Bildkritik/ Ebtscheidungshilfe 30

5 years ago
Guten Morgen,

nach den beiden sehr positiven Beispielen für Bildbesprechungen/ Kritik hier von mir eine Aufnahme zur Besprechung. Ich bin relativ gespannt, da ich persönlich nur wenig anders gemacht hätte und ziemlich nah an das gekommen bin, was ich umsetzen wollte.

Ich habe sie in zwei Bearbeitungsalternativen hochgeladen und würde dazu zusätzlich noch um Meinung bitten. Insbesondere ob ich es mit der größeren Aufnahme übertrieben habe.
Herzlichen Dank!



[gone] schallkoerper fotografie
5 years ago
Ich achte bei sowas ja immer erstmal darauf, ob der Mensch im Bild von einer der Linien oder Gegenstände erstochen oder ähnliches wird, ob da was aus ihm rauswächst, was dann schnell seltsam aussieht…hier gut umgangen, was nicht so einfach war in der Platzierung, also vermutlich. Ansonsten, ich bin da nicht kleinlich und schaue eher tolerant, die Bilder sind vermutlich nahe dran, das alle Höhen und Tiefen und Linien „perfekt" verteilt sind.
Ich mag Reflexionen, also finde ich das zweite Bild auch deshalb sehr stark, ansonsten können kleinlichere Betrachter sicher Haare in der Suppe finden, ich sehe das Bild als formal großartig ohne kalt zu wirken, man begibt sich mit all den Eben durch einen Wald von Linien und (Un-)Schärfen…sehr sehr toll gemacht !
Beide Versionen wirken erstmal sehr gut gelungen.
Was mich persönlich ein kleinwenig stört sind die doch sehr starken " unschärfen ", diese hätten etwas dezenter sein können.
Bei Version 2 mit der "Wasserspiegelung" wäre es Ratsam im unteren gespiegelten Bereich eine kleine Bewegungsunschärfe zu erstellen. Würde das Wasser realistischer wirken lassen.
5 years ago
Da schließe ich mich mal an: auch mir gefällt die Variante mit Wasserspiegelung besser und auch ich hätte nach einem Weg gesucht, die Wasserspiegelung etwas natürlicher aussehen zu lassen.

Faszinierend von Idee und Umsetzung finde ich, dass der Halm mit Blüte in der Mitte durch die Spiegelung wie ein verschnörkelter Torbogen mit Wappenschild wirkt.

Außerdem wäre es einen Versuch wert, das Bild unten (und links?) enger zu schneiden - ein wenig wie bei der Vorschau hier im Forum. Dann ist der Bildaufbau mit der doppelten Spiegelung zwar nicht mehr ganz so transparent, aber vielleicht kommt das Model dann etwas besser zur Geltung.
5 years ago
Ich schreibe schonmal herzlichen Dank bisher. Ich bin überrascht, dass Martin und Jörg von einer Wasserspiegelung schreiben. Also überrascht deshalb, weil ich das gar nicht beabsichtigt habe, sondern die Aufnahme nur zweimal spiegeln wollte. Aber wenn ich es mir jetzt anschaue, muss ich auch an Wasser denken und ich werde Eure Anregung mal aufgreifen und das vielleicht tatsächlich etwas wie Wasser aussehen lassen.

Das Model geht tatsächlich etwas in der Aufnahme unter, gerade in der großen. Ich werde mal schauen wie das in A3 aussieht. Beschneiden möchte ich ungerne.

Was die "Unschärfen" anbelangt: Ich kann verstehen, dass das Geschmackssache ist. Ich habe ganz bewusst sehr offenblendig gearbeitet und die Schärfeebene gekippt, weil ich eine morbide, surreale Stimmung erreichen wollte.
[gone] schallkoerper fotografie
5 years ago
Aber tatsächlich ist das doch sehr spannend, die verschiedenen Varianten verändern logischerweise auch den Schwerpunkt, im zweiten Bild ist das Model gar nicht mehr unbedingt das Hauptmotiv, sie ist Teil von verschiedenen Ebenen und Gebilden. Deshalb geht sie für mich da nicht unter, sie ist einfach Teil des Ganzen.

