#260
Eine zu kleine Auswahl ist genauso wenig empfehlenswert. Agenturen oder auch Kunden bevorzugen meistens eine größere Auswahl, denn sie haben häufig einen anderen Blick auf die Bilder und suchen unter anderen Gesichtspunkten aus. Eine Einstellung die sich um Nuancen unterscheidet, brauchen sie sicher nicht in zweifacher Ausgabe. Auf der anderen Seite können Nuancen manchmal für Ausdruck und die Bildwirkung ausschalggebend sein.

Durch mehr Aufnahmen und größere Ausschnitte (ähnliches Thema) haben sie mehr Flexibilität. Das gilt übrigens auch für Kunden. Sie sind eher enttäuscht und verärgert, wenn Ihnen der komplette Auswahlprozess abgenommen und vorenthalten wird. Traurig aber wahr ist auch, dasss viele Kunden auch das Gefühl haben, wenn sie mehr Aufnahmen vom Fotografen bekommen, erhalten sie eine bessere Leistung. Fotografen, die nicht den Blick für die Realität verlieren, sind langfristig erfolgreicher.

Aber mit Kreativität hat das wenig zu tun.

MK ist doch weder Kunde noch Model, sondern Ausstellungsfläche der besten Arbeiten.
Nach einem Shooting bekommt mein Model eine große Auswahl, aber nicht die MK, die bekommt nur meine Lieblinge. Hier sollte man seine besten Bilder zeigen, nicht 'nen Haufen setzen und sagen "sortier das mal duch". Wenn ich mich als Fotograf bewerbe schicke ich auch nur eine Bewerbungsmappe mit den absoluten Highlights, wenn ich daraufhin für den Job gebucht werde bekommt der Kunde eine Auswahl nach gebuchtem Shooting, aber nicht das Portfolio.

Wenn das Portfolio das beste zeigt, was ein Fotograf so macht, ist es vielleicht auch repräsentativ, wenn es eine Aneinanderreihung von Varianten ist. Die ist dann stellvertretend für kreative Vielfalt: "Toll, was der Fotograf aus einem Motiv so alles rausholt!" :-)

Hallo an alle,
jetzt möchte ich mich als "ältere Dame" auch mal in die Diskussion einschalten und auf das ursprüngliche Thema der Kreativität zurück kommen, das m. E. nichts mit Technik zu tun hat, das sind für mich 2 verschiedene Paar Schuhe.
In der MK gibt es technisch toll gemachte Bilder aus den Bereichen Portrait und Fashion, bei denen mir aber die ungewöhnliche Bildidee fehlt. Klar, wir können das Rad nicht neu erfinden und jede Idee, die ich habe, hatte vor mir sicher auch schon jemand anderes... aber einen schönen Menschen schön (passendes Licht etc.) abzulichten, führt zu einem schönen Ergebnis, ist für mich aber nicht kreativ. Wenn gewünscht, suche ich gern hier mal ein paar Bilder heraus, die ich kreativ finde. Also Kreativität und Bildidee hängen für mich ganz eng zusammen.
Wenn dann noch die technische Umsetzung stimmt, um so besser...
LG, Ulli

Man sollte auch mal ganz direkt fragen, ob wir heute
nicht viel zu sehr dazu neigen, Kreativität zum Wert
an sich zu erheben. Diese Fetischisierung von
Kreativität, die Jagd nach dem Neuen um der
Originalität willen, bringt schließlich immer wieder
ziemlich problematische oder einfach
nur belanglose Ergebnisse hervor, so
sensationell sie im Einzelfall auch daherkommen
mögen. Dagegen ist ein gediegener konventioneller
Akt eben ein guter konventioneller Akt, also
prinzipiell etwas Befriedigendes. Das ist nicht nichts.

Eine der Folgen des Kreativitätsfetischismus
ist die Selbstbezüglichkeit der modernen Kunst, die
in ihren fortgeschritteneren Strömungen
von immer weniger Laien verstanden und daher
vom Publikum schlicht ignoriert wird. In
Galerien für ganz moderne Kunst herrscht
meist gähnende Leere. Moderne
Lyrik ist oft nahezu unverständlich.

