DSGVO auch rückwirkend für ältere Daten 32

4 years ago
Ich glaube, mit dieser rechtlichen Verpflichtung ist etwas völlig anderes gemeint;
https://eu-datenschutzbeauftragter-im-dienst-ihres-unternehmens.de/erfuellung-einer-rechtlichen-verpflichtung/

Es geht auch nicht um die Datenverarbeitung aufgrund "rechtlicher Verpflichtung" - die spielt nur dann eine Rolle, wenn es um steuerrelevante Zahlungsvorgänge geht.

Sofern die DSGVO überhaupt einschlägig ist (wg. automatisierter Datenverarbeitung oder Speicherung in einem Dateisystem), greift für Model-Releases Art.6 DSGVO:

Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
(...) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen; (...)

Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen eines Model-Releases ist es erforderlich, daß der Fotograf die Daten des Models verarbeitet und speichert, und das Model die Daten des Fotografen. Beides ist infolgedessen gemäß §6 Abs.1 Buchstabe b DSGVO auch ohne gesonderte Einwilligung zulässig.
4 years ago
@RickB
Ich kann Deine Befürchtungen verstehen, allerdings glaube ich nicht, dass ein Löschungsanspruch entstehen wird, nur weil Verträge vor der DSGVO geschlossen wurden.
Wenn keine Verträge vorhanden sind, sieht das natürlich schon etwas anders aus!
Kann ich mir allerdings bei Dir nur schwer vorstellen.
Das Verträge für ein Shooting, nach der Entstehung der DSGVO, nun so grundsätzlich anders aussehen müssen halte ich für nicht so richtig nachvollziehbar.
Wie gesagt, die DSGVO ist nicht entstanden mit dem Blick auf Foto oder Film.
Was in dem Bereich Foto leider sehr eingeschränkt wird, ist die Street-Fotografie. Allerdings ist das nicht nur eine folge der DSGVO alleine, aber auch.
Ein Wasserdicht machen gegen die DSGVO wird es nicht geben, Gesetze oder Verordnungen können eben über Verträge nicht ausgeschlossen werden. Aber es wird auch kein beliebiges raus aus geschlossenen Verträgen geben.
Was Dich etwas beruhigen sollte, Du hast eine Milliarden-Schwere Lobby im Rücken.
Wenn ein halbwegs bekannter Schauspieler/Model einen Film oder eine Kampagne einfach zurückrufen könnte bzw. es versuchen würde (natürlich auf Grund der DSGVO) würde die gesamte Film- und Werbe-Industrie vor Gericht ziehen.
Ich habe es aber wirklich ernst gemeint, wenn Du Dir Rat bei einem Anwalt zu dem Thema holst, würde mich das Ergebnis wirklich interessieren. Das hier geschriebene spiegelt ja nur meine Sichtweise wieder und niemand ist unfehlbar. :-)
[gone] User_6449
4 years ago
Zitat: RickB ...
Aber kaum jemand dürfte einen Vertrag vor der DSGVO haben, der in Hinsicht auf diese wasserdicht ist. Und dann hätte ich ein Problem, zumal ich u.a. Bücher publiziere.

Das ist klar, denn niemand kann wissen was irgendwann mal kommt.

Aber Verträge - wie z.B. über Veröffentlichungsrechte - sind durch die
DSGVO gar nicht betroffen und niemand muss "in den Keller laufen",
um alte Fotos rauszusuchen und sie auf Wunsch des Vertragspartners
vernichten oder belegen.

Auch Daten, welche für Verträge nötig sind - Name, Anschrift, usw. -
sind von der DSGVO nicht betroffen, soweit sie unbedingt für Verträge
erforderlich sind.

Vertragssicherheit geht immer vor, egal wie alt der Vertrag sein mag.