Ist keine Spiegelung ? Okay, dachte ich mal einfach ohne das zu erwähnen :)
5 years ago
Muß mich dem Gedanken an Wasser bei der Version II ebenfalls anschließen und würde den unteren Teil auch "verschwimmen" lassen, dann wäre die hinzukommende "III" auch mein absoluter Favorit.
Jetzt gefällt mir I am Besten, sehr stimmig in s/w ! Top Aufnahme !!
5 years ago
Ich finde es klasse ... auch mit oder gerade wegen der Unschärfe.

Irgendwie vermittelt mir das Bild was surreales. Hat für mich ein Bisschen was von "Alice im Wunderland" im ersten Moment. Die Sonnenblumen wirken im Vordergrund nicht so groß aber, dann doch weil sich das Model ja problemlos an diesen festhalten kann. Das Version einfach seitlich gespiegelt ist, ist im ersten Moment auch nicht aufgefallen.

Es ist ein Bild was viele versuchen (versuchen sollten). Es läd zum längeren / öfteren Hinschauen ein und man entdeckt immer wieder was neues.

Version 2 ist nicht ganz so meins. liegt wohl aber eher an der dünnen weißen Linie in der Bildmitte wo gespiegelt wurde und die Spiegelung ist mir zu nah am unteren Rand des Models ... Vielleicht würde es mir eher zusagen wenn es nicht genau in der Mitte die Spiegelung hätte. Vielleicht eine 60/40 oder 70/30 Aufteilung.

Fazit: Klasse! Gern mehr davon :)
5 years ago
Ich mag Bild 2. Die Dopplung ist zwar offensichtlicher, dadurch wirkt es etwas künstlicher, aber der Gesamtaufbau ist für mich weit stimmiger. War gleich auf den ersten Blick für mich der Gewinner, auf den dritten auch noch... mag an der Grafikervergangenheit liegen.
5 years ago
Hat für mich ein Bisschen was von "Alice im Wunderland" im ersten Moment.


Das ist ein Kommentar, der mich wirklich freut. Denn tatsächlich ist diesem Bild genau dieser Gedanke vorausgegangen. Ursprünglich war geplant an einer alten Klosterruine zu shooten, die leider unerwarteterweise wegen Einsturzgefahr abgesperrt war. Das Feld war die Ausweichlocation und ich hatte überwigend Mittelformatportraits gemacht. Als ich kurz zum Auto bin um die Großformatkameras zu holen, konnte ich das Feld (eine Mischung aus ausgewachsenen Kohlpflanzen und Sonnenblumen) in der Totalen sehen und das Model im Kleid mittendrin. Als ich zurückkam sagte ich zu ihr "Du siehst aus wie Alice im Wunderland." Das - und der Vorspann der Netflix-Serie "Dark" war leitend bei der Bildentstehung.

Danke übrigens für die Anmerkung mit der weißen Linie, ich glaube da habe ich tatsächlich auch geschlampt. Ich werde da mal weiter probieren bevor ich das drucke.


Ich mag Bild 2. Die Dopplung ist zwar offensichtlicher, dadurch wirkt es etwas künstlicher, aber der Gesamtaufbau ist für mich weit stimmiger. War gleich auf den ersten Blick für mich der Gewinner, auf den dritten auch noch... mag an der Grafikervergangenheit liegen.

