Ellen von Unwerth - Charme der Sinnlichkeit 31

3 years ago
Ich erlaube mir mal, die Diskussion über Fotografen anregend fortzusetzen, die als provokativ gelten, gerade wegen des visualisierten Frauenbildes.

Ellen von Unwerth hat da eine Position eingenommen; die Sicht einer betroffenen Frau, die wegen der Leichtigkeit und sexuellen Implikation nicht von allen Feministinnen geteilt wird und doch ausgeprochen feministisch ist, ohne kämpferisch aufzutreten. Vermutlich gehört das auch zum Thema „female gaze“, was uns vielleicht Pepper auseinandersetzen könnte.
Für mich hat Ellen von Unwerth Vorbildcharakter, auch aus männlicher Sicht.
In jedem Falle finde ich, wäre ihre Position eine, die die Palette der MK-Sichtweisen in der Modellfotografie bereichern könnte.

Wie Newton hat auch Unwerths Fotografie Humor und vor allem Charme. Sie suggeriert und vermittelt Lebensfreude. Kräftige Farbgebung bzw. harte Kontraste und situatives, fantasievolles, launiges Geschichtenerzählen sind zentrale Gestaltungsmittel dafür. Und Charme eine wichtige stimmungsmäßige Qualität.

Startfrage: Was können wir männlichen Fotografen, die sich von Ellen von Unwerths Fotografie angezogen fühlen, von ihr lernen? Als Männer?
Eine andere Sicht auf Frauen vor unserer Kamera? Sensuale Pointierung? Charme im Bild? Fantasiebetonung? Verstecken des Ernstes der Gestaltung, technisch scheinbare Unbekümmertheit? Der Schnappi als Chance? (Beispiele von vielen)
3 years ago
Hier ist ein interessantes Interview :

https://www.bmw.com/de/automotive-life/creative-leaders-ellen-von-unwerth-interview.html

Mein erster Gedanke wäre jedenfalls, daß Frauen, die zuerst schon mal als Model posierend vor der Kamera standen, dann als Fotografinnen anders arbeiten als diejenigen, die "gleich" zur Kamera gegriffen haben.
[gone] User_184280
3 years ago
Meine Erfahrung war, dass Frauen ihren Blick nicht mit Technik verstellen. Sie sehen. Motive, Geschichten. Männern steht oft ihre Technikverliebtheit im Weg oder zu hohe Ansprüche an Bildqualität oder Formalien, Probleme, sich dem Model gegenüber verständlich zu machen, was soll das Bild aussagen ...

Weil Ellen von Unwerth Helmut Newton als eines ihrer Vorbilder nannte, der Mann hatte nicht nur Humor, sondern auch eine sehr weibliche Seite, die er zuließ. Ich sehe in Ellens Bildern eine sehr ausgeprägte männliche Seite.
3 years ago
@ pam.meier
Höhere Qualitätsansprüche ... die gelingen m.E. genau dann, wenn eine "gestaltende Frau" mit dabei ist, also entweder die Fotografin selbst sich darum kümmert, oder wenn eine Visa hinzugezogen wird. Als Beispiel fallen mir Bodyparts mit Miniaturfiguren ein :
Ein Mann nimmt den Kasten mit den 1:87-Figuren und z.B. etwas Honig als Kleber. Dann kommt schon die erste Vertrauensfrage : Wer stellt die Figuren auf ? Denn die "Bergsteiger" sollen ja die Brust oder den Schamhügel erklimmen ... so oder so werden die Figuren positioniert und dann wird fotografiert.
Übernimmt aber eine Frau die Gestaltung, dann wird eine ganze "Landschaft" vorbereitet, mit allen Registern der Schminkkunst wird begrast und besandet oder glitzernder "Schnee" aufgetragen, kurzum der perfekte Showeffekt erzeugt - wie auch bei Portraits dann jede Locke und jede Strähne perfekt sitzt.
Der einzige Fall, den ich sonst kenne, daß ein Mann eine Viertelstunde lang seine Hände nur wenige cm über der Haut des Models bewegt, wäre der Rigger bei der Bondage. Ansonsten sind körpernahe Prozeduren ohne Berührungsangst doch meist Frauensache ...
3 years ago
[@184280]
Ich sehe in Ellens Bildern eine sehr ausgeprägte männliche Seite.
Nämlich? (die erschließt sich aus deinem ersten Absatz nicht so recht.)
[gone] User_184280
3 years ago
Marcello, das hat auch keinen Zusammenhang mit dem ersten Absatz. Es sind meine persönlichen Eindrücke gewesen, als ich mal durch einige Bücher durchgeblättert habe. Der "weibliche Blick" ist für mich selbst einer, der Frauen weniger objektifiziert, also sich eher identifiziert.

