Frage nach den entscheidenden Details für hohe Qualität 162

3 years ago
Die Frage, was ein gutes Bild ausmacht, wird oft falsch beantwortet, nämlich mit technischen Masseinheiten. Symptom dafür ist beispielsweise das primär in Hobbyknipserkreisen/Couchfotografenzirkeln propagierte Wissen, dass ein Bild, was rauscht, kein gutes Bild sein kann...

(Und ihr sagt mir, Freunde, daß nicht zu streiten sei über Geschmack und Schmecken? Aber alles Leben ist Streit um Geschmack und Schmecken! - Nietzsche)

Nein: Die Bildwirkung findet über Emotionen statt, die diese beim Betrachter auslösen. Hier ist jede Zielgruppe anders angesprochen, was bei ihr entsprechende Emotionen auslöst- sowohl positive als auch negative.
Die Oma am Kaffeetisch wird wahrscheinlich eher von einem offenen Lächeln eines Models und Blick angesprochen fühlen, während die Penthouse-Leserschaft einem Lächeln sicher nicht abgeneigt ist, aber für stärkere positive Emotionen noch einige hunderte (besser: Tausende) Quadratzentimeter Haut nötig sind...

Die Definition von " zeigt das Bild einen Menschen mit Brüsten... oder eher Brüste mit einem Menschen... " finde ich hier gut, weil diese die wichtige Unterscheidung ist, welche Zielgruppe letzendlich angesprochen wird oder werden soll...

Genauso verhält es sich mit den negativen Emotionen, die letzendlich zu einer Ablehnung eines Bildes führen:
Die anständig erzogene Oma wird auf in die Kamera gehaltene Titten meist negativ reagieren, Fotos, die Motive wie Gewalt oder befremdliche Szenen (Einsamkeit, Missbrauch, Angst) zum Inhalt haben, werden anders rezipiert als die "heile-Welt" Bilder.

Oder langweilige Bilder: Wenn ein Model lustlos in die Kamera blickt, und sonst am Bild nix ist, was meine Aufmerksamkeit fesseln würde (wie eine besondere Lichtsetzung, ein tolles Auto oder sonstige Requisite), erzeugt es keine positiven Emotionen, sondern eher Ärger darüber, kostbare Sekunden meines Lebens mit dem Betrachten von unterdurchschnittlichem Müll verbracht zu haben.


Versuch einer Definition in Kurzform: "Der Betrachter reagiert auf ein Bild umso mehr, je mehr Emotionen dieses hervorruft. Da jeder Betrachtende anders reagiert, gibt es kein universal "gutes" Bild.
Zielgruppenabhängig kann ein Bild bereits als gut bezeichnet werden, wenn die Zielgruppe eine gewünschte Reaktion zeigt (Oma findet das Bild der Enkelin süss, Penthouseleser findet die Oberweite geil). Zielgruppenübergreifend ist ein Bild gut, wenn verschiedenste Zielgruppen ein Bild als ansprechend bezeichnen können."

Anmerkung:
Auch eine Oma ist in der Lage, ein Bild von der Enkelin, die ästhetisch wertvoll in low-key Beleuchtung und Pose dargestellt wird, als Kunst zu verstehen, besonders, wenn ein bekannter und teurer Fotograf das gemacht hat. Ein reines hart ausgeleuchtetes Knipsbild mit Schlagschatten von einem lustlosen Model, wo die DD-Oberweite das herausragendste Merkmal ist, dürfte dagegen eher in die Kategorie "Brüste mit Anhang" fallen- und findet nur bei einer eng begrenzten Zielgruppe Anklang.

Anmerkung #2: Und ja, ich empfinde es auch so, dass viele der Bilder, die so zu sehen sind, eher "Katalogbilder" sind- der Marke: Stell dich hin, ich mach mal Knips- technisch ok, aber es fehlt das bewusste Etwas- die Seele darin, die ein Bild lebendig macht und zum Beschäftigen damit auffordert...
3 years ago
fNoir:

Danke schön !

Man kann eben selten alle Menschen unter einen Hut bringen,
es allen recht machen oder verhindern, dass jemand trotz viel
Engagement, Tiefe und Liebe ein Foto völlig anders empfindet.