Vielen Dank :-). Ich bin noch am überlegen ob ich eine vergleichbare Umsetzung auch als echten analogen Abzug (so 50x60) hinbekäme. Theoretisch sollte es möglich sein - die Aufnahme besteht aus zwei Negativen - wobei es schwer wird, die zum einen deckungsgleich für die Spiegelung aneinanderzulegen und dann für die zweite Belichtung das Fotopapier abzudecken und wieder Deckungsgleichheit hinzubekommen. Und vermutlich bräuchte ich wohl einen 8x10-Vergrößerer dafür.
5 years ago
Bei beiden Varianten ist mir zu viel - man gestatte mir den Ausdruck - "Gestrüpp" visuell im Weg. Wobei das auch von der Wiedergabegröße abhängt - in 1,50x2,00 Meter an der Wand, wo man in Ruhe durch alle Details wandern kann, mag das anders wirken.

Für normale, üble Wiedergabe-Arten ist es mir zu unruhig. Das Auge sucht zentrale Bildaussagen, die sucht es entscheidend auch über Schärfen und Unschärfen (und über Farben, was hier wegfällt).

Es gibt keine nachvollziehbaren Schärfenebenen. Es gibt eine ganz schmale Schärfenebene im Vordergrund, vor dieser und direkt hinter dieser liegen Unschärfeebenen, das kennt man von Aufnahmen, die eine Schärfenebene ganz im Vordergrund haben. Dann kommt Unschärfe, dann kommt wieder eine Schärfenebene, die aber auf die Bildmitte beschränkt zu sein scheint, links und rechts in der selben Fokusebene ist's wieder unscharf.

Für mich macht das das Bild (das gilt für beide Varianten) extrem unruhig. Man wandert mit dem Blick permanent hin und her, und kommt dabei gar nicht dazu, wirklich was vom Bild mitzubekommen. Es ist ein bißchen so, als versuche man verzweifelt, durch eine mit Wasserspuren benetzte Brille oder ein verregnetes Fenster etwas klar zu sehen. Wobei die durch solche Wassertropfen/Regenspuren erzeugten Unschärfen viel harmonischer wirken.

Beim weniger beschnittenen Ausschnitt ist das nicht ganz so extrem, aber immer noch ziemlich heftig.
5 years ago
Ich finde beide Versionen gelungen, die Variante 1 mehr als die Zweite.
Ich dachte auch sofort an Wasser und hätte diese Variante bevorzugt. Aber für mich geht das Model als Hauptmotiv dabei etwas unter. Gerade der gespiegelte Himmelsberich im Vordergrund stört mich etwas. Leichte Wellenbewegung oder Unschärfe in dem Bereich würde der Version gut tun.
Ich finde die Unschärfen besonders gut und passend, bin ich doch selbst immer bestrebt solche Unschärfe/Schärfebereiche in meinen Bildern zu erreichen.
5 years ago
Danke Tom, für Deine Anmerkungen!

Bei beiden Varianten ist mir zu viel - man gestatte mir den Ausdruck - "Gestrüpp" visuell im Weg. Wobei das auch von der Wiedergabegröße abhängt - in 1,50x2,00 Meter an der Wand, wo man in Ruhe durch alle Details wandern kann, mag das anders wirken.


Ich gebe Dir recht, dass die Aufnahme eine entsprechend große Wiedergabe braucht. Hier in er MK ist mir das deutlich zu klein. Als A3 sieht das schon besser aus. Ich hoffe 50x60 hinzubekommen. Zur Not indem ich digital ein Negativ erstelle. und dann vergrößere.

Es gibt keine nachvollziehbaren Schärfenebenen. Es gibt eine ganz schmale Schärfenebene im Vordergrund, vor dieser und direkt hinter dieser liegen Unschärfeebenen, das kennt man von Aufnahmen, die eine Schärfenebene ganz im Vordergrund haben. Dann kommt Unschärfe, dann kommt wieder eine Schärfenebene, die aber auf die Bildmitte beschränkt zu sein scheint, links und rechts in der selben Fokusebene ist's wieder unscharf.


Es gibt schon eine nachvollziehbare Schärfeebene, sie ist nur nicht da, wo das Auge sie erwartet. Genau das war ja auch erwünscht.
Die Schärfeebene ist "gekippt" und minimal "verschwenkt". Es sind also vor allem "Tilt" und ein Hauch von "Shift" im Bild - ergänzt von einer insgesamt niedrigen Schärfentiefe.


