Die Aktfrage 122

6 years ago
Ich finde, Aktfotografie tendiert bei übertreibender Ästhetisierung zur Nichterotik.

Den Satz habe ich mir gerade abgespeichert. Das ist nicht nur äußerst zutreffend, sondern auch sehr pointiert formuliert. Danke! ;-)
6 years ago
SEE Arts & Emotions

Den Gedanken von Tom Rohwer mit der Fußgängerzone möchte ich gerne erweitern, um dann ebenfalls zur vorstehend genannten Erotik zu kommen , denn in der Fußgängerzone sieht man tatsächlich jeden Modestil vom Pornstyle bis zu royaler Eleganz und glamourösem Luxus, da denke man nur mal ans Schuhwerk .... und was alles kann ein Portrait mit lippenstiftbetontem Kußmund gedanklich auslösen ?
Oberbekleidungsmode kann also auch sehr viel Erotik enthalten, für mich mehr als so mancher verdeckte Teilakt.

Viele Männer drehen sich heute ja nicht mal mehr nach bekleideten Frauen um. Wäre früher, zumal in mediterranen Ländern, undenkbar gewesen...
"encounter"
6 years ago
Erotik ist eine schöne Sache, aber was bringt es, wenn sie nicht ästhetisch
dargestellt wird?

Das greift zu kurz, weil bei weitem nicht nur "Schönes" als "erotisch" empfunden wird. Die meisten MK-Fotografen werden sich wohl viel Mühe geben, Cellulite auf einem Foto möglichst nicht sichtbar werden zu lassen. Dabei gibt es eine bemerkenswert große Zahl von Männern, die einen Cellulite-Fetisch haben... Um nur mal ein Extrembeispiel zu machen.

Es gibt eine geradezu brutale Form der "PornArt" (oder "MetArt", wie immer man es labeln möchte), die Erotik ganz bewusst nicht "ästhetisch" darstellt. Aber durch hocherotisch ist. Jedenfalls für einen Teil der Betrachter. Die geniale Website "Latenightfeelings" gibt es ja leider nicht mehr, auf der Fotografen wie Bob Coulter und andere dieses Genres ihre Werke gezeigt haben. Mich haben die Arbeiten auf dieser Website immer wieder in meiner Einschätzung bekräftigt, daß es um ein vielfaches schwieriger ist, gute PornArt zu machen als gute "ästhetische Aktfotografie".

Und das ist schon schwierig genug...

Ein paar harmlosere Sachen von Bob Coulter: http://www.bobcoulter.com/bob/index.html
6 years ago
P.S., ganz am Rande: wie fruchtbar 45 Jahre kommunistische Diktatur und ein tief verwurzelter Katholizismus für die erotische Kunst, in diesem Fall die erotische Fotografie, sein können, kann man auf https://www.maxmodels.pl sehen.

Ggf. mit Hilfe von Google Translate kann man sich die wesentlichen polnischen Begriffe heraussuchen, und dann einfach mal eine Suche nach Aktmodels starten. Und dann einen Abend lang Bilder gucken, auf den Model-Sedcards.

Aber Vorsicht: man kommt kaum vor morgens um drei ins Bett... Das hat vielfach eine künstlerische Qualität, da fliegt einem der Hut weg. Und irgendwie wird da auch noch die Schwarz-Weiß-Fotografie gepflegt...
6 years ago
@Tom Rohwer

Ich habe gerade eineinhalb Jahre in Warschau gelebt und ein Buch über polnische Fotografie geschrieben. Maxmodels ist in der Tat die größte polnische Seite für an Aktfotografie interessierte Fotografen und Modelle, aber sie spiegelt auch den Hang der meisten Polen nach Glamour und Hochglanzfotos wieder. Den wirklich kreativen Geistern der polnischen Fotoszene ist das zu brav und uninspiriert. In einem Interview, das ich mit der polnischen Modefotografin Zuza Krajewska geführt habe, die u.a. regelmäßig Cover und Modestrecken für die polnischen Ausgaben von Elle, Marie Claire, K-Mag etc fotografiert, regt sie sich über die Einfallslosigkeit der polnischen Zeitschriftenredaktionen und der meisten polnischen Fotografen/innen auf, die eben in der Mehrheit genau nur diese wenigen Fotovarianten, wie siestark bei Maxmodells zu sehen sind, haben wollen. Zuza hält da mehr von den Fotoszenen in Deutschland oder Großbritannien.