Kürzer formuliert:

Man muss zwar Auskunft über erhobene Daten geben, doch gültige
Verträge lassen sich unter Berufung auf den Datenschutz und die
DSGVO nicht aushebeln.
[gone] User_6449
4 years ago
Zitat: RickB ...
Es ging aber um handschriftliche Notizen! MaW, es ist eine Mär, dass nur digital erfasste Daten der DSGVO unterliegen. Hier der Bericht zum Nachlesen:
https://www.wbs-law.de/it-und-internet-recht/datenschutzrecht/olg-koeln-zu-dsgvo-auch-telefonnotizen-sind-personenbezogene-daten-41915/

Ich habe den Bericht gelesen und bei uns in der Firma läuft das schon
recht lange so. Wir haben bereits seit Anfang 2018 eine junge Dame als
neue Datenschutzbeauftragte und die ist "übergriffiger als die spanische
Inquisition"!

Ich notiere viel handschriftlich - z.B. Kundendaten, Auftragsdaten usw. -
aber Zettel auf dem Schreibtisch liegen zu lassen geht gar nicht mehr,
weil die Notizen jemand sehen könnte, der dazu nicht berechtigt ist.

Und um genau solche handschriftlichen Zettel und Notizen geht es ja
im genannten Pressebericht ...
4 years ago
Speziell zur Frage das Hobbyfotografen nicht betroffen sein, weil es unter Privatfotos fällt. Das mag für Familienbilder gelten, sobald aber ein Vertrag vorliegt, und sei es nur ein TfP Vertrag, wird sich sicher auch ein Richter finden, der das Treiben als nicht mehr privat ansieht und im Interesse des Models entscheidet. Da hilft dann auch nicht mehr die Gebetsmühle ;-)


Der entsprechende Terminus lautet nicht "Privatfotos" sondern "persönliche Tätigkeit". Das ist ein himmelweiter Unterschied.


Artikel 2, Absatz 2 DSGVO

Diese Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten [...]
c) durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten


Eine persönliche Tätigkeit hat nichts mit öffentlich/privat zu tun, sondern ist der wirtschaftlichen/geschäftsmäßigen Tätigkeit gegenübergestellt. Wer also als natürliche Person fotografiert ohne, dass sich dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, für den findet die DSGVO keine Anwendung. Das geht im übrigen auch ganz klar mit der Zielgruppe der DSGVO nämlich Behörden und privatwirtschaftlichen Akteuren/ Unternehmen/ Vereinen und eben nicht Ottonormalbürger in seinem Alltagsleben einher.

Vorsicht aber bei all jenen, die TFP und Pay mischen und sich sowieso permanent in der Grauzone der Steuerhinterziehung bewegen, wenn sie "mal eben" eine Hochzeit für 500 Euro fotografieren. Dann ist sofort Sense mit Hobbyfotografie.
[gone] User_6449
4 years ago
@ Soshin

Ist es noch "privat", "familiär" oder "persönlich", sobald man einen
Vertrag über Veröffentlichungsrechte mit Modellen braucht, selbst
wenn es nur auf TfP-Basis ist?

Sehr dünnes Eis, wie ich meine ... und ich denke bei "persönlich"
auch eher an Familienfotos, nicht an öffentliche Fotos "für die
Kunst".
4 years ago
"persönliche Tätigkeit" würde vermutlich die Möglichkeit der Veröffentlichung fast gänzlich einschränken.
4 years ago
Wie gesagt beschreibt persönliche Tätigkeit als !rechtlicher Terminus! in diesem Sinne eine Abgrenzung zur wirtschaftlichen Tätigkeit. Sie hat NICHTS mit Veröffentlichung zu tun. Das ist so definiert. Das hat nichts mit Meinung oder Empfinden zu tun.

"persönliche Tätigkeit" würde vermutlich die Möglichkeit der Veröffentlichung fast gänzlich einschränken.


