Seltsame TfP-Verträge der Modelle 140

#81
1 year ago
Ich sehe zwei Wege, dem (hier ausufernden) Dilemma mit den Konditionen zu begegnen:
1. Wiederherstellen von Vertrauen, das früher (und auch jetzt noch oft) die Grundlage gemeinsamen Tuns ist und Verträge bei so Kleinigkeiten wie ein Shooting zu zweit lächerlich macht. Ungefähre Übereinkunft und umsichtiges Tun reicht.
2. Ausbau des allgegenwärtigen Misstrauens: Verträge verfeinern, sehr präzise Absprachen im Vorfeld und darauf pochen im Nachgang. Alle potentiellen Missverständnisse ausschließen, alle Sicherheiten einbauen.
(3.) Verbleibt noch der Versuch, sich dazwischen einigermaßen maßvoll und vernünftig durchzuhangeln - mit gleichzeitigen Verzichten auf das eine oder das andere.

Ich will hier nicht für eine Variante plädieren. Aber dafür, dass man mal darüber nachdenkt, in was für einen zwischenmenschlichen Kontext man sich manövriert mit seiner Entscheidung. Das geht bei diesen Diskussionen um so mehr unter, als man sich über fiktive Projektionen (was alles passieren kann und mit welchen rechtlichen Konsequenzen) Gedanken macht.

Ich persönlich glaube in den meisten Fällen, dass alle diese (bis ins Exzentrische gehenden) Überlegungen, wenn man sie abschließend ins Vertragswerk gießt, ein Indiz für die eigene Persönlichkeit sein dürften. (Denn wir reden hier von einem kleinen, privaten Hobbyshooting mit Bilderausstellen und nicht von großen kommerziellen Transfers.)

Zugegeben, da werden die Haltungen Dritter - siehe Startbeitrag - zum Problem, das aber nicht die eigene Grundhaltung verändern sollte.
1 year ago
Nach #1, #5 geht es mir nur um TfP-Verträge.

Frage. Handelt es sich bei dem Inhalt aus #1 tatsächlich um eine unzulässige Vertragsklausel?

Hier liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter vor. Denn Model und Fotograf einigen sich, dass die Agentur Vorteile aus diesem TfP-Vertrag hat und Dritte ist. Wenn im Deckungsverhältnis sich das Model und der Fotograf sich auf ein TfP-Shooting geeinigt haben, kann der Fotograf keine "unzulässige Vertragsklausel" weder gegen das Model, noch im Drittverhältnis gegen die Agentur geltend machen. Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss, dass der Dritte Einreden, die der Schuldner gegen den Gläubiger hat auch gegen sich selbst (als Dritten) gelten lassen muss. (Sobald das TfP-Shooting beendet ist, schuldet der Fotograf Bilder.) Wenn nun der Fotograf im Deckungsverhältnis auf ein Honorar verzichtet ("Ich möchte mit dem TfP-Shooting kein Geld verdienen") kann der Fotograf sich im Dritt-Verhältnis nicht über diesen Umstand beschweren, dass er keinen materiellen Nutzen aus dem TfP-Shooting ziehen darf, wohl aber die Agentur.
Die Klausel hat auch keine "unfaire Risikoverteilung", oder "einseitigen Bindungscharakter" oder "grobes Missverhältnis", denn es steht ja auch nichts drin von: "Der Fotograf muss liefern". Wenn die Bilder gänzlich unbrauchbar sind, dann ist die Klausel sowieso belanglos und das Model und vor allem die Agentur haben Pech gehabt.

Nach meiner Meinung handelt es sich bei #1 nicht um eine "unzulässige Vertragsklausel". Dieser Vertrag würde hier durchgehen. Darum sollte man sich nicht auf "unzulässige Vertragsklauseln" verlassen, sondern davon ausgehen, dass Agenturen im Zweifel eher gewitzte Schlawiner sind. "Ein Vertrag sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden." :-)
1 year ago
Tom Rohwer

#52
Sorry, für die Anwendung des § 297 SGB III brauchst du nun mal auch "Vereinbarungen zwischen einem Vermittler und einer oder einem Ausbildungsuchenden".
Es ist in #1 nicht ersichtlich, dass das Model nur aufgrund einer Vermittlung der Agentur an das TfP-Shooting rangekommen ist. Aber, wenn es schon keinen Vermittler (und es auch kein Vermittlungsverhältnis) gibt, ist es vollkommen egal, ob eine Vertragsklausel unzulässig ist oder nicht. § 297 SGB III kommt nicht zur Anwendung.