Bei Newton sehe ich übrigens mehr Ehrfurcht und Bewunderung für die Frauen. Aber das sind meine ganz subjektiven Gedanken dazu.
[gone] User_184280
3 years ago
SEE, Qualitätsansprüche sind auch sehr unterschiedlich. In der Zusammenarbeit mit Frauen habe ich tatsächlich das Gefühl, dass mehr auf Haare oder Accessoires geachtet wird, man ist oft detailverliebter. Man macht sich wortreich Gedanken über die Story, die man erzählen möchte. Alles sehr konstruktiv und angenehm. Wie gesagt, die verwendete Fototechnik wird dann eher zur Nebensache.

Ich selber glaube übrigens, dass Männer besser darin sind, Frauenakte zu fotografieren. Ich habe das ja schon öfter miterlebt. Irgendwie waren sie näher am Thema, konzentrierter, mehr auf den Punkt. Wenn ich unsere Bilder vom gleichen Model, nur wenige Minuten früher oder später fotografiert, angeschaut habe, ist mir das aufgefallen. Allerdings waren spezielle Lichtformer oder Objektive wieder sehr wichtig.

Mir ist selber klar, dass das alles recht wischiwaschi klingt und ich kann es auch schwer beschreiben. Es waren meine Eindrücke.

Ich halte den sog. "weiblichen Blick" übrigens für schwer greifbar, tendenziell ein Mythos, an den Bildern schwer erkennbar, wenn es nicht klar ist, war eine Frau oder ein Mann am Werk.

http://bloomoose.de/2016/07/26/der-weibliche-blick-ein-mythos/
3 years ago
@ pam.meier
Vielleicht ist es deshalb oft optimal, wenn eine Frau alle Vorbereitungen trifft und ein Mann dann das Licht einrichtet und die Kamera auslöst. Viele kommerzielle Produktionen haben genau diese Rollenverteilung :
Requisite, Make-up, Frisur und Accessoires sind Frauensache, und den "Klick" macht dann ein Mann.
Der perfekte Auftritt des Models ist insoweit unabdingbar ... auch trotz bildmäßiger Nachbearbeitung.

Wenn "Aschenputtel" ganz so bleibt, völlig natürlich und ohne jedes Styling - dann kommen auch wieder Aspekte des fotografischen Könnens, verknüpft mit ästhetischem und gestalterischem Empfinden ins Spiel; eben das, was wir dann meist als tfp-Resultate sehen. Von einer grundsätzlichen Vielseitigkeit an Posen und Perspektiven verbleiben dann nur wenige wirklich gute - und Distanzen und Lichtwirkungen bestimmen dann meist das, was so optimal herausholbar ist. Deswegen ist es natürlich einfacher, ein Model zu fotografieren, deren Erscheinungsbild im Auftritt schon perfekt ist, denn diese "Ikone der Schönheit" sieht aus fast jeder Perspektive gut aus. Das ist es wohl auch, was eben einen Großteil der Resonanz in "großartigen" Klicks und Kommentaren ausmacht.
3 years ago
[@184280] Ich habe keine Probleme mit subjektiven Eindücken, solange sie nicht mit billigen Sprüchen daherkommen. Mir geht es schon um die Erkundung der Wahrnehmungen.
Der "weibliche Blick" ist für mich selbst einer, der Frauen weniger objektifiziert, also sich eher identifiziert.
Da wir gerade über E.v. Unwerth reden, interessiert mich dieser Gedanke näher. Sie hat ihre Erfahrung als Modelmensch auf ihre eigenen Bilder übertragen, sie nimmt mit den Aktionen und dem Spass die Modelle mehr als Menschen als als Models wahr - so mein Eindruck. Identifiziert sie sich da nicht mit beidem, aber mit Schwerpunkt "Frauenmensch und -gelüste"? Kommt das bei dir anders an?
[gone] User_184280
3 years ago
Marcello, ich verspreche, dass ich mir noch mal ihre Bücher vornehme und durchblättere. Es ist ca. 3 Jahre her, dass ich das getan habe. Damals fand ich, dass sie die Models benutzt, um etwas zu inszenieren und dass die Bilder so gestaltet sind, dass sie vor allem Männer ansprechen.
[gone] User_184280
3 years ago
SEE, für mich ist großartige Fotografie von Frauen dann gelungen, wenn sie authentisch ist. Wenn man nicht Vogue-Schönheiten vor die Kamera schubst und Posen aufnimmt. Klar schauen wir alle gerne schöne Frauen an. Das ist ja erwiesen, dass sowohl Männer als auch Frauen lieber Bilder von Frauen anschauen. Da kann man gleich punkten, das macht Spaß, vor allem, wenn die Models auch Freude daran haben, etwas Ungewöhnliches, Freches, darzustellen.