Genau deshalb ist es so unglaublich schwer mit juristischen Laien über so ein Thema zu diskutieren, es kommt immer wieder jemand mit seinem Küchenlatein/ Küchenjura um die Ecke. So funktioniert das aber nicht. Recht basiert darauf, dass nicht jeder es nach Gutdünken auslegen kann sondern es gibt fest definierte Fachbegriffe. Das heisst nicht, dass Recht immer eindeutig wäre, aber Recht würde nicht funktionieren wenn man jedes mal die Basics neu auslegen muss.


Dass Peter die "Familienfotos" heranzieht, ist der unglücklichen Nebeinanderstellung im Gesetzestext geschuldet. Dort steht allerdings nicht "persönlicher KOMMA familiärer Tätigkeiten" sondern
persönlicher ODER familiärer Tätigkeiten


Das heisst persönliche Tätigkeiten sind etwas ganz anderes als familiäre Tätigkeiten.

Das Thema Veröffentlichungsrechte ist auch wieder ein ganz anderes, das unglücklicherweise immer mit der DSGVo vermischt wird, aber gar nichts mit ihr zu tun hat.
Das Problem ist, dass viele den Schutzzweck der DSGVO gar nicht verstehen, weil sie von Anfang an von hysterischen Bloggern darauf gepolt wurden, die DSGVO könne Fotografie verbieten.
Die DSGVO schützt - dann wenn sie Anwendung findet - Daten, das sind zum Beispiel in Ordnerstrukturen auf der Festplatte enthaltene Datensätze wie Fotos von Personen, insbesondere zum Beispiel in Verbindung mit ihrem Namen.

Veröffentlichungsrechte sind - die DSGVO nimmt in Artikel 85 darauf Bezug - im nationalen Recht, in Deutschland dem Kunsturheberrechtsgesetz geregelt. Das wird von der DSGVO weder abgelöst noch überstimmt, sondern ist das Recht, das zur Anwendung kommt, wenn es um Veröffentlichungen geht.

Und nur mal so als Gedankenspiel, weil das immer so eindimensional betrachtet wird:

Wenn sich ein Model und ein Fotograf auf TFP-Basis gegenübertreten, warum denken dann alle immer nur, daß der Fotograf die Daten verarbeitet und das Model vor ihm geschützt werden muss und klagen könnte.
Was ist denn mit dem Model selbst? Speichert/ verarbeitet ein Model nicht genauso Daten? Und ich meine nicht nur Vertragsdaten. Was ist wenn das Model einen Datensatz auf der Festplatte in der Form anlegt: "Shooting am 09.11.2019 mit Fotograf XY in Hannover".
Das ist ein Datensatz. Der wurde verarbeitet, der wurde gespeichert.
Wer muss denn jetzt von beiden geschützt werden? Wer ist angreifbar? Können sie sich gegenseitig anklagen? Oder kommt die große Datenschutzbehörde mit dem Mega Bußgeld, weil sich zwei Menschen ungesetzlich verhalten haben?

Ich hoffe dieses Beispiel verdeutlicht die ganze Absurdität.

Treten sich zwei Menschen gegenüber und treffen sie eine Vereinbarung über die Tätigkeit, ob schriftlich fixiert oder nicht (beides ist ein "TFP-Vertrag") wer ist dann hier "Verantwortlicher" im Sinne des Gesetzes, wer ist "Auftraggeber", wer ist "Empfänger"?

Die DSGVO schützt schwache natürliche Personen, Ottonormalbürger, und ihre Daten vor großen, mächtigen Institutionen, die diese Daten speichern, verarbeiten, verknüpfen, abgleichen, auswerten, an Tochtergesellschaften oder untergeordnete Einheiten auslagern, weitergeben, gegebenenfalls verkaufen etc.
Sie schützt aber auch den Bürger, der in ein Fotostudio geht und zu recht darauf vertrauen darf, dass seine Daten sicher und sparsam verwaltet und auch irgendwann gelöscht werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden.
Das ist die Zielrichtung der DSGVO.