Denk mal im Umkehrschluss, wenn das stimmen würde, was du schreibst, dann hätte man sich die Wörter "Vereinbarungen zwischen einem Vermittler..." in allen Nummern ohne ( ) des § 297 SGB III auch sparen können.
Warum hat der Gesetzgeber das wohl so hinein geschrieben, wenn einzige Voraussetzung des § 297 SGB III allein eine "unzulässige Vertragsklausel" wäre?

Ich bezweifle sowieso das für TfP-Modelle überhaupt § 297 SGB III einschlägig ist. Es fehlt schlicht und einfach die Gewinnerzielungsabsicht. TfP-Modelle suchen keine "Arbeit" im jur. Sinn und wollen auch kein Geld verdienen. Die wollen Bilder! Dasselbe beim TfP-Fotografen. Es geht nicht um "Arbeitssuchende" oder gar "Ausbildungsuchende". Wenn ich die Phrase lese "TfP gerne, Fotografie ist mein Hobby und damit möchte ich kein Geld verdienen." Klingt das doch sehr eindeutig! Schutzzweck der Norm ist es sicher nicht TfP-Hobby-Fotografen vor Vermittlungsgebühren an/zu TfP-Modellen zu schützen.

Der TO sagt in #5 es geht nur um TfP-Shootings. In einer Klausur würde ich den § 297 SGB III nicht mal anprüfen.

Wenn du eine unzulässige Vertragsklausel siehst, okay! Aber du kannst mit dieser Einrede, doch nicht sagen, so hier liegt eine unzulässige Vertragsklausel vor und damit ist § 297 SGB III anwendbar. Und obendrauf noch komplett auf die Prüfung der anderen Voraussetzungen des § 297 SGB III zu verzichten.
Lieber Tom, bei allen Respekt, was du da machst, ist keine Subsumtion!
1 year ago
Marcus Sawyer
Deine Fragen an Tom sind einerseits berechtigt...
... aber andererseits finde ich, dass man keinen Vertrag unterschreiben sollte, der einen selbst so benachteiligt, dass man damit nicht glücklich wird. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass man dann später erfolgreich gegen Klauseln vorgehen kann. Dafür wiurd vermutlich kein Anwalt auf dieser Welt Garantien übernehmen können.

Und wie ich bereits schrieb: Den Umstand, dass Bilder des Modells auf einer Sedcard der Agentur ausgestellt werden sollen, bewerte ich nicht anders als wenn die Bilder auf der MK-Sedcard auftauchen.
1 year ago
#54

"...und außerdem wäre noch interessant zu verfolgen, was wäre, wenn die Bildresultate tatsächlich Pfusch sind und unbrauchbar ?"

"Dann ist die Vertragserfüllung unmöglich, und das war's."

Hier liegt keine Unmöglichkeit aus § 275 I BGB vor. Das ist ein einfacher Sachmangel. Die Möglichkeit des Fotografierens an sich und die Möglichkeit brauchbare Bilder zu bekommen besteht weiterhin, sowohl rechtlich als auch physisch. Auch weitere Unmöglichkeitsfälle, wie z.B. Unvermögen, Zweckerreichung oder gar absolute Fixgeschäfte sind nicht ersichtlich.

Die Vertragserfüllung ist somit nicht unmöglich geworden. Der Fotograf kann weiterhin den Vertrag erfüllen.



Dann schreibst du folgendes:
"Vor dem Hintergrund TfP würde der Fotograf auch verweigern können, daß das Shooting wiederholt wird. Bei einem Pay-Shooting kann das anders aussehen."

Du hast doch gerade Unmöglichkeit i.S.v. § 275 I BGB angenommen. Aber die Rechtsfolgen von § 275 I BGB sehen eine Wiederholung doch gar nicht vor! Unmöglichkeit und "darf ich nochmal" schließen sich aus.(!!)
Man prüft, ob Unmöglichkeit i.S.v. § 275 I BGB vorliegt, wenn (+) schaut man als nächstes wer diese Unmöglichkeit zu vertreten hat. Und zieht dann entsprechende Schlüsse, ob weitere Ansprüche wie Sekundäransprüche bzw. Schadensersatz-Ansprüche aus Vertrag und/oder aus Gesetz geltend gemacht werden können. Die Frage, ob es eine Wiederholung des Shootings geben kann und ob oder wer sie verweigern darf, stellt sich an dieser Stelle gar nicht mehr.