Hier einige Zitate aus dem Interview mit Zuza:
"Die Leute sind in Polen nicht neugierig, sie wollen nichts Neues entdecken und sie [die Redaktionen und Auftraggeber] wollen nicht für solche Entdeckungen bezahlen. Das ist alles eine ziemlich komplexe Situation. Das hat seine Ursache darin, dass Polen nichts selber entwickeln, sondern dazu neigen nur alles zu imitieren. Das hat etwas mit Selbstwertgefühl zu tun. Der polnische Charakter ist Bipolar. Sie lieben und hassen sich zugleich. Aus diesem Grund ist es nicht so einfach für sie selbstständig zu denken, sie haben eine geringe Belastbarkeit und es mangelt ihnen an Entschlusskraft. "

"Hier in Polen ist die Herangehensweise an Schönheit idealisiert und sehr patriarchalisch. Es gibt hier wenig Raum für das Natürliche."

Ich selbst habe Maxmodels ebenfalls als eher langweilig empfunden, obwohl es natürlich auch tolle Sachen zu entdecken gibt. Ich habe selber dort ein Fotografenprofil.
6 years ago
Hi Pepper
die Bilder die ich da gesehen habe sind doch ok,auch nicht schlechter als hier,ich habe natürlich nicht alle angeklickt,aber das ist natürlich deine Meinung(Recherche)und ob die Polen einen anderen Hintergrund als ich haben Frauen nackt zu fotografieren weiss ich nicht.
https://www.maxmodels.pl/akt,1.html
6 years ago
@Christian G

Es geht auch nicht darum ob sie womöglich schlechter sind. Von einem rein technischen Standpunkt aus wird in Polen flächendeckend das reine Handwerk in vielen Bereichen der Fotografie sehr viel höher gehalten als in Deutschland (Eine Art Akademismus). Es gibt beispielsweise in Warschau wöchentlich kostenlose Workshops für alte Fotorechniken wie die Cyanotypie und die werden gut besucht. Aber die ganze Szene ist dort konservativer, das Experiment fehlt, eine Kreativität in dem Sinne wie Zuza Krajewska sie beschreibt. Und versteh mich bitte nicht falsch. Es gibt auch viele klassische Akte und Mode- oder Glamourfotos die mir gefallen, ich sehe auch ihre Qualitäten, aber eigentlich interessieren mich neue Sichtweisen auf das Sujet. Ich suche für mich privat nach dem, was ich in einem Jahr in Galerien oder in 10 Jahren in Museen sehen werde. Das werde ich natürlich kaum auf der MK oder bei Maxmodels finden, aber das muss ich auch gar nicht. Es macht auch Spaß, sich die Trends (oder hochgehaltenen Traditionen) unter Hobby- oder angewandten Fotografen anzusehen, wie sie auf diesen Netzwerken zu finden sind. Und es sind auch ein paar fabelhafte Menschen darunter, mit denen man in Kontakt kommen kann und mit denen es Spaß macht, sich über Fotografie zu unterhalten.

Das ist jetzt kein Beispiel aus Polen oder Deutschland, aber es gibt einen Aktfotografen, der mich in den letzten Jahren besonders bewegt hat. Es ist Ren Hang, der mit seiner häufig verwendeten analogen Minolta Kompaktkamera mit eingebautem Blitz Großartigen geschaffen hat. Gerade erst waren seine Werke im Museum für bildende Künste in Leipzig zu sehen. Leider hat er sich vor einem Jahr - neunundzwanzigjährig - aus seinem Wohnhaus gestürzt. Er litt an Depressionen.
6 years ago
Ich finde Aktbilder schön, wenn sie wirklich schön gemacht sind und nicht einfach nur sexistisch und billig, was man hier leider sehr sehr viel sieht.
Selbst möchte ich in Zukunft auch gerne mal Akt oder zumindest Teilakt/verdeckten Akt fotografieren mit dem Ziel die Zartheit und Reinheit einer Frau darzustellen.
Der weibliche Körper ist wunderschön, ich versteh schon, warum auch so viele Männer gerne Akt fotografieren.

