vorhanden ist, mehr nicht.

Ich habe Urteile gelesen, in denen einem Model das Löschen der Bilder aus wichtigem Grunde zugestanden wurde. Daher bezweifle ich, dass es etwas wie ein Gewohnheitsrecht in diesem Zusammenhang gibt. Ich würde tippen, dass das Persönlickeitsrecht bzw. das "Recht am eigenen Bild" Vorrang hat. Aber wie gesagt: Wichtige, persönliche Gründe müssen vorliegen. Eine Scheidung würde ich als Laie nicht dazuzählen.
8 years ago
Ein Vertrag ist wie ein Feuerlöscher.
Ich habe einen. Nicht um ihn zu benutzen, sondern um in Notfall einen zu haben.

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