und zum Schluss "Vor dem Hintergrund TfP"
TfP-Vertrag und Pay-Vertrag (Fotograf wird bezahlt) haben gemeinsam, dass die Primärleistungspflicht des Fotografen die Herstellung brauchbarer Bilder ist. Ob er als Gegenleistung ein Honorar oder Wunschbilder bekommt, ist für diesen geschuldeten Erfolg unerheblich. Hier hat das TfP-Model bereits seine Pflicht erfüllt, warum sollte ausgerechnet "vor dem Hintergrund TfP" der Fotograf eine zweite Andienung verweigern dürfen? Und warum sollte er verweigern? Der Fotograf hat doch gerade, wenn die Bilder nix geworden sind ein Interesse daran, seinen "Vertrag zu erfüllen"?
@ Marcus Sawyer
Im Verhältnis zum jeweiligen tfp-Fotografen würde ich Dir Recht geben, da wäre der § 297 SGB III wohl nicht einschlägig. Jedoch besteht zwischen dem ("janusköpfigen" ;-) Model und Agentur sehr wohl eine auf Gewinnerzielung angelegte Beziehung, denn die Agentur vermittelt auch Payshootings (vgl. #1) und somit besteht zwischen Agentur und Model ein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 297 SGB III.
Angenommen mal, ich käme nun in Kontakt zu solch einem Model, das (eben janusköpfig) sowohl auf tfp als auch gegen Gage arbeitet ... mal unterstellt, sie würde hier per PN Fotografen anschreiben, und so wie sie vermutlich den Passion Portrait anschrieb, auch mir ein tfp-Shooting vorschlagen : Dann würde ich nun sagen, da ich weder Zeit noch Lust habe, mich um adäquate Bildlieferung zu kümmern : "ok, wie wäre es mit einem Payshooting ? 15 €/h für Portrait & Fashion und 25 €/h für Dessous und Teilakt !? Macht für das 4-stündige Shooting 80 € in bar auf die Hand. Mitbringen mußt Du chice Nylons und ein paar farblich stimmige Röcke und Blusen oder Kleider sowie Dessous. Außerdem mußt Du Deine Haare brünett lassen - falls Du sie blondierst, ist das Shooting hinfällig oder die Gage wird um 50 € gekürzt, dann gibt es statt 80 nur 30 €."
Jetzt ist genau die Situation entstanden, die § 297 SGB III doch ins Spiel brächte, denn hier entstünde nun eine einkommensrelevante Tätigkeit i.H.v. 80 €, die allerdings einmalig (oder vielleicht auch 2- oder dreimalig), aber nicht auf Dauer angelegt wäre. Außerdem bliebe es offen, wieviele weitere Shootingkontakte auf tfp oder auch auf Paybasis bestünden. Wenn ich die Ausführungen von Tom Rohwer nun richtig verstanden habe, kann die Agentur zwar sagen "Am 22.7. schicken wir Dich zum Haarspray-Payshooting, dafür mußt Du rechtzeitig blondiert sein", aber die Agentur darf es dem Model nicht vermiesen, zuvor am 17.7. noch mit mir zu shooten. Denn hier hat sie die Gewinnerzielungsabsicht, 80 € zu verdienen, und somit darf die Agentur mein Shooting mit ihr nicht verhindern.
Also macht sie ihren Friseurtermin zur Blondierung am 19.7. Ob und welche Frisur Passion Portrait sich nun für sein tfp-Shooting mit ihr am 20.7. gewünscht hätte ... auf ihrer SC steht so wie derzeit noch wahrheitsgemäß "dunkelbraun".
Das taugt nun auch zur Überleitung ...