Diese "einfach draufhalten, hauptsache nackt" schaden der allgemeinen Aktszene evtl nicht, aber zb hier in der MK doch sehr. Hier häufen sich halt die billigen schlechten Aktbilder und fallen sehr auf.
Deswegen lehnen viele Models hier auch Teilakt/Akt ab, was ich sehr gut verstehen kann.
War hier früher auch als Model aktiv und hatte ganz am Anfang kurz bei Teilakt "vielleicht" angegeben...ihr könnt euch nicht vorstellen wie ich überrannt wurde und 70% davon war einfach nur billig und schlecht =/
Warum ich Akt fotografiere?
Weil ich einen nackten Menschen schöne finde, so wie er sich darstellt. Als Fotograf will ich dem Anspruch genügen und natürliche und ästhetische Fotos machen mit natürlichen Modellen. Natürlich soll sich ein Model wohlfühlen aber das ist doch Grundvoraussetzung.
Wenn ich Akt shoote, dann gebe ich klare Anweisungen, die Bilder habe ich bereits im Kopf.
Ich kümmere mich mehr um meine Umwelt, um die Lichtbedingungen outdoor oder die nächste Einstellung.
Vom Model sehe ich nicht allzu viel, weil ich kein Gaffer bin. Mein Model zieht sich hinter einer spanischen Wand aus und wieder an, und ich nutze die Zeit mit dem Model, um die beste Aufnahme zu machen.
Wenn ich aus dem Aspekt heraus agieren würde, um mir die Frauen nackt anzuschauen, weil zu Hause vielleicht die Luft raus ist, dann ist das mit Sicherheit der falsche Ansatz. Solche Leute kenne ich, selbst in Workshops begegnet man Ihnen. Von denen nehme ich bewusst Abstand.
"Ich finde, Aktfotografie tendiert bei übertreibender Ästhetisierung zur Nichterotik."

Umgekehrt wird erst recht ein Schuh draus. Aktfotografie tendiert bei übertreibender Erotik zur Nicht-Ästhetik! ;-)
[...]Diese "einfach draufhalten, hauptsache nackt" schaden der allgemeinen Aktszene evtl nicht, aber zb hier in der MK doch sehr. Hier häufen sich halt die billigen schlechten Aktbilder und fallen sehr auf. [...]


Na und? Wenn das Schlechte zur Masse wird, hebt sich das nicht ganz so schlechte wieder daraus hervor.
[gone] User_6449
6 years ago
T | BICHLER
Wenn das Schlechte zur Masse wird, hebt sich das nicht ganz so schlechte wieder daraus hervor.

So kann man es auch sehen, frei nach: "Der Einäugige ist der König unter den Blinden".

Bilder laufen im Internet jedoch im Sekundentakt durch, so daß auch gute Fotos in der
Masse untergehen. Das zieht das Thema "Aktfotografie" in der Öffentlichkeit insgesamt
runter.

Beispiel:

Wenn man Aktfotos macht - egal ob als Fotograf oder als Modell - wird man erstmal
schief angeschaut, weil eben die meisten Leute nur noch den vielen Schrott aus dem
Web kennen.

Ein gutes Foto hebt sich im Internet nur für wenige Sekunden heraus. Die Masse macht
den Gesamteindruck ...
6 years ago
Lieber Peter Herhold,

das entspricht überhaupt nicht meiner persönlichen Erfahrung. Menschen, die ein geschultes Sehen haben, erkennen gute Fotos auch in einer Bilderflut. Und die, die das nicht haben, erkennen auch kein gutes Foto, wenn es das einzige Bild ist, das sie gerade zu Gesicht bekommen.
Zur Akzeptanz von Aktfotografie im Allgemeinen siehe früheren Beitrag von mir.