In dem Moment, wo ich etwas inszeniere, wo ich eine Frau Spaghetti essen lasse und die Sauce ins Dekolleté läuft (sowas habe ich in "Fräulein" gesehen), zeige ich eigentlich nichts aus der Realität. Ich finde das jetzt nicht schlimm, aber es ist ungemein mutiger, eine 80-kg-Frau zu fotografieren, die sich mir anvertraut und ihre Körperlichkeit erkundet.

Ich mag diese Bild von Ellen von Unwerth übrigens, aber es hat einen etwas unangenehmen Beigeschmack bei mir hinterlassen.
3 years ago
Ich konnte mich , ehrlich gesagt, nie mit dem Werk von Ellen von Unwerth anfreunden. Sie ist mir zu sehr in der Glamour- und Modefotografie verfangen, als dass mich ihre Bilder ansprechen. Sie wirken mir zu gestellt, wenig authentisch, ganz im Gegensatz zu den Arbeiten ihrer Kollegen Bettina Rheims, die ich sehr viel interessanter finde, insbesondere ihre frühen S/W-Aufnahmen und ihre weltberühmt gewordene Serie "Chambre Close". Bei von Unwerth habe ich immer das Gefühl, dass jetzt nur noch die Parfumflasche auf dem Foto fehlt, damit die Werbeanzeige komplett ist.

Im Vergleich mit den Arbeiten von Helmut Newton können ihre Arbeiten auch nicht wirklich mithalten. Bei Newton sind dann doch noch mehr Gedankenebenen enthalten, ist mehr Hintergründiges zu finden, ist die Umsetzung der Hintergrundideen knackiger. Wie gesagt, das ist meine Sichtweise.

Hat von Unwerth einen Female Gaze? Ja, das denke ich schon, und erneut möchte ich mich auf die von ihr erzählten S/M-Geschichten fokussieren. Ein Mann - zumindest außerhalb der Werbewelt - hätte diese wohl eher nicht so lieblich und seicht dargestellt, da ginge es mehr zur Sache.

Auch die gerade in dem Berliner Ausstellungsort Chaussee36 gezeigten Fotografien von Unwerths - als Teil der Ausstellung "Eros & Photography - Behind Desire" - finde ich wenig überzeugend. Wenigstens sind in der Ausstellung kleine Prints von den Motiven zu finden, was für die Arbeiten völlig ausreichend ist. Von Unwerths große Prints stehen der möglichen Wirkung der Motive ofmals im Wege. Groß ist nicht immer besser. Aber auch hier wirkt die Werbeerfahrung von UNwerths mit hinein.