@ Marcello Rubini
Beharren und pochen beim tfp-Shooting ... so wie Du es empfiehlst, käme es eben auf eine verständnisvolle Kommunikation an : Da könnte es eben so sein, daß das Model beim Blick auf die Fotografen-SC lauter Brünette bemerkt, und sich so schon denken kann, daß ihre Haarfarbe wichtig sein könnte. Dann würde das Model auch rechtzeitig kommunizieren, daß sie wegen eines kommerziellen Shootings bald blondiert sein muß, und die Vorverlegung des Termins vorschlagen, oder aber, wenn der Fotograf blonde, brünette und rothaarige Models in etwa gleicher Mischung auf der SC hat, eben fragen, wie er sie lieber sehen würde ... und so den Shootingtermin stimmig anzupassen. Bezogen auf den Eingangsbeitrag sehe ich da aber auch einen weiteren Haken bei solch einem Konzept - denn wie sollen die Bildresultate dann genau so beschaffen sein, daß sie dann eben für die Abführmittelreklame taugen ? Der tfp-Fotograf wird bei seiner Bildgestaltung eine solche Verwendung kaum berücksichtigen ... das entspannte Lächeln mag ja gut getroffen sein, aber wo bleibt die Hand mit den stimmig gekrümmten Fingern, in die dann die Medizinschachtel genau hineinpaßt ? Oder kriegt das Model schon im tfp-Shooting eine passende Verpackung in die Hand ... was dann doch auch im Vertrag zu erwähnen wäre ? Die Freigabe zur Bildbearbeitung war immerhin konkret erwähnt ... was wohl essenzieller Bestandteil eines solchen Konzepts ist.
@ Marcus Sawyer
Nachtrag zur Unmöglichkeit gemäß § 275 I, II BGB :
Da geht es um Stückschuld oder Gattungsschuld sowie um subjektive und objektive Unmöglichkeit. Wenn die Katze des Nachbarn die Fischgräten erschnuppert und dabei die soeben auf ebay angebotene Porzellanvase aus der Ming-Dynastie von der Kommode stößt - dann ist das antike Einzelstück kaputt und niemand mehr kann es noch liefern.
Bilder bzw. Bilddateien sind zwar auch Sachen, so wie eine Palette Ziegelsteine - wenn Händler A diese Ziegelsteinsorte nicht mehr auf Lager hat, kann aber Händler B aus weiterer Entfernung zum teureren Preis dennoch liefern. Bei Fotos kommen wir mit Ziegelsteinen aber nicht weiter, ich fand nun folgendes :

https://schutt-waetke.de/veranstaltungsrecht-eventrecht/unmoeglichkeit-der-leistung/

https://schutt-waetke.de/veranstaltungsrecht-eventrecht/was-passiert-wenn-kuenstler-krank-wird/

Aber auch das wäre eher so, wie wenn die vorgesehene Location nicht verfügbar sei; so wie vielleicht ein lost place nun eingezäunt oder abgerissen sei. Wären "verpfuschte Fotos" nun so, wie wenn die Sopranistin wegen Halsschmerzen nicht richtig singen kann oder der Gitarrist trotz verstauchter Finger spielt ? Das Konzert wäre in 3 Wochen nachholbar, so wie auch zeitlich betrachtet das tfp-Shooting nachholbar wäre. Die Frage bleibt aber die der individuellen Leistungserbringung - die Sopranistin singt ohne Halsschmerzen wieder wunderbar ! Wenn Kuno Knips aber auch 3 Wochen später weder den Fokuspunkt findet, noch die Kamera gerade hält, und dann mit 8000 ISO bei Blende 22 losballert, dann erbringt er die erwartete Leistung nicht. Wenn ich jetzt nochmal "Alle Vöglein sind schon da" singen sollte, bekäme ich wie vor 50 Jahren die Schulnote 6 dafür, oder mein Gejaule ginge spätestens bei "Amsel, Drossel, Fink ..." in Buhrufen und gellendem Pfeifkonzert unter. Retten könnte ich mich nur mit einer stimmigen Parodie, also Meise statt Star.
Während die Sopranistin ihre Arie nach ein paar Wochen wieder bestens erklingen läßt, würde ich auch in jedem Nachholtermin scheitern. Den einzigen Anspruch, den das Model und ggfs. auch die Agentur gegen mich hätten, wäre die Bildlieferung - und davon wäre ich frei. Nur beim Payshooting (Gage ans Model) behielte das Model ihren Anspruch auf die Gage - denn sie leistet ja mit ihrem Posing. Ob meine Bilder dann was taugen, ginge nur mich etwas an. Wäre ich Hochzeitsfotograf oder fertige Portraits für Bewerbungsmappen, dann müßte ich Ersatz leisten ... bei der Hochzeit denke ich mal lieber nicht über die Summe nach, und beim Bewerbungsportrait müßte ich wohl das ersetzen, was dann bei einem gut arbeitenden Profifotografen an Honorar anfiele. Wobei das mit der Hochzeitsfotografie noch ein Extrathema wäre ... da käme es offenbar in einigen Fällen nur zu dem mickrigen Ersatz der 300 € Billighonorar, nicht aber von 2000 €, was ein wirklich professioneller Hochzeitsfotograf gekostet hätte.
1 year ago
Tom Rohwer

#79

"Wobei der Vertrag auch mündlich geschlossen werden kann, oder konkludent. (Durch stillschweigende Übereinkunft.)"