Nicht die unverhältnismäßige Gängelung von Menschen, die ein Hobby ausüben.
4 years ago
@shoshin
Nur weil jemand einer wirtschaftlichen Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsichten ausübt, wird daraus keine "persönliche Tätigkeit". Wenn Du einen TFP-Vertrag abschließt bist Du der Produzent eines Produkts (der Fotos). Wenn Du Dein Produkt anderen Menschen zugänglich machst... blabla ...Wirtschaftsunternehmen.

Privates findet in einem abgeschlossenem Raum statt. In einem von außen nicht zugänglichen Bereich.
Der Sinn der Erwähnung von "der persönlichen Tätigkeit" ist z.B., dass nicht jeder über sein privates Telefonbuch, oder über Inhalte von "privater" Kommunikation auskunftspflichtig gemacht wird.

In Deinem Beispiel mit dem Model kann ich nicht wirklich etwas absurdes erkennen. Natürlich hat das Model das Recht die benötigten Daten über den TFP-Vertrag zu archivieren und natürlich ist sie dem Fotografen gegenüber auskunftspflichtig, welche Daten sie von Ihm bevorratet.

Warum sollte man gegenseitig anklagen?
Anklagen kann es eh nur im Strafprozessen geben und im Normalfall auch nur von der Staatsanwaltschaft!

Die Frage, wer ist "Auftraggeber", wer ist "Empfänger", stellt sich bei einem TFP-Vertrag nicht und ist glaube ich auch nicht so entscheidend. Ihr seid Vertragspartner die sich gegenseitige Dienstleistungen erbringen. Übrigens ein weiterer Hinweis auf wirtschaftliches Handeln. :-)

Und ja, ich bin juristischer Laie!
Ich finde es allerdings sehr nützlich und gut über solche Themen sachlich zu diskutieren. Leider geht die Sachlichkeit schnell verloren, wenn man anderen "Küchenlatein/ Küchenjura" unterstellt.
Ich nehme an, da Du Deinen Wissensstand deutlich über den hier diskutierenden Durchschnitt stellst, dass Du Volljurist bist!? ;-)

So oder so, würde ich mich aber auf weitere Diskussionen mit Dir freuen.
Am Ende ist es doch das, was uns alle weiter bringt. :-)
4 years ago
Eine schnelle Googlesuche hilft im Zweifel mehr als sich das Echo von den selbsternannten Experten hier durchzulesen.

https://www.datenschutz-berater.de/post/2018/06/20/stichwort-des-monats-pers%C3%B6nliche-und-famili%C3%A4re-t%C3%A4tigkeiten

"Die natürliche Person verlässt die Grenzen der persönlichen und familiären Tätigkeit, wenn sie die für private Zwecke gesammelten Daten einer unüberschaubaren Gruppe oder zum allgemeinen Zugriff ins Internet zur Verfügung stellt."
4 years ago
Ich gebs auf. Das ist Taubenschach.
4 years ago
@Lichtsieb @J_Reber

Danke, das meinte ich auch mit "Privatfotos", bin halt kein Jurist (und dessen muß man sich weder schämen noch beleidigen lassen). Ich verwendete das eben als Oberbegriff für "persönliche oder familiäre Fotos". Also ist nach dem Zitat des Datenschutzbeauftragen die öffentliche zur Verfügungstellung für die DSGVO relevant! Teile also eure Ausführungen.

Aber das der gesunde Menschenverstand bei juristischen Fragen nicht zählt, merkt man spätestens dann, wenn man das o.g. Urteil des OLG liest.

@Lichtsieb
Das mit der milliardenschweren Lobby die ich im Rücken habe, beruhigt mich nur bedingt. Versicherungen, Banken oder sonstige Dienstleister sind auch eine milliardenschwere Lobby und sind durch ein solches Urteil gekniffen. Wenn mich ein Model verklagt, weil ich ihre Bilder nicht lösche wird das Sony, Canon und Co. doch nicht kümmern.

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