Aber haben die Arbeiten von von Unwerth auch einen Wiedererkennengswert? Das auf jeden Fall. das ist ihr gelungen und zeichnet sie auch aus. Sie ist halt Profi durch und durch.
[gone] User_184280
3 years ago
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass das Bild mit dem Ketchup und den Spaghetti von Rheims war. Habe ich gerade gegoogelt. Ich hatte damals stundenlang Erotikbände zusammen mit einem leidenschaftlichen Buchsammler durchgeschaut, da ist vieles durcheinandergeraten. Auch der Band "Olga" war dabei ;)

Aber jetzt hatte ich Lust und habe mir "Fräulein" bestellt und treffe mich demnächst mit einem Model, das auf Unwerth steht.
3 years ago
@ pepper
Bettina Rheims und Chambre Close : Schon die Farbwirkung ist phänomenal, insb. der Grünton der Bluse des brünetten Models auf dem Titelbild !! Und von allen berühmten Fotografinnen begeistern ihre Werke mich am meisten ! Rheims und Dahmane sind meine beiden Koryphäen der Modelfotografie.

@ pam.meier
Das Fotografieren einer 80 kg-Frau im Unterschied zu einer mit allen gängigen Schönheitsattributen ausgestatteten und so als Beauty-Ikone wirkenden 50-kg-Frau :
Da sind wir uns doch einig, daß mit der Vogue-Schönheit so ziemlich jede Pose machbar und mit großer Wahrscheinlichkeit ein gutes Bildresultat erzielbar ist.
Die Spaghettisauce im Dekolleté ... das meine ich, war sogar ein Plus-Size-Model, eben mit einer ansehnlichen Oberweite. Perfekt gestylt und mit der stimmigen Mimik kommt auch diese Szene super gut !
Aber wenn dann ein Rückenakt vorgesehen ist, müßte man schon überlegen, wie Hüfte, Po und Beine dann zur Geltung kommen. Mit der Vogue-Schönheit gäbe es 3 Dutzend Möglichkeiten, stehend, springend, tanzend, sitzend, liegend ...
Und auch wenn das Plus-Size-Model ebenfalls 80 kg wiegt und in etwa dieselbe Figur hat ... dann shoote ich mit ihr Portraits und Teilakt topless, nutze das Querformat und lasse hüftabwärts alles weg. Soll es anders werden, so wie Du die Körpererkundung der 80-kg-Frau erwähnst, dann wird es aufnahmetechnisch gewiß anspruchsvoller, wenn dazu Ganzkörperszenen gewollt sind. Eindrucksvolle Bodyparts sind da deutlich einfacher realisierbar, weil die Perspektive und Lichtwirkung dann nur auf 30 oder 40 cm Körperausschnitt passen muß. Als Shootingerlebnis kann das gleichwohl das Nonplusultra sein ... wenn das Model auf den Bildstil von Unwerth steht, und dabei genau diese für mich zu engen Bildschnitte gewollt sind, mag das gut gelingen.

https://trendland.com/ellen-von-unwerth-for-s-magazine-no8/

https://www.justthedesign.com/ellen-von-unwerth-photographer/
3 years ago
Ich muss Pepper recht geben, dass der Focus der Unwerth-Bilder deutlich auf Glamour und die Werbewelt berührende Unterhaltung abzielt, das sorgt für das gewisse Geschmäckle, das eine künstlerische Solidität infrage stellt.
Mir macht das aber nicht so viel aus, weil ich auch für diese Welten Sympathien habe und mich eine Durchmischung der Aspekte wenig stört, wenn ich das Ergebnis souverän und faszinierend finde. Im Grunde ist es ein Balanceakt zwischen Entertainment und Ernsthaftigkeit, um das mal mit altmodischen Begriffen zu betrachten. Da sind die Positionen des Machens und der Rezeption unterschiedlich sensibel geortet. Und da hat, auch da gebe ich Pepper recht, Newton mehr Bildkultur zu bieten, als die unterhaltungsgerichtete Fotowelt von Unwerth.