"Konkludent" heißt schlüssiges Verhalten. Nicht stillschweigende Übereinkunft. Wenn man nichts sagt, aber durch schlüssiges Verhalten signalisiert, dass man sich rechtlich binden will, kann ein Vertrag zustande kommen. Nicht aber, wenn man sich nur gegenseitig anschweigt. Selbst bei einem KBS hat zumindest eine Seite wenigstens schlüssiges Verhalten gezeigt. "Stillschweigende Übereinkunft" heißt daher nicht "konkludent"

Verträge können mündlich geschlossen werden, konkludent auch, alles klar.

Aber jetzt bist du bei § 22 KunstUrhG, den kann man nicht alleine stehen lassen ohne
§ 23 KunstUrhG zu nennen. In § 23 I KunstUrhG stehen die Ausnahmen, in § 23 II KunstUrhG die Ausnahme von der Ausnahme. Und in § 33 I KunstUrhG steht dann die Rechtsfolge bei Verletzung des Rechts am eigenen Bild.
Dort heißt es "(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt."

Wie Verträge zustande kommen, mündlich, konkludent, ist hier eher sekundär einzustufen. Denn bei § 22 KunstUrhG handelt es sich um ein Strafgesetz. D.h. bei der Prüfung, ob eine Verletzung am Recht am eigenen Bild vorliegt, prüfen "wir" eben nicht zuerst, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, wie etwa bei § 297 SGB III, sondern "wir" gehen in die klassische Prüfungsfolge eines vorsätzlichen Begehungsdelikts.
Denn es geht bei der "Einwilligung" nicht bloß um die Zustimmung eines Rechtsgeschäfts, gem. §§ 183, 184 BGB, sondern um einen gezielten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten. Eine rechtfertigende Einwilligung i.S.v. § 22 KunstUrhG ist somit Rechtfertigungsgrund. Wenn sie vorliegt, schließt sie das Unrecht der Tat aus. Wenn die Einwilligung aber nicht vorliegt, ist die Veröffentlichung dennoch gerechtfertigt, wenn ein Fall von § 23 I 1 bis 4 KunstUrhG vorliegt. Eine Ausnahme von der Ausnahme bildet § 23 II KunstUrhG.

Was heißt das nun für die Praxis. ...
Tom Rohwer"Eine uneingeschränkte Nutzung eines Model-Fotos für alle Zwecke auf Grundlage von §22 KunstUrhG ist Kamikaze in Tateinheit mit Harakiri, jedenfalls nach deutschem Recht."

Eben das nicht! Die Einwilligung ist Rechtfertigungsgrund. Sie ist damit rechtfertigende Einwilligung mit obj. und subj. Voraussetzungen. Eine uneingeschränkte Nutzung auf Grundlage von § 22, 23 und 33 KunstUrhG kann somit wirksam gar nicht erteilt werden.

und "Kamikaze in Tateinheit mit Harakiri"...?? Wenn überhaupt, dann in Tatmehrheit. ;-)
1 year ago
eckisfotos
"aber andererseits finde ich, dass man keinen Vertrag unterschreiben sollte, der einen selbst so benachteiligt, dass man damit nicht glücklich wird."

Ja, natürlich. Da bin ich ganz d'accord. Man sollte sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Und sobald da was von einer dritten Person drin steht, lieber Finger weg! Besonders bei TfP-Verträgen. Alles legal mit "Anweisungs-Fällen". Den Fotografen "schön" in Verzug setzen, vom Vertrag zurücktreten und dann heißt es "Schadensersatz statt der Leistung."



"Den Umstand, dass Bilder des Modells auf einer Sedcard der Agentur ausgestellt werden sollen, bewerte ich nicht anders als wenn die Bilder auf der MK-Sedcard auftauchen."