Aber die Menschen, die ähnlich ticken, wie man selbst,
kann man eben doch erfolgreich erreichen, wenn man auf sich selbst hört.
3 years ago
Die Einstufung ist Ergebnis Deiner subjektiven Wahrnehmung. Diese Wahrnehmung ist geprâgt durch Deine Persönlichkeit und Dein soziokulturelles Weltbild, Deine Wertesystem, Deine Erfahrungen und auch Deine fotografische und intellektuelle Kompetenz. Und entsprechend unterschiedlich fâllt Dein Ergebnis aus. Was ein erfahrener Hobbyfotograf wertig findet kann und wird ein Kurator mit einer anderen Perspektive höchst wahrscheinlich ganz andere bewerten. Es gibt streng genommen kein richtig und kein falsch und man kann eigentlich am besten für sich selbst sprechen. Grenzen zwischen gut und mangelhaft verlaufen manchmal eng und verschwimmen häufig.

Die Versuche, die Akzeptanz und Einschätzung für andere vorzunehmen ist entsprechend schwieriger aber mit einiger Erfahrung gut möglich.
Wie sehr Meinungen über gelungene Fotografien sich selbst unter "Bildprofis" unterscheiden, erlebe ich bei jeder Printproduktion. Ich glaube schon lange nicht mehr an allgemeingültige Formeln.
3 years ago
T BICHLER

Den Meinungen solcher (oftmals selbsternannter) "Bildprofis" zu folgen und deren Empfinden gerecht zu werden komme ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr nach. Versuche ich auch nicht.

Mich interessiert einzig und allein MEIN Geschmack. Den zu verbessern (kann man auch noch im hohen Alter - wenn man nur möchte) und dabei mein kleines aber feines Klientel "bei (Kauf)Laune" zu halten, das genügt mir voll und ganz.

Damit verkaufe ich nämlich auch nicht meine fotografische Seele.
3 years ago
Ich versuche mich mal...

Der nackte Mensch (oder ja vorherrschend auch die nackte Frau von mir aus) wird ja nicht erst seit gestern abgebildet. Und obwohl es auch in der Antike schon Porn-Art gab, gab es in der darstellenden Kunst schon sehr viel Nackheit ohne sexuellen Bezug, ohne dass jemand das als anstößig empfunden hätte.

Es kommt also schon auf den Kontext, oder eben auch die Zielgruppe an, wobei man natürlich im Hinterkopf behalten muss dass hier sehr viel Subjektivität reinspielt, und was für den einen schon hocherotisch ist, ist für den anderen ganz normal... zusätzlich spielt herein dass es bei der Kunst 2 Seiten gibt, den Künstler und den Betrachter.
Der Künstler kann sich noch so sehr bemühen eine Darstellung "unerotisch" zu gestalten, irgendjemand auf der Welt wird trotzdem sagen "geil, nackt". Andersherum kann natürlich auch der Künstler seine Arbeit noch so erotisch meinen und steht damit quasi allein auf weiter Flur...
Soviel zum Subjektiv.
Man kann also nur gewisse Tendenzen definieren, alle Grenzen bleiben trotzdem fließend...

Bei der Darstellung gibt es jetzt ja auch noch verschiedene Aspekte. Das exakt gleiche Bild mit jeweils anderer Beleuchtung kann extrem unterschiedlich wirken. Dennoch sind wir uns alle denke ich einig, dass bis auf Ausnahmen (man denke bitte wieder an die undefinierbaren Grenzen bzw Tendenzen) gilt:
-harter Kamerablitz mit heftigen Schlagschatten wird oft als unästhetisch empfunden

Was im digitalen Zeitalter viel zu oft viel zu kurz kommt ist das bewusste nutzen von Licht. Ich nehme mich selbst weiß Gott nicht davon aus, aber viel zu oft probieren wir einfach herum bis das Licht ganz ok ist, den Rest kann man ja von der Speicherkarte löschen, kost ja nix...
Während frontales Licht abflacht, bringt Seitenlicht Räumlichkeit durch Schattenwurf.
In der Beautyfotografie nutzt man daher frontales Licht aufs Gesicht um dort Unebenheiten zu minimieren, Räumlichkeit wird dort eher durch Makeup und Dodge and Burn in der Bearbeitung erzielt...
Bei Körperaufnahmen wird auf Makeup allerdings verzichtet (man beachte wieder die Ausnahmen) und man will ja den Körper als dreidimensionales Objekt abbilden, ergo braucht man seitliches Licht.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber wir erinnern uns: die Tendenz ist da...