Aber Unwerth ist mir eben sympathisch, weil ihre Sachen (Bilder und Filmchen) den Charme weiblicher Erlebnisqualitäten so herausstreicht, dazu gehört eben auch weibliche Begeisterung für Glamour, Parfüm, Spiele, Verlockung, Albernheit mit Geschlechtsgenossinnen, momentbezogener Spass, Vertrauen, Kostümierung, Masken, sexuelle Unbeschwertheit und was weiß ich noch mehr. Das sind Eigenschaften, die mir als Mann in dem Maße abgehen, die mich faszinieren und die ich attraktiv finde. Die ich äußerst gelungen inszeniert, eingefangen und vorgeführt erlebe, weil die "Künstlerin" sich als Teil dessen versteht, was da vor ihrer Kamera abgeht. Ihr Identifikationslevel ist sehr hoch - das macht es trotz des oberflächlichen Spassfaktors überzeugend. Für mich ist das ein durch und durch "weibliches Produkt", das mich berührt und anregt. Und, weil weibliche Eigenschaften (s.o.) so focussiert thematisiert sind, ist es eben "female gaze", da bin ich mir mit Pepper wieder einig.

Über die Sicht von Bettina Rheims zu diskutieren quasi im Vergleich, ist vielleicht deswegen schwierig, weil die andere Erlebensebenen ins Visier nimmt, die auch spezifisch weiblich sind. Essentieller vielleicht und das tägliche Leben einbeziehend (bzw. davon ausgehend), Realismus halt, während Unwerth eher die Fantasie-Traumwelten (andere Tiefen) aufspürt und sich um Realismus nicht schert. Letztlich ist aber beides der Ernst zu nehmende Versuch, eine weibliche Verortung sichtbar zu machen.
[gone] User_184280
3 years ago
SEE, du hast mich im Flagranti ertappt. Mein Model wiegt unter 60 kg und ist Makeup-Artist. Also ich fange erst mal mit was Leichtem an ;)

Ich dachte bei der authentischen Fotografie an Antje Kröger:
https://www.antjekroeger.de/blog-antje-kroeger/
[gone] User_184280
3 years ago
Marcello, ich würde jetzt Unwerth und Rheims auch nicht vergleichen wollen. Unwerth arbeitet mit Models, die mit einem Fotograf genauso locker und unbeschwert arbeiten könnten wie mit ihr. Ich sehe auch keinen ausgeprägten "weiblichen Blick", aber das hatte ich ja schon geäußert, bin aber gerne bereit, eure Meinung in meinen Überlegungen zu berücksichtigen. Unwerth bedient eine Zielgruppe und produziert Bilder, die eher Männer ansprechen, behaupte ich jetzt einfach. Vielleicht erwarten auch die Käuferinnen der gezeigten Mode so eine Bildsprache und wären gelangweilt, wenn das weniger spritzig und ohne die obligatorischen Busenblitzer abginge ;)

Rheims hat in ihrem letzten Projekt meines Wissens Frauen in einem Gefängnis porträtiert, also ein soziales Konzept umgesetzt und keine Traumwelt mit Glamouroptik. Von solchen Projekten kann man aber nicht leben, wenn man Auftragsarbeiten mit einem bestimmten Zweck macht, nämlich z.B. Dessous zu verkaufen.

Das Sujet richtet sich meines Erachtens mehr nach der Zielgruppe. Vielleicht will die Magazinkäuferin wirklich kein Frauenthema thematisiert sehen, wie Plus Size, queere oder diverse Models etc. Dann wird letztlich doch die weibliche Schönheit angebetet.
3 years ago
Ich habe den Namen Ellen von Unwerth bis Dato nicht gekannt. Man vergebe mir. Danke für die Links und Hinweise. Einige der Bilder kannte ich aber. Ich hätte beim besten Willen nicht erkennen können, dass da eine Frau dahinter steht. Ich frage mich, ob man das überhaupt erkennen kann. Ich kann es jedenfalls nicht. Für mich ist das Denken in Schubladen. Weil meiner Einschätzung nach eher beim Betrachter was passiert, wenn bekannt ist, welches Geschlecht der Fotograf hat. Besser man weiß es vor dem Betrachten nicht, möchte ich fast sagen.