Für mich macht das das Bild (das gilt für beide Varianten) extrem unruhig. Man wandert mit dem Blick permanent hin und her, und kommt dabei gar nicht dazu, wirklich was vom Bild mitzubekommen.


Ich gebe Dir recht, daß das Bild insgesamt unruhig wirkt. Ich glaube es ist nahezu unmöglich in so einer Location etwas ruhiges hinzubekommen, es sei denn man arbeitet mit sehr langer Brennweite und schneidet entsprechend eng. Darum ging es mir allerdings auch nicht. Die Aufnahme soll eben surreal und morbide wirken und aufwühlen. Wobei das Model in der Pose und dem Kleid durchaus ein bisschen Kontrast zur chaotischen Umgebung darstellen soll. Mit der Spiegelung habe ich mir erhofft dem Bild noch mehr Surrealität zu geben, gleichzeitig aber das Chaos ein bisschen zu begrenzen.
5 years ago
Auch wenn das vielleicht weniger von Interesse ist: Ich finde die Bezugnahme des Motivs zu diesem Baudelairegedicht eine sehr inspirierte Entscheidung, denn sie erweitert das Gezeigte im Kopf. Und steigert nicht nur den angestrebten surrealen Effekt, sondern gibt ihm ein paar assoziative Tiefen auf den Weg, ohne dem Sichtbaren was Pseudo-Bildungsmäßiges überzustülpen.

Dahinter steht eine Auffassung von Bildermachen, die einen größeren Wahrnehmungshorizont ansprechen will und das auch elegant hinbekommt. Schon mit diesem Leitgedanken macht der Fotograf was anderes, als nur schönes Modell im schönen Rapsfeld knipsen.

Mir persönlich ist solch ein Herangehen wichtiger, als formale Perfektion, die das Anliegen allerdings "störungsfrei" realisieren kann. Von solchen Bilderwelten habe ich was.

PS: Mach beim Bildtitel bitte die Blumen in frz. Plural - Fleurs
5 years ago
Vielen Dank für Deine Worte Marcello und vor allem vielen Dank für den Hinweis auf den Bildtitel.
Was für ein Faux pas, aber das kommt davon, wenn man den Französischunterricht schwänzt um gleichzeitig mit den Mädels aus der 8ten Schulschluß zu haben ;-).
5 years ago
Ich finde übrigens, man kann die identische Spiegelung hier so lassen, denn es geht doch nicht um eine realistische Abbildung, sondern eher um einen Bildgedanken, wo die Spiegelung als solche eingebracht wird.
5 years ago
Ooooh Shoshin Du Schlawiner, mogelst uns das Wichtigste hintenrum unter! Meine Hauptkritik wäre also an beiden Bildern der französische Titel. Unentschuldbar für Nichtfranzosen, prätentiöses Fine-Art, ähm... beaux-arts... Geschwurbel, passend zu Chinabrille, Rolli, dem wissend-geniessenden Seufzer zu einer einzelnen Pianonote im abgedunkelten Raum, Hang zu rotweingeschwängerten SM-Phantasien und illegal importierten Zierkorallen auf dem antiken chinesischen Lackschränkchen. LASS DAS! :D
5 years ago
Danke für den Lacher :D
5 years ago
Gern geschehen, war auch nicht böse gemeint... naja, nur ein bißchen. :)
5 years ago
Ich weiss ja genau was Du meinst... pseudotiefgründiges Geschwurbel und Pseudokünstlergehabe.
99% meiner Aufnahmen haben keinen Titel, aus genau diesem Grund. Und auch keine Gedichtverse. Aber die "Fleurs du Mal" waren hier einfach themenbestimmend. Evtl. lade ich noch ein paar Aufnahmen aus dem Shooting hoch, da sind schon wirklich einige skurile Blüten, die wir da in Szene gesetzt haben.

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