Kommen wir zum Posing.
Auch hier gibt es Tendenzen welche Posen ein Bild erotisch wirken lassen oder eben nicht.
tendenziell:
- bewusst präsentatives Posing mit Fokus auf die Geschlechtsmerkmale gilt als "aufreizend"
(symmetrisch weit geöffnete Beine, Richtung Kamera gekipptes Becken, mit den Händen angehobene/umramte Brüste etc)
-zusätzlich gilt oft auch der direkte Blick in die Kamera verbunden mit dem aufreizenden Posing als "aufreizend"
3 years ago
Die Entscheidung, ob ein Foto gut ist, entspricht in vieler Hinsicht der Frage, ob eine Frau schön ist. Man weiß es, wenn man hinsieht, und verschiedene Personen stimmen in ihrem Urteil weitgehend überein - aber man kann es eigentlich nicht begründen, schon garnicht, indem man in Form eines Rezepts Punkte aufzählt, die erfüllt sein müssen.
Norbert Hess ... naja, wenn Deine Verleger Dich verlegen wollen (ganz egal ob Kalender oder Artikel oder, oder..., dann reden sie in der Regel ein nicht ganz ungewichtiges Wörtchen mit... und nicht nur die, sondern meist auch noch die Produktions- oder VK-Assistent/in, -en, usw... da sitzt dann ein kleines Team und jeder hat ne andere Meinung. Aber ich denke Du weißt das.

... von Galeristen udgl. mal gar nicht erst zu reden.

Und... mit Seele verkaufen hat das wenig zu tun. Die Wahl haben sie ja nur innerhalb meiner eigenen Werke, resp. meiner Vorauswahl. Trotzdem sind die Unterschiedlichen Meinungen jedesmal aufs Neue spannend zu sehen.
3 years ago
Ivenhoe
Ich widerspreche dir in jedem Punkt!
Egal was auf dem Foto ist, ob Frau oder Mann, lang-läufig als Hübsch oder schön oder auch unattraktiv, welches Motiv auch immer abgebildet ist sagt nichts über die Qualität des Bildes aus. Wenn ich mir hier einige Fotos ansehe, mit hübschen weiblichem Modellen muss ich sagen dass viel dieser Bilder langweilig und nichts anderes als das zur schaustellen von Geschlechtsmerkmalen ist. Ein Rezept für gute Bilder gibt es nicht, es wäre auch sehr langweilig.
3 years ago
fotogreif
Ich widerspreche dir in jedem Punkt!

Ich fürchte, du hast meinen Punkt nicht einmal verstanden. :-)
[gone] User_6449
3 years ago
Also wodurch wird ein Tittenbild zu einem ästhetischen topless-Kunstwerk ?

Von technischen Dingen abgesehen, kommt es auf das "gewisse Etwas"
an, für welches es kein Patentrezept gibt.

Es ist wie beim Kochen:

Meine Großmutter hat viele Rezepte selbst notiert, aber auch wenn ich
die genau so nachkoche, schmeckt es trotzdem nicht mal halb so gut.

Das "gewisse Etwas" ist also entweder vorhanden, oder eben nicht ...
3 years ago
Meinung ist zuerst immer subjektiv. Wenn viele subjektive Meinungen konform gehen, kann das Gesamtergebnis m.b.M.n. als objektiv gelten. Was ein gutes Foto für die meisten Betrachter ausmacht, wurde schon mehr oder weniger beschrieben. Ein Foto, was tatsächlich gut ist, wird von vielen Betrachtern auch als solches empfunden. Nicht von allen, da sind halt die berühmten Geschmäcker davor.

Ein gewisses technisches Know how schadet dem Ergebnis nicht, wenn der Fotograf den "Blick" für bzw. auf das Motiv hat, ebenso.