Beim Technikfetischismus der Männlichen Kollegen bin ich ganz bei [@184280]. Der Technik wird mehr Raum gegeben wie dem Bild. Wenn ich mir die 'guten' Fotografen anschaue, sehe ich vor allem, dass jede/r eine spezifische Sichtweise an den Tag legt. Ich bin einigermaßen sicher, das Handybilder von Newton, von Unwerth oder Mapplethorpe genauso charakteristisch wären, wie wir sie kennen. Ehe man sich auf das Geschlecht konzentriert und dann unbewußt deshalb irgendwelches Zeug hineininterpretiert, sollte man sich besser auf die Person selbst, und vor allem auf deren Bilder fokussieren.
Vielleicht ist das, was Du Marcello Rubini als feministisch und wenig kämpferisch siehst, einfach nur das Resultat daraus , das sich von Unwerth nicht einsortieren oder von Strömungen vereinnahmen lassen will. Somit das genaue Gegenteil. Das wäre meine Interpretation. Ich kann da keinen Feminismus erkennen, wie gesagt, auf dem Auge bin ich blind, aber ich sehe da schon Kampfgeist. Mir gefällt, dass auch Provokation eingesetzt wird, welche die sog. Feministen sicher reizen dürften. Wie man hier erkennt, bin ich auch vom Schubladendenken nicht frei.
Von Unwerth scheint ja das Glück zu haben, das sie weitgehend machen kann, was sie will. Also tut sie es auch. Was mir persönlich daran auch gefällt.
Und, wie sieht feministische Fotografie aus? Ich weiß es nicht, deswegen das Fragezeichen.
3 years ago
pam.meier:
für mich ist großartige Fotografie von Frauen dann gelungen, wenn sie authentisch ist.


Das ist jetzt, mit Verlaub, ebenso eine Worthülse wie "nachhaltig"...

Was bedeutet eigentlich das Wort "authentisch"?

"echt; den Tatsachen entsprechend und daher glaubwürdig"

Nun wüsste ich gerne mal: auf was soll sich das beziehen?

Auf die Fotografie an sich? Eine "unechte Fotografie" gibt es nicht. Eine "den Tatsachen entsprechende"? Ist nicht wirklich möglich. "Den Tatsachen entsprechen" kann vielleicht ein Laborwert. Fotografie ist eine interpretierende Darstellung. Sie wählt immer aus (Aufnahmezeitpunkt, Perspektive, Ausschnitt, Umgang mit Farbe, Kontrast, Licht) und interpretiert damit zwangsläufig.

Fotografie mag vielleicht in der Gesamtsicht etwas "objektiver" sein als Malerei oder Zeichnung, aber "objektiv" ist sie nicht und kann sie nicht sein..

Oder auf das Motiv bezogen?

"Echt" ist die Aufnahme von einem Menschen, wenn sie den Menschen zeigt, und nicht seinen Gipsabguss o.ä. Oder ein Bild vom ihm abfotografiert.
"Den Tatsachen entsprechend"? Welchen? Dem verquiemelten Gesicht mit strubbeligen Haaren gleich nach dem Aufstehen? Der käsebleichen Haut bei Magen-Darm-Infekt mit 39,5°C Fieber? Oder im schmeichelnden Licht des mediterranen Sonnenuntergangs auf gebräunter Haut vom Strandaufenthalt? Die Cellulite im Streiflicht? Aber wäre die "echt". Das Streiflicht betont. Ein weiches Licht kaschiert. Ein "objektives Licht" gibt es nicht. Jedes Licht hat eine Wirkung.

Und "glaubwürdig"? Das schlösse eigentlich jede gestaltete Personenfotografie aus. Andererseits sind Passfotos bekanntermaßen alles, aber nicht glaubwürdig. Kaum jemand sieht so aus oder sah jemals so aus wie auf seinem Passfoto.

Und wäre ein Foto eines Menschen "authentisch", wenn der sich das ansieht und sagt "Nee, das bin ich nicht!!", und fünf enge Bekannte stehen daneben und sagen: "Doch. Das ist sehr authentisch."?

Und welches Foto von "Sexy Cora" ist "authentisch"? Eines, das die Wirklichkeit zeigt, die sie erschaffen hat? Ist ein Mensch authentisch, so wie er zu sein versucht? Oder so, wie ihn andere sehen? Und welche anderen?

Sehen Eltern ihr Kind "authentisch"?

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