Das Verhältnis Agentur-Model ist viel näher. Wenn der Fotograf meint mit dem Model zu kommunizieren aber eigentlich mit der Agentur spricht. Und der Fotograf in diesem Glauben bis zum Shooting gelassen wird, kann man sich sicher fragen, ob darin bereits eine Täuschungshandlung vorliegt. Vielleicht entscheidet sich der Fotograf nur wegen der (netten) Gespräche zu einem Shooting?
Aber ich kann die Seite der Modelle auch verstehen. Wenn die sich schon angeekelt fühlen mit dem Fotografen in Verbindung zu treten und das Shooting schnellst möglich hinter sich bringen wollen, ist es verständlich, dass sie die Agentur "vorschicken", die, die Vertragsanbahnung und weiteres für sie regeln soll.
1 year ago
SEE - Toxic Boomer
So wie du den Sachverhalt konstruiert hast, geht der natürlich durch. Und § 297 SGB III passt. Hätte der TO diesen Sachverhalt, wie du ihn vorträgst in #1 beschrieben, wäre das eine gute Arbeit. Auch sonst Respekt. Aber in der Praxis, kann man die Sachverhalte nun mal nicht ändern und um die Gesetze zu ändern, fehlt bei mir jedenfalls der dazu nötige Einfluss. :)
1 year ago
Zum Ursprungsproblem - TfP-Vertrag zu Gunsten von Agenturen…:

Für mich ist das ganz einfach. Nach Absprache geht eine Menge, geprüft, besprochen, geeinigt. Ich bin immer wieder eher bestürzt über die Models, die Verträge nahezu ungelesen unterschreiben. Da ist mir ein Model lieber, das ihn liest und hinterfragt, dann hat sie ihn verstanden und will ihn so.
Von insbesondere umfangreichen Verträgen, die das Model mitbringt, lasse ich mich ungern überraschen und kann sie auch so schnell nicht reflektiert prüfen. Daher…;

1. Mein Vertrag. Gegebenenfalls mit qualifizierten Anpassungen, aber immer noch mein Vertrag. Ist der unterschrieben klickt die Kamera oder es gibt evtl. zugesagte Zuschüsse zu Fahrtkosten. Besteht das Model auf dem eigenen Vertrag, hat es gute Chancen, mit leeren Taschen (kein Zuschuß, keine Bilder) wieder heimzufahren. Das kommuniziere ich ach freundlich und klar. Den Vertrag biete ich vorher an. Wenn das Model vorschlägt, sich vor Ort zu einigen, geht es damit ins Risiko. Bei längeren Fahrstrecken oder Kosten für mich muss vorher unterschrieben werden. Ohne unterschriebenen Vertrag fahre ich nicht los.
Das klingt böse, führt aber nur sehr selten zu Konflikten. Schriftform bringt Klarheit.
Der Vertrag läßt zu, daß das Model die Bilder zu seiner Eigenwerbung nutzt oder nutzen läßt, nicht aber die Rechte unabhängig von diesem Zweck veräußert. Wie auch, hat sie ja gar nicht. Damit ist eine Agenturnutzung zur Modelwerbung eingeschlossen, mehr aber nicht.
Alternativ kann auch der Ausschluß kommerzieller Nutzung über das Beschriebene hinaus ausgeschlossen werden. Dann aber für beide. (Dazu: Aber auch dann gehen Raw-Files oder Bilder in voller Auflösung nicht raus!).

2. Diskussionen über Verträge zu Gunsten von Agenturen werden immer wieder vorgelegt. Halte ich für abwegig und reagiere entsprechend, soweit ich nicht über die Agentur gebucht habe. Dann ist das nach Absprache akzeptabel, jedoch haben die Verträge dann auch keinen derart abwegigen Inhalt.
Ansonsten betrifft das Vertragsverhältnis das Model und mich, und die werden im Vertrag begünstigt… keine Unbeteiligten Dritten. Zwei Stücke Schwarzwälder-Kirsch für meine Oma stehen ja auch nicht im Vertrag. Vielleicht sollte ich sie mal in meinen Vertrag aufnehmen und schauen, wer es merkt.

Meint…
Photowörth
1 year ago
@MarcusSawyer:

Es ist gehupft wie gesprungen. Entweder greift § 297 SGB III mit seinem Verbot der Exklusiv-Verträge bei Arbeitsvermittlung. Dann ist die Klausel nichtig.

Oder aber es ist keine Arbeitsvermittlung, dann greift das Kartellrecht, das solche Abmachungen, zumal zwischen Unternehmer und Verbraucher, unzulässig macht.