Ansonsten bin ich bei #31 und "das gewisse Etwas, für das es kein Patentrezept gibt".
3 years ago
Vielen Dank für Eure doch recht ausführlichen und
auch sehr verständlichen Meinungen, die eben trotzdem
nicht punktgenau übereinstimmen müssen, sondern die ich
eher als bereichernde Ergänzungen, individuelle Aspekte
und unterschiedliche Blickwinkel verstehe. Gleichermaßen wertvoll.

Danke schön !
MAINpics,
T | Bichler,
Norbert Hess,
Prisma Photography,
Ivanhoe,
fotogreif
Peter Herold und
highlander .

....leider fühle ich mich nun auch irgendwie verpflichtet
Euch mitzuteilen, dass dieses geplante Shooting abgesagt wurde.
(Der Freund ist etwas geknickt, obwohl er um das Restrisiko wusste)

Natürlich tragisch, traurig, aber das beeinträchtigt den bleibenden Wert
der Antworten und der Fragestellung aus meiner Sicht in keiner Weise.

Habt noch einen schönen Sonntagabend !
3 years ago
Ivanhoe
"Ich fürchte, du hast meinen Punkt nicht einmal verstanden. :-)"

Ich habe es verstanden, möglicherweise hast du etwas anderes geschrieben als gemeint.
Ich bleibe dabei das Motiv ist nicht wichtig für ein gutes Bild, die Ausführung macht ein gutes Bild.
3 years ago
Ich bleibe dabei das Motiv ist nicht wichtig für ein gutes Bild, ....

Da bleibt nur zu hoffen, dass du diese Ansicht wenigstens deinen Modellen gegenüber für dich behältst... ;-D
3 years ago
Ich trenne ein gutes Bild und ein gutes Motiv.
3 years ago
Also ich würde dazu ganz vorsichtig und zugegebenermaßen
sehr subjektiv anmerken wollen,
dass nur ein gutes/interessantes/begehrtes Motiv
ein gutes Foto erst möglich macht.
Der Inhalt / (content) ist das Entscheidende.
Das mag eventuell in reinen Kunstszenen anders sein,
aber dort gelten eh nur verrückte regeln, wenn überhaupt..

Die Praxis der aktuellen Klickzahlen auf Facebook,
Instagram und TikTok untermauern das möglicherweise.
Wesentliche ist der Bildinhalt / das Motiv.

@fotogreif:
Ein anderer User merkte dazu schon einmal an:

Gute Technik kann aus einem schlechten Motiv
höchstens ein belangloses Bild machen.

Ein gutes Motiv kann durch schlechte Technik
allenfalls an wirksamer Ausstrahlung verlieren.
3 years ago
Die begeisterten Kommentare unter offenkundig schlechten Bildern lassen an dieser schlichten Theorie zweifeln.

Wo steht geschrieben, daß Kunst automatisch immer "gut" ist. Es gibt auch grottenschlechte Kunst...
3 years ago
Ich trenne ein gutes Bild und ein gutes Motiv.

Hmm.... komisch - ich versuche genau das immer zusammenzubringen. ;-P

Aber bevor ich jetzt Prügel bekomme: ich hatte beide Aussagen verstanden, allerdings lud die Formulierung geradezu ein, sie misszuverstehen. Nichts für ungut. :-)
[gone] User_6449
3 years ago
Zitat: fotogreif ...

Ich bleibe dabei das Motiv ist nicht wichtig für ein gutes Bild, die Ausführung
macht ein gutes Bild.

Das ist richtig, denn schon Edward Weston hat vorgemacht, dass man sogar
eine Kloschüssel ansprechend fotografieren kann und damit in Museen oder
Galerien landet:

https://www.metmuseum.org/art/collection/search/283282

Aber der Fotocowboy hat ja ausdrücklich gefragt:

"Also wodurch wird ein Tittenbild zu einem ästhetischen topless-Kunstwerk?"

Weshalb gelingt also manchen Fotografen sogar ein ansprechendes Foto einer
Toilette, wohingegen sehr viele Fotografen andererseits selbst mit den deutlich
ansprechenderen weiblichen Brüsten überfordert sind?

Ich denke, dass es tatsächlich am undefinierbaren "gewissen Etwas" liegt, denn
sonst könnte es ja "Jedermann", frei nach Hugo von Hofmannsthal ...

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