Dabei ist Kreativität als
Wert an sich auch kunstgeschichtlich
eine ziemlich späte Errungenschaft.

Damit will ich mich keineswegs
gegen das Kreativitätspostulat
schlechthin wenden. Es hat seinen
Sinn - aber man muss es nicht
verabsolutieren.

(Hastig geschrieben,
schlechter Stil - sorry.)

Peter Herhold: Mit der Smileykultur wird ja Ironie heutzutage doppelt und dreifach kenntlich gemacht. Ich bedaure, das in #263 nicht gemacht zu haben, Entschuldigung!

Ich bin gerade über den Instagram Account einer jungen russischen Fotografin gestolpert und musste an diesen Thred denken, als ich deren Bilder sah:

https://www.instagram.com/sheidlina/

DAS ist kreativ! Wenn ich solche Bilder sehe, ziehe ich meinen Hut und verneige mich - und das, obwohl ich mich selber nicht für gänzlich unkreativ halten würde!

Haha, die wollte ich vor ein paar Tagen auch verlinken und hab's dann doch sein lassen. :D

(gib's zu, Du hast auf Bored Panda geklickt)

@Casa de Chrisso - gut erkannt!

Dann der Vollständigkeit halber auch ihr TikTok bzw. YouTube - Account.

Kreativ wird mancher erst, wenn die Motivation stimmt. *** Klick ! ***

Peter Herhold: Dann bin ich ja gespannt, ob du auch was Beispielhaftes für deine Auffassung kreativer Fotografie vorstellen kannst. Vielleicht wird auf diese Weise ja konkret, was hier gesprächsmäßig so mühselig war.
Und wenn auch TO NeoArt mal ein Beispiel brächte, wäre das eine prima Ergänzung.

@Tim Brakemeier in #268 und Peter Herhold in #274

Die Fotos sind zweifellos den jeweiligen technischen Möglichkeiten entsprechend technisch sehr gut.

Aber: ist da denn wirklich auch ein "durchgehender roter Faden" zu erkennen? Haben die Fotos tatsächlich so viel kreative Substanz? Oder entsprechen sie (vielleicht doch nur) mehr oder weniger einem jeweiligen (zeitlich dokumentarischen) Aspekt?

Man erlaube mir speziell auf die junge russische Fotografin zurück zu kommen: solche Art von Fotografie konnte man bereits in den 50-er Jahren verfolgen. Nachweis? Leider nein: Warum? Wen interessierte das über viele Jahrzehnte danach denn das gemeine Publikum?

Fazit: keiner erinnert sich heute noch auch nur Ansatz weise an den/die jeweiligen "Künstler(in)". Eine gewisse Wertigkeit können wir da mal ruhig außen vor lassen. Einverstanden?

@ Peter:

Bei den von Dir verlinkten Bildern fällt mir vor allem
eine sehr harmonische Bildkomposition und
eine gekonnte Gestaltung des Vordergrundes auf.
Das ist sicher geeignet eine Brücke zum Betrachter zu schlagen.

Ich empfinde das nicht als kreativ sondern als lehrbuchhaft.

Mein Eindruck: ... ..das hier ist kreativ... ... und das hier eigentlich auch....

...und für mich als etwas Ungebildeter kommt noch hinzu,
dass ich dort ab und zu etwas dazulerne, das mir unbekannt war.

Wow, plötzlich kommen hier doch noch kreative Bilder. Die Streitereien darum verstehe ich allerdings nicht. Ich empfinde die meisten dieser Werke als kreativ
... allerdings sind sie alle nicht mein Geschmack, worin ich offenbar auch nicht allein bin. Darum geht es aber eben nicht. Den Geschmack würde ich hier gern ausklammern.

und ich könnte mich hier sattsehen
https://www.saudek.com/en/jan/hlasovani.html