So oder ist ein Agenturvertrag, der eine "Exklusiv-Klausel" enthält, unwirksam.

Dann schreibst du folgendes:
"Vor dem Hintergrund TfP würde der Fotograf auch verweigern können, daß das Shooting wiederholt wird. Bei einem Pay-Shooting kann das anders aussehen."

Du hast doch gerade Unmöglichkeit i.S.v. § 275 I BGB angenommen. Aber die Rechtsfolgen von § 275 I BGB sehen eine Wiederholung doch gar nicht vor! Unmöglichkeit und "darf ich nochmal" schließen sich aus.(!!)

Du musst schon alles lesen...

Wenn die Fotos nix geworden sind, ist die Lieferung von Fotos, wie es im TfP-Vertrag vereinbart wurde, unmöglich. Weil es nun mal keine Fotos gibt.

Ob es einen Anspruch auf Wiederholung gibt, wird sich m.E. im Einzelfall anders darstellen, wenn es um ein Pay-Shooting geht, also eine Vertragspartei definitiv als Unternehmer handelt.

"Wobei der Vertrag auch mündlich geschlossen werden kann, oder konkludent. (Durch stillschweigende Übereinkunft.)"

"Konkludent" heißt schlüssiges Verhalten. Nicht stillschweigende Übereinkunft.

Eine stillschweigende Übereinkunft ist immer ein schlüssiges Verhalten...
1 year ago
@Photowoerth:
2. Diskussionen über Verträge zu Gunsten von Agenturen werden immer wieder vorgelegt. Halte ich für abwegig und reagiere entsprechend, soweit ich nicht über die Agentur gebucht habe.

Ein Vertrag zwischen zwei Vertragsparteien zugunsten eines Dritten kann wirksam sein, aber den muss ja keiner unterschreiben.

Es ging hier aber darum, daß zwei Vertragsparteien einen Vertrag zu Lasten eines Dritten abschließen. Model und Agentur vereinbaren, daß der Fotograf etwas zu tun oder zu unterlassen hat. Und das bindet den Dritten (hier z.B. den Fotografen) nicht.
1 year ago
Tom Rohwer:
Model und Agentur vereinbaren, daß der Fotograf etwas zu tun oder zu unterlassen hat.

Nö. Model und Agentur vereinbaren, dass das Model mit Dritten (den Fotografen) nur Verträge schließen darf, die bestimmten Bedingungen genügen. Erst diese Verträge binden den Fotografen - wenn er sie denn unterschreibt.
1 year ago
Es wird immer schlimmer hier.

Frage: wer von euch verfügt hier eigentlich über entsprechend notwendige juristische Kenntnisse, am besten anhand eines abgeschlossenen Jura Studiums?

Was interessieren mich Vereinbarungen oder Verträge zwischen einem Model (mit dem ich eventuell zu arbeiten gedenke) und Dritten wie Agenturen? Deren Problem.

Ich habe noch nie Verträge von Dritten unterschrieben. Entweder ein Model akzeptiert MEINEN Vertrag oder es kommt eben zu keiner gemeinsame Arbeit.

Nochmal und zur Klarstellung: mein Vertrag übervorteilt mit absoluter Sicherheit KEIN Model. In mehreren Jahrzehnten hatte ich auch noch nie Probleme insoweit.

Was insoweit im professionellen Bereich Gang und gäbe ist sollte im Hobby Bereich doch zweimal möglich sein!

Es sei denn irgendwelche „Zauberer“ mit geradezu gesponnenen Fantasien schlagen mal wieder gnadenlos zu. Wie hier.
@ Marcus Sawyer
Danke, daß Dir meine Fallschilderung gefiel ! Die Gesetze ändern können wir nicht, und bei unzureichenden Sachverhaltsschilderungen stelle ich eben "ermittelnde" Fragen oder erfinde eine stimmigere Fallkonstellation ;-)

@ Tom Rohwer

Wenn die Fotos nix geworden sind, ist die Lieferung von Fotos, wie es im TfP-Vertrag vereinbart wurde, unmöglich. Weil es nun mal keine Fotos gibt.

