Street Life (SW-Fotografie)

by Dietmar Bührer · 20 Photos

Dietmar Bührers Fotos sind weit weg von jenen subjektiven Dunkelkammer-Experimenten, von Fotogrammen oder Fotomontagen. Er ist ein konventioneller, ein Barfuß-Fotograf mit der Leica in der Hand. Bührers »Street-Life«-Fotos haben journalistisches Blut. Sie dokumentieren Realität live und pur, allerdings nicht neusachlich, sondern eher spektakulär im Sinne von skurril-Schnappschüssen von Menschen und Situationen, die in den Nachrichtenagenturen im Papierkorb landen. Bührers Fotokunst hat einen eigenen ästhetischen Reiz, der mit dem schnellen Auge des Meisters, der Perspek-tive seiner Leica und dem Bildschnitt zu tun hat. Starke Kontraste zwischen hell und dunkel, Licht und Schatten sind bei ihm oft zu beobachtendes Stilmittel, es erhärtet und schafft neue Aussagen – die verschattete Drehtüre wird plötzlich zum Ein- und Ausgang einer geheimnisvollen Unterwelt. Der Fotograf Bührer arbeitet mit Zerrsichten, spielt gestochene Schärfen gegen Bewegungsunschärfen aus und erzeugt damit eine packende, dem Asphalt-Dschungel New York angemessene Dynamik – in der U-Bahn Station blitzt ein Zug am Gesicht einer starr dreinblickenden Schwarzen vorbei. »Street life«: Das sind Zufallsbekanntschaften, die Dietmar Bührer aus dem Augenblick heraus schießt – das Kind auf der Straße, eine Puppe in der Hand, etwas rat- und hilflos zwischen bedrohlichen »Haien«, den Autos; der schwarze Zeitungsverkäufer mit Walkmann auf den Ohren, er hört einer anderen Welt zu; schließlich das Foto zweier Menschen in inniger Umarmung, soviel Gefühl im mitunter menschenfeindlichen Existenzraum Großstadt. Das alles weist auf das vielleicht wesentlichste Charakteristikum der Fotografien von Bührer hin, seine Fähigkeit zu typisieren; in Bruchteilen von Sekunden erfasst dieser sanfte Empiriker nicht »nur« Menschen, sondern Antlitze der Zeit. Auf diese Weise sind Bilder von großer Intensität entstanden, wie sie nur einem aufmerksamen Flaneur gelingen, der sich weder vom Lärm noch vom Bewegungssog der Metropole irritieren lässt und ein sicheres Gespür für die Situation behält.


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