Lg
Nö, Peter. Aber bei all dem vermeintlichen Müll in der Aktfotografie, merke sogar ich selbst wieder, dass z.B. mein Krempel gar nicht mal sooo schlecht ist. Solange das andere auch noch merken, ist die Welt noch in Ordnung.

Und zurück zur Ausgangsfrage: Wer sich selbst die Aktfrage stellt, hat meines Erachtens schon verloren.
[gone] User_184280
6 years ago
@T | BICHLER:
"Und zurück zur Ausgangsfrage: Wer sich selbst die Aktfrage stellt, hat meines Erachtens schon verloren."

Was kann daran falsch sein das eigene Handeln hin und wieder zu hinterfragen?
[gone] User_6449
6 years ago
Zitat: pepper
Menschen, die ein geschultes Sehen haben, erkennen gute Fotos auch in einer Bilderflut. Und die, die das nicht haben, erkennen auch kein gutes Foto, wenn es das einzige Bild ist, das sie gerade zu Gesicht bekommen.

Wer ist das Publikum? Nur Menschen mit "geschultem Sehen", oder alle Menschen denen
ein Foto spontan gefällt oder nicht, auch wenn sie selbst gar nicht genau wissen warum?

Wenn wir Fotos nur für ein Publikum mit "geschultem Sehen" machen, können wir unsere
Kamera auch an den Nagel hängen.

Schau Dir doch mal an, was hier an Aktfotos jede Minute in den "Photostreams" erscheint.
Da braucht man kein "geschultes Sehen", denn bei 3/4 der Bilder wird einem auch ohne
besondere Vorbildung gleich übel ...

Man darf sich also nicht wundern, wenn der Ruf der Aktfotografie immer schlechter wird.
6 years ago
@T|Bichler: Warum sollte man da verloren haben? Und vor allem was? Sich selbst oder seine Intention hinter einer Sache zu hinterfragen hat nichts mit Rechtfertigung zu tun, sondern mit dem Versuch sich stetig zu verbessern.

@pepper: Ganz ehrlich gesagt, sind mir Menschen die ein geschultes Auge haben eigentlich egal ;) Meine Bilder sollen allen gefallen. Die Meinung anderer Fotografen spielt da eher eine untergeordnete Rolle. Von daher muss ein Bild aus der Masse so herausstechen, dass auch das ungeschulte Auge sofort hängenbleibt. Das Problem dabei ist allerdings genau das, was Peter Herhold beschrieben hat. Die Masse bildet die Meinung. Und deshalb ist der Ruf der Aktfotografie so schlecht.
6 years ago
Der Ruf der Aktfotografie war schon immer schlecht. Auch der Ruf des Bildhauers/Bildhauerin oder Malers/Malerin, der Tänzer und Theaterleute, die sich der nackten, menschlichen Existenz annahmen war schon immer schlecht. Literaten eingeschlossen.
6 years ago
@Peter Herhold

"..denn bei 3/4 der Bilder wird einem auch ohne ohne besondere Vorbildung gleich übel ..."

So eine Aussage kann ich persönlich nicht nachvollziehen. Mir wird nie übel wenn ich etwas sehe, das ich nicht mag. Ich schaue einfach nicht ein zweites Mal hin. Selbst das schlechteste Foto hat seine Daseinsberechtigung.

@Martin Hirsch

"...Meine Bilder sollen allen gefallen..."

Wirklich? Das wichtigste Zielpublikum für meine Fotos bin ich selbst. Ich muss sie mögen, alles andere ist zweitrangig. Aber ich freue mich, wenn es dann Leute gibt, die die Fotos ebenfalls mögen.

"...Das Problem dabei ist allerdings genau das, was Peter Herhold beschrieben hat. Die Masse bildet die Meinung. Und deshalb ist der Ruf der Aktfotografie so schlecht."

Also, das möchte ich mal bewusst provokativ formulieren: Seit wann ist der "Pöbel" der Maßstab für selbstbewusste Menschen??? Wenn die Masse etwas scheiße findet, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch schlecht ist!

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