Verpfuschte Fotos sind "nix geworden", also unbrauchbar - aber gleichwohl existent. Es gibt also vermurxte Fotos, so wie es u.U. im Trocadero ein grauenhaft gejaultes Konzert gab. Der unbrauchbare Konzertmitschnitt "Live im Trocadero" ist aber gleichwohl existent, so wie die vermurxten Bilder.
Vielleicht gibt es in 30 Jahren einen Fan, dem genau dieses "musikalische Grauen" 10.000 € wert ist (so wie die geschredderten Banksy-Schnipsel).
Ebenso ist die Speicherkarte mit den verrauschten, verwackelten, unscharfen und fehlbelichteten Aufnahmen existent - und wenn Helmut Newton diese am schlechtesten Tag seines Lebens fotografiert hätte, wer würde diese vor 20 Jahren mit Bilddaten belegte CF-Karte löschen ??

@ Norbert Hess
Du hast Deinen eigenen Vertrag und würdest Dich eben auch nicht übertölpeln lassen.
Passion Portrait hat hier eine Warnung primär für Anfänger verfaßt (wenn auch unter mysteriösen Schilderungen) ... die Absicht an sich fand ich gut.
1 year ago
Tom Rohwer

Zum § 297 SGB III. Wenn der nicht passt, dann kann man daraus auch keine Rechtsfolgen ableiten.

Zum § 275 I BGB. Einfach mal mit Hilfsmitteln durchprüfen. Es reicht nicht den § 275 I BGB allein zu lesen. Und auch mal einen Blick in den Palandt bzw. jetzt Grüneberg zu werfen reicht nicht aus. Zur Unmöglichkeit gibt es auch viele Muster-Klausuren. Hier kannst du lesen, wie man die (Arten der) Unmöglichkeit und deren Rechtsfolgen juristisch sauber durchprüft. Und wenn man das beherrscht, kann man sich auch präzise im Urteilsstil ausdrücken. Das andere ist larifari und da müssen wir auch nicht weiter diskutieren.
Wenn du meinst, du liegst richtig, dann ist das auch okay.


SEE - Toxic Boomer

Gute Einstellung, Sherlock! ;-)
@ Marcus Sawyer

Um also nochmal sachdienlich zu überlegen, wieso sonst niemand hier von ähnlichen Problemen berichtete, ziehe ich nun den Schluß, daß es bei Passion Portrait etwas Besonderes geben muß, was auch gleich gefunden ist - nämlich das SFX-Styling :

https://www.loudpaintings.com/post/sfx-paint

Von Glitzerauflagen bis zu ganzen Chimären reichen diese in unterschiedlichen Schichtdicken und Reliefs aufgetragenen Umgestaltungen, die über die sonst gängigen Bodypaintings weit hinausgehen. Somit wird es bei den Weiterverwertungsrechten auch nicht um Zahnpasta oder Abführmittel gehen, denn Portraits von "entspannt lächelnden" Models könnten hier auch 1000 andere Fotografen liefern (von denen aber offenbar niemand mit solchen Vertragsklauseln konfrontiert wurde). Bei Markenkosmetikproduzenten wie Shiseido oder Estée Lauder genügt ein Blick auf deren Kampagnen, und klar wäre, daß die sich ebenfalls nicht "so" bei MK-Fotografen bedienen würden. Daher gehe ich nun davon aus, daß es sich um einen sehr speziellen Interessenkreis handelt, der so von diesen zweifelsfrei hochwertig und aufwendig erstellten Gesamtkunstwerken profitieren will. Vorstellen könnte ich mir Fantasy/Cosplay-Videospiele für Spielekonsolen oder VR-Brillen, in denen eine vielleicht auch animierte Nutzung von neuen "virtuellen Figuren" erfolgen könnte. Da tummeln sich neben den professionellen Softwareherstellern auch manche Nerds, die sich da was programmieren und ein paar hübsche Vorlagen gut gebrauchen könnten. Dazu würden gute Fotos von so speziell SFX-ge- schminkten Models doch wirklich einen Sinn ergeben !?
1 year ago
@Invanhoe:
Nö. Model und Agentur vereinbaren, dass das Model mit Dritten (den Fotografen) nur Verträge schließen darf, die bestimmten Bedingungen genügen.

Und warum das unwirksam, weil rechtswidrig ist, wurde weiter oben schon ausführlich erklärt.

Davon abgesehen ging es darum, daß das Model in seinem Vertrag mit der Agentur den Fotografen verpflichtet, der Agentur Fotos für Werbezwecke zur Verfügung zu stellen.

Und das können Model und Agentur nicht wirksam miteinander vereinbaren, dem muss der Fotograf zustimmen.
#100Report

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